Social Media
EKHN gibt Tipps für den Dialog auf facebook & Co.
Rita DeschnerSocial Media Kickoff17.04.2013 rh Artikel: Download PDF Drucken Teilen Feedback
Sie war eine der Teilnehmerinnen des „Social Media Kick Off“, zu der die EKHN in Zusammenarbeit mit dem Medienhaus am Dienstag, 16. April 2013, in das Bürgerhaus Butzbach eingeladen hatte. Pfarrer Stephan Krebs, Oberkirchenrat für Öffentlichkeitsarbeit der EKHN, signalisierte: „Wir werden ehrenamtlich- und hauptamtlich Mitarbeitende dabei unterstützen, wenn sie in sozialen Medien wie facebook aktiv sein wollen.“ Deshalb veröffentlicht die EKHN drei Dokumente mit Anregungen, Wissenswertem und Richtlinien zur Kommunikation in sozialen Netzwerken, die zum Download zur Verfügung stehen:
Netiquette-Vorlage – Regeln für einen gelingenden und konstruktiven Dialog (update: Jan.2023)
Die Social Media Guidelines werden etwas später veröffentlicht.
Balance zwischen Datenschutz und Chancen finden
Krebs nannte den Anlass, gründlich über den Umgang der Kirche mit Social Media im Rahmen des Medienkommunikationskonzeptes der EKHN nachzudenken: „Die Frage war: Was wollen wir Gemeinden raten? Denn wir sehen auch, dass sich der Global Player facebook Daten verschafft, die er verkaufen kann. Es gibt sinnvolle Bedenken der Datenschützer.“ Allerdings stellte er auch fest: „Auf der anderen Seite gibt es allein 24 Mio. Menschen in Deutschland, die es einfach tun.“ Seit dem 7. März 2013 gebe es nun einen Beschluss der Kirchenleitung, wie mit social media umzugehen sei. Krebs erklärte: „Die Präsenz in den sozialen Medien soll so rechtskonform wie möglich geschehen. Es kann aber sein, dass das Vorgehen in social media sich mit einer neue Rechtssprechung ändert.“
Zur Veränderung ermutigt
Mut zu Aktivitäten in sozialen Medien machte Pfarrer Dr. Steffen Bauer, Studienleiter für Ehrenamt und Gemeindeleitung im Institut für Personalberatung, Organisationsentwicklung und Supervision der EKHN. Als Tagungsleiter motivierte er: „Lasst uns losgehen, auch wenn am Anfang noch nicht alles klar ist.“ Dabei erinnerte er mit einem Impulswort an den in der Bibel geschilderten Auszug des Volkes Israels aus Ägypten. Auch hier haben sich die Menschen während der Wanderschaft immer wieder auf Veränderungen eingestellt. Schließlich umriss Pressechef Krebs drei zentralen Ziele der Social-Media-Aktivitäten:
- Wir verstehen uns als Kirche des Dialogs
- Wir kommunizieren evangelischen Glauben
- Wir zeigen unser Engagement für die Gesellschaft
Nach Vorträgen von Stephan Krebs sowie von Erika von Bassewitz, die als Social-Media-Redakteurin der EKHN in die sozialen Netzwerke einführte, standen Beispiele aus der Praxis auf dem Programm. Dabei entlockte Andreas Fauth, Chefredakteur der Multimediaredaktion der EKHN, einige Tipps im Interview den facebook-Praktikern. Schließlich arbeiteten die Teilnehmenden in in sieben Workshops weiter.
Themen der Workshops
- Eine Fundraising-Aktion auf facebook umsetzten - mit Pierre Dispensieri (Gemeinschaftspastor in Nieder-Ramstadt),
- Als öffentliche Person auf facebook auftreten - mit Antje Schrupp (Redakteurin, Philosphin, Bloggerin),
- Kirchlich twittern - mit Nicoala Rössert (Projektmanagerin der Vernetzten Kirche in Bayern),
- Kommunikation mit Jugendlichen - mit Dekanaktsjugendreferent Andreas Lange
- Krisenkommunikation und Intervention - mit Erika von Bassewitz
- Social Media in der Gemeinde - mit Pfarrer Markus Eisele
- Facebook mit anderen Medien verknüpfen - mit Björn Raddatz (Online-Redakteur aus dem Bereich TV)
Vorteile für die Arbeit in der Gemeinde
In den Interviews und Workshops kristallisierten sich bestimmte Themen heraus. Zur zentralen Frage, ob es überhaupt etwas bringe, in sozialen Medien präsent zu sein, antwortete Pfarrer Markus Eisele aus seiner Gemeindepraxis: „Ich erreiche in facebook viele Menschen, die ich sonst kaum erreichen würde, wie Berufstätige. Ich erreiche auch Jugendliche, denn sie nutzen kaum noch E-Mails.“ Der Vorteil im Vergleich zur Hompage sei, dass die Gemeindemitglieder sich nicht aktiv die Informationen holen müssen, sondern sie dort veröffentlich werden, wo die Menschen bereits sind. So habe er die Erfahrung gemacht, dass facebook als Verstärker diene, wenn er auch dort auf Veranstaltungen, Gottesdienste und Aktionen hinweise. Er freut sich: „Ein Teil der Leute nimmt tatsächlich teil.“ Als Pfarrer hat er einen weiteren Nutzen entdeckt: Er fühlt sich besser informiert. Er erläutert: „In vielen Orten gibt es immer weniger Bäcker, Frisöre und Geschäfte. Deshalb ist facebook eine gute Möglichkeit um zu erfahren, ob ein Kind geboren wurde, jemand in die Reha kommt oder ein Autounfall passiert ist.“
Facebook in der Jugendarbeit
Am Ende des Tages bemerkte ein kritischer Jugendreferent: „Ohne facebook ist Jugendarbeit nicht mehr zu machen. Ich mag es eigentlich nicht besonders – aber es geht nicht ohne.“ Dekanatsjugendreferent Andreas Lange setzt diese Erkenntnis bereits um. So organisieren er und jugendliche Ehrenamtliche in geschlossenen Gruppen bestimmte Veranstaltungen, posten dort auch, wenn etwas ausfällt oder beantworten Fragen. Lange hat erfahren: „Die Jugendlichen diskutieren dann Entscheidungen, die wir als Verantwortliche deshalb auch gut begründen.“ Auf diese Weise entfalteten die Jugendlichen zum Teil eigene Lösungsvorschläge. Pfarrer Eisele gab allerdings zu bedenken: „Meine Erfahrung ist, dass rund ein Drittel der Konfis nicht in facebook sind, deshalb darf es kein Medium werden, das andere ausschließt. Um alle Jugendlichen zu erreichen ist es auch wichtig, andere Kommunikationskanäle zu bespielen.“
Mit Besonnenheit auf schwierige Kommentar reagieren
„Ich habe Sicherheit darin bekommen, wie ich in facebook auftrete und wie ich mit kritischen Posts umgehe“, stellte Ursula Bornemann, Gemeindepädagogin aus Runkel am Ende des Tages fest. Dazu hat vor allem Erika von Bassewitz mit ihrem Workshop zur Krisenkommunikation auf facebook beigetragen. Bei den Teilnehmenden tauchten Fragen auf wie: „Wo endet die Meinungsfreiheit und beginnt Respektlosigkeit?“ Hier gab die Social-Media-Redakteurin Orientierung: „Die Netiquette, die die EKHN zur Verfügung stellt, zeigt klar, wo eine Grenze zu ziehen ist.“ Dabei plädierte sie dafür, einen kritischen Dialog zuzulassen. Sie erklärte: „In facebook lassen sich manche Leute leicht zu einem Ton hinreißen, den sie im Alltag nicht verwenden würden. Hier gilt es ruhig zu bleiben und freundlich auf eine respektvolle Kommunikation hinzuweisen – meist folgt dann auch eine Entschuldigung.“ Werden allerdings rechtwidrige Inhalte gepostet, kann ein Ausschluss der betroffenen Person schließlich die passende Lösung sein. Begeistert hatten Teilnehmerinnen und Teilnehmer mit ihren Kommentaren an einer Pinnwand erlebt, wie ein sogeannter Shitstorm (massenhafte Polemik) sich zu einem konstruktiven Dialog entwickeln kann.
Balance zwischen Privatsphäre und Öffentlichkeit
Wie viel Persönliches will ich preisgeben? Welche Daten darf facebook von mir haben? Diese Fragen beschäftigten zahlreiche Teilnehmende. Hier gab Pastor Dispensieri eine Anregung. „Auch im `realen´ Gemeindeleben muss ich diese Grenze ziehen – und soweit lasse ich auch die Öffentlichkeit auf facebook an meinem Leben teilhaben.“ Allerdings seien es gerade die besonders persönlichen Erlebnisse, die auf facebook Interesse auf sich ziehen. Teilnehmerin Gabriela Reff, Redaktionsassistentin beim epd, berichtete aus der Gruppe um Antje Schrupp: „Uns ist deutlich geworden, dass das Eichhornchen vor der eigenen Haustür auf facebook interessanter sein kann als ein wichtiger politischer Konflikt. Diesen persönlichen Zugang kann eine Institution nicht leisten, das wäre nicht mehr glaubwürdig.“ Deshalb könne unter Umständen jemand auf seiner persönlichen facebook-Profilseite dem Thema Glauben mehr Gewicht verleihen, wenn er dort authentisch über seine spirituellen Erfahrungen berichte, als wenn dies ein Mitarbeiter auf einer institutionellen Seite tue.
Fazit
Diese Anregungen entsprechen auch dem Fazit, das Birgit Arndt, Geschäftsführerin des Medienhauses und Mitorganisatorin des Tages, zog: „Der heutige Tag hat Lust und Mut gemacht, sich auf die Wanderschaft ins web 2.0 zu machen. Es gibt nicht nur den einen Weg, sonder viele. Es gilt herauszufinden, was zu einem passt.“ Pfarrer Volker Rahn, Pressesprecher der EKHN, zeigte sich am Schluss begeistert: „Kirche darf Spaß machen und auch Unterhaltung und Emotionen zum Thema machen – neben den Pressemitteilungen sind sie das Salz in der Suppe.“
Weitere Workshops geplant
28. September 2013: mit Schwerpunkt „Social Media für Konfirmanden“ (Zielgruppe: Pfarrerinnen und Pfarrer)
23. November 2013: „Kirche und Social Media – Tipps aus der Praxis“
Anmeldung bitte online auf www.ev-medienhaus.de
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