Dekanat Rodgau

Angebote und Themen

Herzlich Willkommen! Entdecken Sie, welche Angebote des Dekanates Rodgau zu Ihnen passen. Über das Kontaktformular sind wir offen für Ihre Anregungen.

    AngeboteÜbersicht
    Menümobile menu

    Evangelischer Kita-Alltag in der Pandemie

    „Für pädagogische Konzepte ist schon lange keine Zeit mehr“

    kf

    Kindertagesstätten bleiben geöffnet - so hieß es in den vergangenen Monaten immer wieder seitens der Bundes- und Landespolitik hinsichtlich der geltenden Corona-Maßnahmen. Und auch in den kommenden Wochen ist nicht von Schließung die Rede, sondern von Betreuung im Lockdown. Wie sich das im Kita-Alltag umsetzen lässt - und wie Leiter*innen und Erzieher*innen, Eltern und Kinder mit den Folgen und Ungewissheiten umgehen - danach haben wir in evangelischen Kitas in der Region gefragt.

    „Wir fühlen uns von der Politik allein gelassen“, sagen Sandra Manthey, Nadja Cowan-Gruhn und Simone Sachs, die als Erzieherinnen in der Krippe der Evangelischen Kindertagesstätte Unterm Regenbogen in Dietzenbach arbeiten. „Es gibt wenig klare Vorgaben, sodass Leitung und Träger immer wieder aufs Neue Wege suchen müssen, wie mit den immer wieder wechselnden Situationen verfahren wird.

    „Einrichtungen sollen auf Biegen und Brechen geöffnet bleiben“

    Die pädagogischen Fachkräfte haben den Eindruck, dass „auf Biegen und Brechen Einrichtungen geöffnet bleiben sollen. Übersehen wird dabei, dass auch Erzieher*innen an ihre Belastungsgrenzen kommen“.  Der Personalnotstand sei schon vor der Pandemie deutlich gewesen. „Jetzt wurde sogar der geltende Personalschlüssel aufgehoben“, den Erzieher*innen werde „in dieser sowieso schwierigen Zeit noch mehr aufgebürdet“.

    „Gefühlt sind wir schon am Limit, wenn alle Fachkräfte da sind – ohne Urlaub, Krankheit oder Fortbildung“, bestätigt Silvia Wiegand, Erzieherin in der Evangelischen Kita „Am Kiefernhain“ Hainburg. „In meiner letzten Fortbildung saß ich mit äußert schlechtem Gewissen, weil ich wusste: Ich fehle in der Kita. Die Last tragen jetzt meine Kolleginnen.“ Ihr fehlt es auch an angemessener Vorbereitungszeit, „weil ich in der Kinderbetreuung benötigt werde. Das Nötige erledige ich dann zuhause, auch ohne Arbeitszeit“.

    Carmen Wille, Erzieherin in der Evangelischen Kita „Niederfeld“, fehlt für professionelles Arbeiten auch der Kontakt zu den Eltern: „Dadurch ist es schwer, ein Vertrauensverhältnis aufzubauen. Verbindung auf anderen Wegen herzustellen, ist zeitaufwändig und ersetzt lange nicht das persönliche Gegenüber.“
    Die so genannten Tandem-Lösungen, also der Zusammenschluss zweier Kita-Gruppen, die sich in der Einrichtung begegnen dürfen, verringerten zwar das Infektionsrisiko für die komplette Einrichtung, trennen aber unter Umständen Kinder von ihren Bezugspersonen – seien es Erzieher oder beste Freundinnen. Und sie schränken zusätzlich zu geschlossenen Nebenräumen, der Aufteilung des Außengeländes und untersagter Aktivitäten wie Turnen und Singen die Gestaltung des Kita-Alltags erheblich ein, so die Erfahrung von Patricia Ott und Stefanie Wollnik aus der Evangelischen Kita Birkenhain in Nieder-Roden. 

    Ähnlich wie diesen Erzieherinnen geht es im Moment vielen pädagogischen Fachkräften. Aber auch Eltern und nicht zuletzt den Kindern selbst bereitet der Umgang mit der Corona-Pandemie Bauchschmerzen.

    „Für pädagogischer Haltung ist schon lange keine Zeit mehr“

    Deutlich formuliert es auch die Leiterin der Kita „Unterm Regenbogen“, Ute Dietrich-Hausen: „Seit Beginn der Pandemie haben wir vier Konzepte ausgearbeitet und umgesetzt: Notbetreuung, eingeschränkter Regelbetrieb, Regelbetrieb unter Pandemiebedingungen, Regelbetrieb nach einem Quarantäne-Fall“ – und nun wohl ‚Betreuung im Lockdown‘. „Das ist eine enorme Belastung für alle Mitarbeitenden.“

    Für pädagogische Haltungen oder Konzepte sei in der Praxis schon lange keine Zeit mehr. „Es gibt keine verlässlichen Rahmenbedingungen und Regeln mehr. Kinder und Kolleg*innen müssen den Wandel der Konzepte hinnehmen.“ Und gerade in der Kita-Arbeit „müssen wir unsere pädagogischen Haltungen hintanstellen. Dabei als Leiterin Halt und Zuversicht zu vermitteln, ist „manchmal gar nicht so einfach“.

    „Wir fühlen uns nicht mehr ernst genommen“, lautet die Bilanz von Dietrich-Hausen. „Natürlich bin ich auch der Meinung, dass offene Kitas wichtig sind. Mich ärgert aber, wie damit umgegangen wird: Wir sollen bei gleicher oder schlechterer Personalausstattung das Infektionsrisiko durch feste Gruppen minimieren, umfängliche Betreuung anbieten, sämtliche Hygienemaßnahmen umsetzen und den pädagogischen Alltag nebst hessischem Bildungs- und Erziehungsplans umsetzen. Das alles zusammen kann nicht funktionieren“.

    „Seit März auch abends und am Wochenende im Dienst“ 

    Vor Herausforderungen steht immer wieder auch Christine Mock. Sie leitet die Evangelische Kita „Niederfeld“ in Seligenstadt: permanent höchste Flexibilität, Mitarbeitende mit ihren Sorgen auffangen und motivieren, den Gesprächsbedarf in Team und Elternschaft decken, Kolleg*innen ins digitale Zeitalter mitnehmen, Informationsfluss und Austausch in alle Richtungen im Blick behalten und „seit März auch abends und am Wochenende im Dienst sein und weiterhin eine positive und motivierende Haltung zeigen, denn das vermittelt Sicherheit und stärkt das Team“.

    Auf inzwischen zwei Leitz-Ordner mit Gesetzen und Verordnungen schaut die Nieder-Rodener Kita-Leiterin Jutta Scheithauer-Würz beim Blick in ihr Büroregal. „Seit dem 16. März hat sich unser Kita-Alltag komplett verändert“. Wie ihre Kolleginnen ist sie dankbar, in der Trägerschaft des Dekanats und der Fachberatung der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau, Wertschätzung ebenso zu erfahren wie konkrete praktische Unterstützung. Ihre Kollegin Isabelle Müller, die zu Beginn der Pandemie die Leitung in Hainburg übernommen hatte, lobt darüber hinaus „den unkomplizierten Austausch mit den Leitungskolleginnen“ in Videokonferenzen – „schon allein. um zu wissen, dass es anderen auch gerade so geht. Denn jeder Tag ist eine Herausforderung.“

    Kontakte über den Zaun und digital

    Was zu alldem an Ideen und Innovation gestemmt wurde und wird, geht im Alltag der Corona-Pandemie oft unter: Newsletter mit wichtigen Infos und kreative Anregungen für die Familien, Video-Grüße der Erzieher*innen, Team-Treffen als Videokonferenz, Besuche am Gartenzaun – das und mehr wurde als zusätzliche Arbeit im für viele neuen, auch digitalen Umfeld geleistet. „Unter anderem die Zoom-Dienstbesprechungen werden wir sicher auch mit in die Zeit danach nehmen“, sagt Christine Mock.

    Eltern vermissen Alltagseinblicke

    Auch vielen Eltern fehlt der Kontakt zu den Fachkräften - und direkte Einblicke ins Kita-Leben: Nadine Budig-Marx, deren Kind die Evangelische Kita „Regenbogen“ in Seligenstadt besucht, hat sich auch über kleine Dinge gefreut, „etwa ein schönes Gebet an der Kitatür, das wir für zuhause übernommen haben. Mit der Leiterin Petra Weiser-Deiß können wir jederzeit telefonisch Kontakt aufnehmen. Was fehlt, ist der Einblick ins tägliche Geschehen und das zwischenmenschliche Miteinander“. 

    Mila Otto, die sich als Elternvertreterin in der Kita Regenbogen engagiert, kann der Corona-Zeit auch Positives abgewinnen: Dank digitaler Kommunikation „haben wir in der Elternschaft ein tolles Miteinander erreicht – stärker als wir es je hatten. Die Situation hat die Eltern zusammengeschweißt“.

    „Auch in den Familien musste sich ja erst ein neuer Alltag entwickeln“, erinnert sich Familie Poseiner aus Nieder-Roden an die ersten Corona-Monate. Kinderbetreuung und Home-Office waren in vielen Familien unter einen Hut zu bringen. Sie und manch andere Eltern hätten sie sich die Impulse aus der Kita früher gewünscht. „Für unser Kindergartenkind war es wichtig, die Erzieherinnen zumindest per Video im Umfeld des Kindergartens zu sehen. Egal, welcher Beitrag es war: Diese zarten Pflänzchen der Kontaktaufnahme mit den Kindern waren immens wichtig.“

    Mit Kita-App gegen das Black-Box-Gefühl

    Gerade anfangs hätten viele Eltern die Kitas während des Betretungsverbots als „Black Box“ erlebt, erinnert sich Denise Minge, deren Kind die Kita Niederfeld in Seligenstadt besucht. „Der direkte Austausch mit den Erzieherinnen und anderen Eltern fehlt schon. Aktuell steht in unserer Einrichtung der Start der Kita-App bevor. Wir sind gespannt, welche Möglichkeiten es dann geben wird.“

    „Das kurze Schwätzchen mit der Erzieherin fehlt“, meint auch die Seligenstädterin Antje Frenzel. „Denn das Vertrauen zu den Menschen, denen man seine Kinder anvertraut, muss auch regelmäßig gepflegt werden“.
    Trotz Startschwierigkeiten zu Beginn der Pandemie, Skepsis und Unzufriedenheit in der Elternschaft ist Nadja Klees vom Elternbeirat der Nieder-Rodener Kita Birkenhain zufrieden damit, wie der Kita-Alltag in den vergangenen Monaten bewältigt wurde: „Inzwischen klappt alles. Die Kinder lernen, selbstständig zu werden, und die Hilfe der Erzieherinnen ist ja da, und jeder bekommt die Hilfe, die er benötigt“. Zudem würden verstärkt Elterngespräche angeboten, und die Leitungen seien bemüht, die Eltern mitzunehmen. „Aus meiner Sicht wird trotz der Umstände alles dafür getan, dass die Kinder glücklich sind. Und das ist das Wichtigste!“

    Diese Seite:Download PDFDrucken

    to top