Alsbach: Abschied von Thomas Beder
Ein Bergsträßer Pfarrer in Schweden
bbiew22.04.2015 bbiew Artikel: Download PDF Drucken Teilen Feedback
bbiewThomas Beder zieht es nach Schweden„Es gibt keinen Grund hier wegzugehen – nicht im geringsten“, sagt Thomas Beder und in seinen Worten klingt Bedauern mit, Alsbach und die Bergstraße ausgerechnet jetzt zu verlassen. Doch die Aufgabe in Schweden ist eine Herausforderung, die ihn reizt. „Eine solche Chance bietet sich mir vermutlich nie mehr“, betont der 51jährige. Durch den Kontakt zu einer schwedischen Pfarrerin hatte er von der frei gewordenen Pfarrstelle im mittelschwedischen Nora gehört und sich erfolgreich beworben. Es ist ein alter Bergbauort, der 8.500 Einwohner zählt, davon gehören rund 7.000 der evangelisch- lutherischen Gemeinde an. Dabei gehört Nora für schwedische Verhältnisse noch zu den kleinen Kirchengemeinden. Die meisten haben 30.000 bis 40.000 Mitglieder mit entsprechend vielen Pfarrern. Und das kommt Thomas Beder entgegen. “Ich bin kein Einzelkämpfer, sondern arbeite gern im Team.“ In Nora sind mit ihm insgesamt drei Pfarrer tätig. Die Evangelische Kirche in Hessen und Nassau (EKHN) hat ihn für seinen Dienst in Schweden für zunächst sechs Jahre beurlaubt. Eine Verlängerung ist möglich.
Architekt des Gemeindenetzes
Seine Teamfähigkeit hat er jüngst an der nördlichen Bergstraße unter Beweis gestellt Thomas Beder gilt geistiger Vater und Architekt des Gemeindenetzes, zu denen sich zu Beginn dieses Jahres die Kirchengemeinden Alsbach, Ober-Beerbach, Jugenheim und Zwingenberg zusammengeschlossen haben. Ihm tut es nach eigenen Angaben etwas weh, dass er selbst das Gemeindenetz nicht mit Leben erfüllen kann, aber er ist sich sicher, dass es genügend überzeugte und tatkräftige Netzwerker gibt. „Ich bin überwältigt, davon, wie positiv das Gemeindenetz aufgenommen wurde und wie viele Menschen an diesem Netz knüpfen wollen.“
Schwedisch mit deutschem Akzent
Seine Liebe zu Schweden entdeckte er bei Freizeiten, die er dort mit seiner Alsbacher Gemeinde verbrachte. Er hat die Schweden dabei stets als offen und freundlich erlebt. 2007 initiierte er eine Partnerschaft mit der schwedischen Gemeinde Dalarö, zu der bislang auch gegenseitige Besuche der Konfirmandinnen und Konfirmanden gehörten. Um sich in der Landessprache unterhalten zu können, lernte Thomas Beder schwedisch. „Ich kann es nicht akzentfrei sprechen. Jeder merkt sofort, dass es nicht meine Muttersprache ist“, räumt Thomas Beder ein und hofft dabei, dass er gut verstanden wird und er alles richtig versteht. Doch die Landessprache nicht perfekt zu sprechen, kann auch ein Vorteil sein. Schließlich müssen seine Gesprächspartner genauer zuhören.
40-Stunden Woche in Schweden
Thomas Beder hatte sich in einer dreimonatigen Studienzeit intensiv mit dem Verhältnis von Staat und Kirche in Schweden beschäftigt. Er meint und entsprechende Untersuchungen bestätigen dies, dass es unter den schwedischen Pfarrerinnen und Pfarrern eine größere Zufriedenheit mit ihrem Beruf gibt als dies in Deutschland der Fall ist. Ein Grund mag sein, dass sich Geistliche in Schweden auf ihre ureigenen Aufgaben konzentrieren können und weitgehend von Verwaltungstätigkeiten befreit sind. Auch ist den Schweden die Vorstellung fremd, dass Pfarrer immer im Dienst sind. Die evangelisch-lutherische Kirche in Schweden sieht für ihre Pfarrerinnen und Pfarrer eine wöchentliche Arbeitszeit von 40 Stunden vor. Selbst wenn es tatsächlich einige Stunden mehr sein sollten, ist dies kein Vergleich zu den Verhältnissen in Deutschland.
Zukunftsfähige Kirche
An der schwedischen Kirche schätzt Beder besonders, dass die Gemeinden weitgehend autonom agieren könnten. Die Landeskirche dürfe dort nur die Aufgaben übernehmen, die eine einzelne Gemeinde nicht leisten könne. Mit einigen Sorgenfalten betrachtet er dagegen die geringe Zahl an Gottesdienstbesuchern. Um die Teilnahme wieder zu erhöhen, kann er sich das vorstellen, was er in Alsbach erfolgreich praktiziert hat: möglichst viele Menschen an der Gestaltung der Gottesdienste zu beteiligen. Das Engagement von Pfarrer Beder, der als Mitglied des Dekanatssynodalvorstand auch Verantwortung für das Bergsträßer Dekanat übernahm, gilt auch in Schweden der Entwicklung einer zukunftsfähigen Kirche.
Seit 15 Jahren in Alsbach
Am 1. Januar 2000 hatte Pfarrer Beder seine Tätigkeit in Alsbach aufgenommen. Er war zugleich mit einer halben Stelle in der evangelischen Gemeinde Gernsheim und Allmendfeld tätig. Mit der anderen Hälfte seines Dienstes entlastete er die damalige Alsbacher Gemeindepfarrerin und Dekanin des früheren Dekanats Bergstraße-Mitte, Ulrike Scherf. Sie schätzt die Kollegialität und Motivationskraft von Thomas Beder: „Besonders beeindruckt hat mich, wie sehr er Ehrenamtliche zur verantwortlichen Mitarbeit in der Gemeinde ermutigt und unterstützt hat.“
Im Jahr 2007, als Ulrike Scherf die Leitung des fusionierten Dekanats Bergstraße übernahm, wechselte Beder ganz nach Alsbach. Bei der Bilanzierung im Kirchenvorstand, die vor einer Ausschreibung der Pfarrstelle üblich ist, wurden ihm zahlreiche Adjektive zugeschrieben: verlässlich, engagiert, freundlich, unterstützend, sorgsam, offen, begleitend sowie gewinnend und begeisternd. Nachvollziehbar, dass die Gemeinde einen solchen Pfarrer nicht gern ziehen lässt.
Besuch in Schweden? Ja, bitte!
Aber vielleicht zieht es den einen oder anderen gelegentlich ins schwedische Nora. Thomas Beder hat nach eigenen Angaben keine Sorge vor Besuchertourismus von der Bergstraße. Er meint es so, wenn er sagt, dass er sich in seinem neuen Pfarrhaus auf Gäste und bekannte Gesichter freue.
Dekan Arno Kreh wird Pfarrer Beder am 26. April verabschieden. Der Gottesdienst in der Alsbacher Kirche beginnt um 10 Uhr.
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