Martina Hofmann-Becker ist 40 Jahre Prädikantin
Kraft und Zuversicht für den Alltag
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19.10.2025
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Von Nicole Jost, Offenbach-Post
Martina Hofmann-Becker kann sich noch gut erinnern: „Ich glaub‘, ich hab da was für Sie …“ – mit diesem Satz beginnt vor mehr als vier Jahrzehnten eine besondere Geschichte. Der Langener Pfarrer Borck ruft an, um sie auf einen Prädikantenkurs der Propstei aufmerksam zu machen. „Verstanden habe ich nicht viel“, erinnert sie sich lachend, „aber meine Kinder waren ein und zwei Jahre alt – und das Wort monatliche Fortbildung klang wie Musik in meinen Ohren.“
40 Jahre später feiert Hofmann-Becker ihr Prädikantenjubiläum. Damals ist das Prädikantenamt, also die Wortverkündigung durch engagierte Laien, noch eine Seltenheit. Heute ist es fester Bestandteil evangelischen Gemeindelebens. „Dass Menschen aus dem Alltag heraus das Wort weitergeben, bereichert eine Gemeinde“, sagt Hofmann-Becker.
Die ersten Schritte waren nicht selbstverständlich. „Die Kirche war damals sehr männlich geprägt“, erinnert sie sich. „Neben den Pfarrern Peter, Kades, Borck und Wächtler gab es in Langen nur eine Frau im Pfarramt – Pfarrerin Trösken.“ Die ist skeptisch: „Der wird Sie net auf seine Kanzel lassen.“ „Hat er aber“, sagt Hofmann-Becker schmunzelnd. „Und er hat mich gefördert.“ Die Prädikantin schätzt, dass sie in ihrer Rolle den Blickwinkel wechseln kann: mal von vorne am Altar, mal von der Kirchenbank. „So spürt man, was an einem Gottesdienst wirklich guttut – und was weniger.“ Dabei hat sie einen besonderen Anspruch an sich selbst: „Ich frage mich nicht: Wie komme ich an? Sondern: Wie kriege ich’s rüber? Schön wäre, wenn die Leute rausgehen und denken: Das hat gutgetan. Oder: Darüber muss ich nochmal nachdenken.“
In den folgenden Jahrzehnten wird sie zur festen Größe im damaligen Dekanat Dreieich. 19 Gemeinden lernt sie kennen, unzählige Gottesdienste gestaltet sie – und viele Menschen begleiten sie auf ihrem Weg. „Pfarrer kommen und gehen – Prädikanten bleiben“, sagt sie. Auch die jungen Pfarrerinnen in Langen heute, freut sie sich, schätzen ihre Erfahrung. Rund zehn Gottesdienste gestaltet sie im Durchschnitt jährlich – früher waren es mal mehr. Oft ist Martina Hofmann-Becker auch an Weihnachten im Einsatz. „Heilig Abend fühlt sich für mich richtig an in Gemeinschaft, in der Gemeinde. Das war für meine Familie nicht immer leicht“, sagt sie leise.
Hofmann-Becker stammt aus einem Pfarrhaus im Schwäbischen, wie man bis heute hört. Der Vater Pfarrer, die Mutter Schriftstellerin. „Ich bin mit Sprache und Glauben groß geworden. Zwei schreibende und sprechende Eltern – das prägt.“ Ihr eigener Weg führt sie erst in die Medizin: „Ich war Röntgenassistentin und wollte eigentlich Medizin studieren. Dann kam das Leben dazwischen – im besten Sinne“ – ihre drei Kinder.
Das Prädikantenamt wird für sie zur Lebensaufgabe. „Für mich war es das ideale Ehrenamt für ein Frauenleben. Ich konnte mir meine Zeit einteilen, war eingebunden in ein Kollegium, ohne mich zwischen Familie und Beruf entscheiden zu müssen.“ Später macht sie an der Fachhochschule Darmstadt eine Zusatzausbildung zur Gemeindepädagogin – und baute gemeinsam mit Pfarrer Jochen Mühl die Jugendarbeit der damaligen Johannesgemeinde aus.
40 Jahre später blickt sie mit Dankbarkeit zurück – und auch mit Nachdenklichkeit: „Viele verstehen heute gar nicht mehr, welchen Mehrwert Religion haben kann. Religion ist für mich ein Rettungsanker im Meer der Informationsflut. Sie gibt Halt und Sinn. Und sie hilft, sich selbst nicht so wichtig zu nehmen.“
Gottesdienst ist für sie „ein Schutzraum zur Rückbesinnung auf das, was wirklich zählt: das Dasein feiern und dankbar zu sein für jeden Atemzug“. In vertrauten Ritualen, im Singen, Beten und Schweigen finde man Sinn und Stärkung für den Alltag.
Und was sie sich für ihre eigenen, selbst geschriebenen Predigten wünscht? „Ich möchte den Menschen durch den Gottesdienst Anregungen zum Nachdenken mitgeben, die sie mit neuer Kraft und Zuversicht in ihren Alltag begleiten.“ Sie hofft, dass auch kommende Generationen den Ort Kirche als wertvoll erleben können: „Kirchen stiften Verantwortungsbereitschaft – für die Schöpfung und die Mitmenschen. Denn ohne Mitmenschlichkeit können wir auf diesem Planeten nicht überleben.“ Martina Hofmann-Becker engagiert sich auch anderweitig: Sie hat sich in der Flüchtlingshilfe eingebracht und ist bis heute Notfallseelsorgerin.
Gottesdienst und Empfang
Martina Hofmann-Becker feiert ihr 40. Jubiläum als Prädikantin in einem Abendgottesdienst am Sonntag, 26. Oktober, um 18 Uhr in der Martin-Luther-Kirche (Berliner Allee 31). Die Predigt hält sie selbst. Die stellvertretende Dekanin Birgit Schlegel, im Evangelischen Dekanat Dreieich-Rodgau zuständig für den ehrenamtlichen Verkündigungsdienst, wird der Jubilarin im Namen von Kirchenleitung und Dekanat für ihr unermüdliches Engagement danken und ihr die Urkunde der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau überreichen. Pfarrerin Annika Müller-Praefcke wird ihr Wirken im Rahmen eines Grußworts der Evangelischen Kirchengemeinde Langen würdigen. Auch viele ehemalige Konfirmandinnen und Konfirmanden werden kommen – mit ihnen der ehemalige Langener Pfarrer Jochen Mühl. Im Anschluss an den Gottesdienst laden Kirchengemeinde und Dekanat zu einem Empfang ins Gemeindehaus ein.
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