Dekanat Rodgau

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    Gedenken

    Das ist aktueller denn je

    Jan-Gero von Wolff

    Warum die Erinnerung an die Pogromnacht vor 85 Jahren wichtig ist: Nicht nur wegen den Terrorangriffen der Hamas auf Israel. Auch hierzulande kommt es zu jüdischen Anfeindungen. Und: Das Gedenken am 9. November zeigt Solidarität mit allen Menschen, die in diesen Tagen um ihr Leben fürchten und kämpfen.

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    Der 9. November ist ein vielschichtiger Gedenktag. Aber eines bleibt unglaublich. Unfassbar, was an diesem Tag vor 85 Jahren bei uns passiert ist. Männer in Uniform zogen durch die Städte, warfen Schaufenster ein, plünderten Geschäfte, holten Leute aus ihren Wohnungen und schlugen sie, setzen schließlich Gotteshäuser in Brand. Polizei und Feuerwehr waren nicht zu sehen.

    Die Pogromnacht 1938

    In dieser Pogromnacht wurden allein in Hessen 363 jüdische Synagogen zerstört, ihre Einrichtung demoliert; Thorarollen, das heißt Teile auch der christlichen Bibel verbrannt. Und die Leute schauten zu bei der Gewalt an den Menschen, mit denen sie lange zusammengelebt hatten, in die Schule gegangen waren, bei ihnen eingekauft hatten, zur ärztlichen Behandlung gingen. – Grauenhaft!

    Viele Gedenkfeiern erinnern

    Am 9. November gibt es viele Gedenkfeiern an vielen Orten. So wie in Herborn, Giessen und in Marburg nehmen hunderte Menschen daran teil. Sie erinnern an die Millionen Ermordeten des Holocaust. Und alle sind eingeladen, Kerzen anzuzünden für die Menschen, die jetzt wieder Opfer von antisemitischem Hass geworden sind.

    2600 antisemitische Straftaten in Deutschland 2022

    Die Erinnerung an das, was vor 85 Jahren geschah, wird dramatisch aktuell durch die blutigen Terrorangriffe der Hamas auf jüdische Menschen in Israel. Und durch die Wellen, die es in der ganzen Welt auslöst. Der Antisemitismus war ja nie verschwunden, auch bei uns nicht - im Gegenteil: 2600 antisemitische Straftaten gab es in Deutschland allein im letzten Jahr. Die meisten von Rechtsradikalen.

    Ein neues Ausmaß der Bedrohung

    Es ist also nicht neu, dass bei jeder Veranstaltung der Jüdischen Gemeinde die Polizei vor der Tür wachen muss. Neu ist das Ausmaß der Bedrohung. In unseren Städten werden wieder Davissterne auf die Türen jüdischer Bewohner gepinselt. Bei einer jüdischen Bekannten klettert nachts jemand auf ihren Balkon im 3. Stock und reißt eine Israel-Flagge ab. Ihr Vater ruft sie an aus dem Iran. Er kann es nicht fassen, dass in Deutschland Juden jetzt wieder stärker gefährdet sind als in vielen anderen Ländern. Einfach weil sie jüdisch sind, werden sie angegriffen. Von der Hamas und ihren Sympathisanten mit dem erklärten Ziel, sie alle zu vernichten und das einzige Land, in dem sie bisher einigermaßen sicher leben konnten, von der Landkarte zu radieren. Hier liegt die Parallele zum Holocaust, zu dem wir in Deutschland gesagt haben: nie wieder!

    Solidarität mit allen, die um ihr Leben fürchten und kämpfen

    Dabei gilt unsere Solidarität auch den unschuldigen Palästinensern, die als Zivilisten einen hohen Preis zahlen für die barbarische Gewalt der Hamas. Sie gilt allen Menschen, die in diesen Tagen um ihr Leben fürchten und kämpfen. Darin sind alle drei großen Religionen einig, Juden, Christen und Moslems: Nächstenliebe zählt mehr als Hass und Frieden mehr als Krieg. Das bedeutet kein schulterzuckendes „Sowohl-als-auch“, sondern Entschiedenheit für das eine.

    Und Null Toleranz für Intoleranz.

     

    Helmut Wöllenstein

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