Dekanat Rodgau

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    Flucht über Libyen - Europa oder der Tod

    Das Kreuz am Hals

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    Robel Berhane stammt aus Eritrea. Seit drei Monaten lebt er in Lorsch. Bei seiner Flucht hat er die Hölle erlebt. Sein Schicksal ist kein Einzelfall.

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    Er hat Schmerzen in den Beinen und im Rücken, er hinkt. Manchmal, so sagt er, könne er gar nicht gehen. Man muss kein Arzt oder Psychologe sein, um zu erkennen, dass Robel Gewalt erfahren hat. Und das hat auch mit dem Kreuz zu tun, das er um seinen Hals trägt.

    Mit 16 zum Militär

    Robel ist in Barantu, einer eritreischen Provinzhauptstadt, aufgewachsen. Sie liegt etwa 30 Kilometer entfernt von der äthiopischen Grenze und ist Bischofssitz der unierten orthodoxen Kirche. Wie die meisten Einwohner ist auch Robel orthodoxer Christ. Mit 16 Jahren wurde er zum Militär eingezogen. Er hat sich dafür nicht beworben, er wurde nicht gefragt, er wurde geholt. Der Militärdienst in Eritrea kann praktisch lebenslang dauern. Nach vier Jahren hielt es Robel nicht mehr aus. Er flüchtete – zunächst nach Äthiopien, dann in den Sudan und von dort quer durch die Sahara nach Libyen.

    Eine Fluchtroute, die nach seinen Angaben ohne Hilfe nicht zu schaffen ist. Fluchthilfe ist offenbar zum lukrativen Geschäftsmodell geworden. Robel musste insgesamt 190.000 Nakfa zahlen. Die eritreische Währung ist eng an den Dollar gekoppelt. Umgerechnet sind das etwa 11.500 Euro. Eine für Robels Verhältnisse gigantische Summe, für die seine Eltern aufgekommen sind. Sie haben eine kleine Landwirtschaft. Sie verkauften Ziegen und Lämmer, um die Flucht ihres Sohnes bezahlen zu können. Bis er Libyen erreichte, dauerte es 22 Tage.

    Flüchtlinge als Freiwild

    In Libyen gelten Migranten als Illegale. Und es gibt viele Migranten, die das nordafrikanische Land als Durchgangsstation nutzen wollen. Für sie heißt die Alternative: Europa oder der Tod. Robel wird mit hunderten anderen in ein Lager bei Tripolis gesteckt, das eher an ein Gefängnis erinnert. Dort ist Hunger nach seinen Erfahrungen ein ständiger Begleiter. Es gibt unregelmäßig und immer zu wenig zu essen. Robel ist mit vielen anderen afrikanischen Flüchtlingen in einem Film zu sehen, der von einem italienischen Reporter von Vice TV gedreht wurde. Man sieht ausgemergelte Menschen, teilweise hocken sie nackt auf dem Boden. Die Flüchtlinge werden von libyschen Bewachern geschlagen. Es herrscht Überlebenskampf. Unter ihnen gibt es Gerangel bei der Lebensmittelverteilung, auf Wasser müssen sie über eine Woche warten, um sich waschen zu können. Für Robel – das ist in dem Film nicht zu sehen - kommt es noch schlimmer.

    Als die Bewacher das Kreuz an seinen Hals entdecken, wird Robel mit anderen eritreischen Christen aussortiert und an einen anderen Ort gebracht. Dort werden sie mit Eisenstangen und Handschellen blutig geschlagen. Sie werden derart traktiert, dass elf Menschen an ihren Verletzungen sterben. Die Leichname, so erzählt Robel, werden mit Benzin übergossen und verbrannt. Davon berichten Landsleute seiner Familie in Eritrea, die zu diesem Zeitpunkt davon ausgeht, dass ihr Sohn totgeschlagen wurde. Doch dem 20jährigen gelingt es mit anderen Mitgefangenen nachts eine Tür aufzubrechen und zu fliehen. Robel kommt bei einem älteren Mann unter, der Kontakt zu einem – wie Robel sagt – „business man“ herstellt. Es ist ein Fluchthelfer. Die Eritreer sind international gut vernetzt. Robel gelingt es telefonisch nochmals 6.500 Euro aufzutreiben. Damit kann er weiter nach Europa. Er kann auch seine Familie informieren, dass er am Leben ist.

    Auf dem Weg nach Europa

    Robel wird mit etwa 450 anderen Flüchtlingen in ein überfülltes Boot gesetzt, das Kurs auf Italien nimmt. Niemand ist sich sicher, dass dieses Boot jemals wieder das Land erreichen wird. Doch sie haben Glück. Unterwegs werden sie von einem italienischen Schiff aufgebracht, das sie sicher nach Lampedusa bringt. Über Rom und die hessische Erstaufnahmeeinrichtung in Gießen gelangt Robin schließlich nach Lorsch.

    Der junge Mann hat Schmerzen und leidet an Schlafstörungen. Immer wieder, so sagt er, schrecke er nachts auf. Er sei einmal geröntgt worden, bekomme aber keine Medikamente. Auf die Frage, was sein größter Wunsch sei, sagt er nur ein Wort: Gesundheit!

    Die Vice-TV-Reportage über das libyische Flüchtlingslager bei Tripolis finden Sie hier

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