Abschied von Gemeindepädagogin Regine Kober-Gerhard
40 Jahre Raum für Begegnungen geschaffen
stkNach mehr als vier Jahrzehnten als Gemeindepädagogin tritt Regine Kober-Gerhard in den Ruhestand.15.08.2024 stk Artikel: Download PDF Drucken Teilen Feedback
„Ich schätze Regine sehr als kluge und hoch engagierte Kollegin, der es gelungen ist, ganz unterschiedliche Menschen auch außerhalb der Kerngemeinde zu erreichen und miteinander zu vernetzen“, lobt Birgit Schlegel, im Evangelischen Dekanat Dreieich-Rodgau zuständig für die Gemeindepädagogische Arbeit. „Sie hat durch ihre Arbeit viele Akzente gesetzt und neue Themen eingebracht, wie etwa in der Frauenarbeit und im Engagement für Familien. Genau das brauchen wir als gemeinwesenorientierte Kirche heute mehr denn je!“
Geboren und aufgewachsen in Wiesbaden, sei sie in den 70er Jahren „in die Kirche hinein konfirmiert“ worden, erinnert sich Regine Kober-Gerhard. „Wir Konfis beschäftigten uns mit Umwelt- und Friedensthemen, das war sehr interessant.“ Ihre Arbeitsergebnisse ließen die Jugendlichen in thematische Gottesdienste einfließen, an denen sie mitwirkten. In dieser Zeit wuchs ihre Überzeugung, dass Kirche und Politik zusammengehören und es wichtig ist, dass Christinnen und Christen ihre politische Meinung vertreten, gesellschaftliche Missstände ins Licht rücken und bekämpfen.
In den Folgejahren leitete sie gemeinsam mit einer Freundin Kindergruppen und führte Jugendfreizeiten durch. Das erforderliche Rüstzeug lieferten Jugendleiterkurse des damaligen Amts für Jugendarbeit der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau (EKHN) – Vorläufer der heutigen Jugendleiter-Card. Ein pfiffiger Kirchenvorsteher der Gemeinde brachte die Abiturientin darauf, sich bei der EKHN über Berufe in der Landeskirche beraten zu lassen. Sie wurde fündig und nahm nach einem Sozialen Jahr 1979 ihr Studium der Gemeindepädagogik an der heutigen Evangelischen Hochschule Darmstadt auf. „Das war damals ganz neu“, weiß sie.
Schon in ihrer Ausbildung war ihr daran gelegen, sich möglichst breit aufzustellen und „zu schauen, wie Kinder-, Jugend-, Erwachsenen- und Seniorenarbeit zusammenpassen und ineinandergreifen können“, betont sie. Dem Examen 1983 folgte ein einjähriges Berufspraktikum in der Darmstädter Stadtkirchengemeinde, im März 1984 startete die damals 24-Jährige in Egelsbach durch.
Unter ihrer fachkundigen Leitung kamen zu den Kindergruppen bald mehrmals im Jahr Elternnachmittage hinzu, und es entwickelte sich ein Gemeindefest für alle Generationen. Auf der Basis bereits bestehender Aktivitäten betreute sie Kinder- und Jugendfreizeiten, übernahm Verantwortung bei der Kinderbibelwoche und führte gemeinsam mit einem Team Jugendlicher Ferienspiele in den Sommerferien durch.
„Es war mir immer wichtig, Raum für Begegnung zu schaffen, Menschen zusammenzubringen“, bilanziert sie. „Ich hatte das Glück, immer auf aufgeschlossene Menschen zu stoßen, die mir viel zugetraut haben.“ Als ständiger Gast im Kirchenvorstand fühlte sie sie sich stets informiert und eingebunden, zudem genoss sie von Anfang an „die Freiheit, mit der ich Angebote entwickeln konnte“.
Dank einer Vertretungslösung konnten ihre Aktivitäten auch während der Phase ihrer Elternzeit weitergeführt werden. Nach ihrer Rückkehr 1998 stieg sie direkt in die Arbeit mit Konfirmandinnen und Konfirmanden ein – das hatte bislang allein in Verantwortung der Pfarrpersonen gelegen. Mit einem Team junger Mütter entwickelte sie das „Café Mama“ als monatlichen Treffpunkt mit inhaltlichen Themen. Später kamen Tauferinnerungsgottesdienste hinzu. Zusammen mit der Langener Pfarrerin Susanne Alberti, die zuvor in Egelsbach wirkte, hob sie die Krabbelgottesdienste und den Apfelbaumgottesdienst aus der Taufe. „Damit kommen bis heute auch verstärkt Familien in den Blick“, meint sie.
In den Jahren 2008 bis 2012 fungierte sie auf einer übergemeindlichen Projektstelle im Zentrum Bildung der EKHN als Fachberaterin Familienbildung in Kirchengemeinden und Dekanaten. „Das hat mir viel Spaß gemacht und ich habe aus dieser Zeit viele Impulse für meine Arbeit mitgebracht“, sagt sie. So folgte der Aufbau des evangelischen Familienzentrums eFa, das inzwischen vernetzt mit der Familienbildung im Dekanat und der Christlichen Flüchtlingshilfe CFEE zahlreiche Angebote für Familien und Senioren macht, darunter Deutschkurse und Ferienspiele.
„Nach fast zehn Jahren gemeinsamer Arbeit fällt es mir nicht leicht, Regine gehen zu lassen“, gibt Rebekka Adler offen zu. „Sie war in unserem Team eine wunderbare Kollegin, die mir nicht nur beruflich zur Seite stand“, so die Egelsbacher Pfarrerin. „Ihre Leidenschaft, Hingabe und Fürsorge und ihr offenes Ohr haben unsere Gemeinde immer bereichert. Sie wird mir fehlen.“
Als einen ihrer Schwerpunkte sieht Kober-Gerhard die Frauenarbeit. Als Beispiel nennt sie den Liturgiekreis, der sich über viele Jahre mit geistlich-spirituellen Themen befasste und besondere Andachten und Gottesdienste feierte. „Mir ist es wichtig, liturgische Sprache umfassender zu formulieren“, erläutert sie. Bei den von ihr gestalteten Gottesdiensten, nutzt sie daher vielfältigere Gottesbilder als nur „Vater“ oder „Sohn“.
In etlichen Gremien der Landeskirche, die die Arbeit mit Familien betreffen, wirkte sie mit. Auch auf Dekanatsebene engagierte sich die Pädagogin in vielfältiger Weise: Über viele Jahre bereitete sie die Aktivitäten zum Weltgebetstag vor, in der jüngeren Vergangenheit ergänzt durch den Frauengottesdienst im Advent. Auch an der Planung des Dekanatsklimatags in Dreieich war sie maßgeblich beteiligt. Hinzu kamen einzelne Projekte wie Weiterbildungen für Kindergottesdienst-Teams und zentrale Kinderbibeltage. An den dekanatsweiten musikalischen Kindergottesdienst, der 2008 am Sonntag Kantate in Sprendlingen stattfand, denkt sie nach wie vor gerne zurück.
„Nicht zuletzt im Hinblick auf den Nachbarschaftsraum Langen-Egelsbach ist uns sehr daran gelegen, die erfolgreiche gemeindepädagogische Arbeit in der Region weiterzuführen“, betont Dr. Michael Grevel, Präses der Dekanatssynode. Die Nachfolge ist geregelt, zwei Kolleginnen werden Teile ihrer bisherigen Arbeit übernehmen.
Kurz vor ihrem 65. Geburtstag hinterlässt Regine Kober-Gerhard nun ein wohlbestelltes Haus. Verheiratet und Mutter dreier erwachsener Töchter, wohnt sie seit ihrer Studienzeit in Darmstadt. Jetzt freut sie sich darauf, bald ohne Termindruck zu sein, gemeinsam mit ihrem Mann zu planen, Freunde zu treffen und ihren Hobbys nachzugehen. Sie liebt das Wandern, geht gerne ins Kino und in Ausstellungen. Die nähere Zukunft will sie erst einmal auf sich zukommen lassen – frei nach dem Motto: „Das Leben ist jetzt“.
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