Dekanat Rodgau

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    Exkursion zur KZ-Gedenkstätte Buchenwald

    Junge Christen, Juden und Muslime gegen Hass & Gewalt

    D. Gendera

    „Nie wieder!“ – dieser Ruf hallte nach dem Besuch des Konzentrationslagers Buchenwald in den Köpfen der jungen Menschen nach. Eine interreligiöse Gruppe hatte sich Ende August auf den Weg gemacht, um zu verstehen, was diese Worte wirklich bedeuten – und um aus der Vergangenheit Hoffnung für die Zukunft zu schöpfen.

    D. GenderaAuf den Weg ins thüringische Weimar und insbesondere zur benachbarten Gedenkstätte „Konzentrationslager Buchenwald“ machten sich in der letzten Woche der Sommerferien junge Christen, Muslime und Juden. Initiiert wurde die Exkursion vom interreligiösen Projekt „Glaube. Gemeinsam. Gestalten.“ des Evangelischen Dekanats Dreieich-Rodgau und der Hanauer Initiative „Pinot – jüdische Bildungsbausteine“.

    Zehn junge Menschen verschiedener Religionen und Herkunft, die sich bis dahin noch nie begegnet waren, traten gemeinsam die Reise nach Buchenwald an. Das Projekt „Glaube. Gemeinsam. Gestalten.“, das im Evangelischen Dekanat Dreieich-Rodgau seit 2020 besteht, bot ihnen die Gelegenheit, von den Schrecken der NS-Diktatur zu erfahren. Unterstützt wurde das Projekt durch das Hessische Landesprogramm „Hessen aktiv für Demokratie und gegen Extremismus“ und durchgeführt in Kooperation mit „Pinot – jüdische Bildungsbausteine“ aus Hanau.

    Schon auf der Fahrt im Kleinbus entstand ein reger Austausch zwischen den Teilnehmenden. Was bewegte sie, diese Reise anzutreten? Besonders inspirierend für alle war, dass sie aus verschiedenen Glaubensrichtungen kamen – Christen, Muslime und Juden, die zusammen den Weg gingen, um Geschichte aufzuarbeiten und für die Zukunft zu lernen.

    Am ersten Abend in der Jugendherberge stellte Projektleiterin Dagmar Gendera das Programm vor. Sie gab einen Überblick über die Machtergreifung Hitlers und die Entstehung des Konzentrationslagers Buchenwald. In der Runde wurden erste Fragen gestellt und tiefgründige Gespräche geführt. Dabei zeigte sich: Vertrauen und Offenheit sollten das Fundament dieser Begegnung bilden.

    Der nächste Tag führte die Gruppe auf den sogenannten „Gedenkweg“ entlang der Bahntrasse, die einst von KZ-Häftlingen erbaut worden war. „Es war erschütternd, die Gedenksteine für die 200 deportierten Roma- und Sinti-Kinder zu sehen“, sagte einer der Teilnehmenden. Diese Kinder waren 1944 ins KZ Auschwitz deportiert und dort ermordet worden. „In ihrem Alter zu sein und zu wissen, dass sie keinen Ausweg hatten, hat mich tief bewegt“, fügte eine andere Teilnehmerin hinzu.

    Tief bewegt von millionenfachem Leid

    Am Lager angekommen, erfuhren die jungen Menschen in einer Führung von den brutalen Lebensbedingungen der Häftlinge und dem privilegierten Leben der SS-Offiziere, deren Familien sogar in unmittelbarer Nähe ein Zoogehege hatten. „Es ist kaum zu glauben, dass die Tiere besseres Essen bekamen als die Menschen im Lager“, bemerkte ein Teilnehmer fassungslos. Besonders berührte die Gruppe die Geschichte des evangelischen Pfarrers Paul Schneider, der wegen seines Glaubens und seines Widerstands gegen die Nationalsozialisten in Buchenwald ermordet wurde. „Er weigerte sich, die Hitlerfahne zu ehren, weil er glaubte, dass nur Gott diese Ehre gebührt“, erklärte die Führerin. Bis zu seiner Ermordung in Buchenwald war er ein aufrichtiger Christ geblieben und hatte sich gegen die Unmenschlichkeit des Regimes gestellt.

    Warum die Kirche nichts dagegen tun konnte, oder ob es denn überhaupt möglich ist, dass auch Hitler Christ war angesichts des von ihm millionenfach mitverantworteten Leids - einige Fragen konnten gemeinsam beantwortet werden, manche anderen blieben offen. Bejahen konnte die pädagogische Mitarbeiterin der Gedenkstätte die Frage aus der Gruppe, dass auch einige Fälle von inhaftierten und ermordeten Muslimen bekannt sind. Der Großteil der Inhaftierten waren aber politische Gegner des Regimes, Juden sowie auch Roma, Sinti und homosexuelle Menschen.

    Gemeinsames Gebet für die vielen Toten

    Zum Abschluss des Besuchs versammelten sich die Teilnehmenden zu einem gemeinsamen stillen Gebet. Ein jüdisches Kaddisch, das Totengebet, erfüllte die Atmosphäre mit ehrfürchtiger Stille. „Jetzt verstehe ich, warum die Deutschen 'Nie wieder' rufen“, sagte einer der jungen Männer. „Dieser Ort zeigt uns, wie wichtig es ist, dass wir uns für Demokratie und Menschlichkeit einsetzen.“

    Eine Begegnung, die Spuren und Verbindungen hinterlassen hat

    "Die interreligiöse Begegnung in Buchenwald hat bei den Teilnehmenden tiefe Spuren hinterlassen", ist Dagmar Gendera überzeugt. "Wir haben auch über die aktuelle politische Lage in Thüringen besprochen, über die Gefahr von Extremismus und darüber, ob sich eine Diktatur wie die NS-Zeit wiederholen könnte." Mit Blick auf die Exkursion meinte ein junger Afghane in der Gruppe: „Die Parallelen zu dem, was die Taliban gerade in Afghanistan tun, sind erschreckend“, doch trotz all dieser bedrückenden Fragen nahmen die jungen Menschen auch etwas Positives mit: den Wunsch, sich für ein friedliches Miteinander einzusetzen und die neugewonnenen Freundschaften über religiöse und kulturelle Grenzen hinweg zu pflegen.

    „Wir wollen den Kontakt nicht verlieren“, fasste ein Teilnehmer die gemeinsame Zeit zusammen. „Vielleicht können wir noch mehr Projekte zusammen machen.“ Alle Teilnehmenden sind sich einig, dass diese Erfahrung sie darin bestärkt hat, sich gerade jetzt - und erst recht im Gefolge des islamistischen Anschlags in Solingen - gegen Hass und für ein gerechtes, friedliches Zusammenleben in der Welt einzusetzen.

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