CSD Frankfurt 2023
Evangelische Kirche beim CSD in Frankfurt mit eigenem Wagen
EKHN/RahnRegenbogenfahne vor der Katharinenkirche in Frankfurt13.07.2023 red Artikel: Download PDF Drucken Teilen Feedback
Felix VolppTruck der Evangelischen Kirche zum CSD in Frankfurt 2023Nulf Schade-James, Pfarrer der Evangelischen Friedens- und Versöhnungsgemeinde im Gallus, hält seit Jahren die Fahne hoch beim Frankfurter Christopher Street Day: Die der Gemeinde, aber auch die Regenbogenfahne. Viele versammeln sich traditionell in dem evangelischen Tross, mit Lockenperücke auf dem Kopf, Standard-T-Shirt auf dem Leib, was auch immer. Bei dem CSD-Zug durch die Stadt am Samstag, 15. Juli 2023, werden einige von denen, die seit Jahren mitlaufen, erstmals von einem Truck aus demonstrieren: Für eine Stadt, für eine Welt der Toleranz in punkto geschlechtlicher Orientierung, hinsichtlich gefühltem, gelebtem Geschlecht. Für ein Christentum, das genau für diese Akzeptanz steht.
Ersmals Stadtdekanat am Start beim CSD
Erstmals finanziert die Evangelische Kirche in Frankfurt und Offenbach solch einen Truck. Vor Jahren war die Kirchengemeinde Frieden und Versöhnung mit einem Laster beim CSD-Umzug durch die Frankfurter Innenstadt, dabei, „doch das war zu teuer“, erzählt Schade-James. Ein Ausflug von Pfarrerinnen und Pfarrern des Evangelischen Stadtdekanats Frankfurt und Offenbach im Herbst vergangenen Jahres nach Berlin, wo die evangelische Landeskirche schon länger mit einem Truck beim CSD mit unterwegs ist, habe gezündet, sagt Schade-James.
Designierter Stadtdekan Kamlah: Gottes Segen allen zusprechen
Prodekan Holger Kamlah, ab August Stadtdekan von Frankfurt und Offenbach, engagierte sich in den vergangenen Monaten im CSD-Vorbereitungsteam. Er freut sich, dass Evangelische sichtbar als solche mit dem Anhänger, mit Leuten zu Fuß unterwegs und an einem Stand präsent sein werden während der Christopher-Street-Tage vom 13. bis 16. Juli. „Die Evangelische Kirche in Frankfurt und Offenbach zeigt ihre Solidarität mit der queeren Community. Gott hat eine bunte und vielfältige Welt geschaffen. Gottes Segen gilt allen Liebenden. Durch sie wird auch Gottes Liebe für das Leben erfahrbar“, ist der 56 Jahre alte Theologe überzeugt. Kamlah fügt hinzu: „Die evangelische Kirche hat Zeit gebraucht, um das zu verstehen. In Anerkennung der schwierigen Erfahrungen, die queere Menschen mit Kirche gemacht haben, ist es gut und richtig, dass wir endlich aufgehört haben, Unterschiede zu machen und allen, die in Liebe und Verantwortung füreinander das Leben teilen, Gottes Segen zusprechen.“
Raus aus der Nische in ein weites Feld des Glaubens
Dass Leute wie der Prodekan, verheiratet, ein Kind, ein Enkelkind, die Sache unterstützen, ist Pfarrerin Anne Kampf, Evangelische Bethaniengemeinde, Frankfurter Berg, wichtig. Die 45-Jährige, die sich seit Langem, auch in ihrer Zeit noch als Journalistin, für Lesben und Schwule in der Kirche engagiert hat, sagt: „Ich wünsche mir, dass es einfach ganz normal ist, lesbisch oder schwul oder trans zu sein.“ Und sie sagt auch: „Ich habe keine Lust, immer das Regenbogenkäppchen anzuziehen.“ In ihrer Gemeinde sei es glücklicherweise selbstverständlich, dass sie zu Veranstaltungen mit ihrer Partnerin komme.
Die heutige Bethanienpfarrerin dockte vor Jahren, noch als Nichttheologin, bei der Projektgemeinde an, die sich regelmäßig in der evangelischen Gethsemanekirche im Nordend trifft. Die Projektgemeinde bietet vor allem Menschen mit LGBTI-Hintergrund, die aus konservativen protestantischen Gemeinden und Gemeinschaften kommen, eine Alternative. Alexander Ketterl, 51, gehört zu denen, die hier beheimatet sind. Er sagt, „wir arbeiten hier außerhalb der Strukturen“. Evangelisch, freikirchlich geprägt, einige sind katholisch, für ganz unterschiedliche LGTBI-Leute ist dies die richtige Form, ihr Christentum zu leben. Er hat sich für zehn Jahre von gemeinschaftlicher Glaubenspraxis ferngehalten, „an Gott habe ich diese zehn Jahre festgehalten“.
2023 – ein bedeutsames Jahr: Schuldbekenntnis
Markus Gößling, 53, hat in der Projektgemeinde gleichfalls seinen Platz gefunden. Er hat hier erlebt: „Es gibt die Möglichkeit einer geistlichen Heimat.“ Im Gespräch mit Ketterl und Gößling ist die Rede von Verzweiflung darüber, den Glauben nicht leben zu können, in der Jugend beispielweise auch in der bayerischen Landeskirche. Ketterl hat es auch mit einer Heilungsgruppe probiert, die eine christliche Organisation angeboten hat. Er hat sich danach für zehn Jahre von gemeinschaftlicher Glaubenspraxis ferngehalten, „an Gott habe ich diese zehn Jahre festgehalten“.
Nulf Schade-James weiß um die Schuld der christlichen Kirche, „Wir sind ja die Mitverursacher“ der Traumata, der Diffamierungen – neben anderen Religionen. Deshalb sei es für Christ*innen so wichtig mitzulaufen am 15. Juli, Präsenz zu zeigen. 2023 ist für den seit langem offen schwul lebenden Pfarrer Schade-James ein bedeutsames Jahr. Im April hat die Evangelische Kirche in Hessen und Nassau (EKHN) ein Schuldbekenntnis verabschiedet, dieses Mal bringt die Frankfurt-Offenbacher Kirche erstmals einen Truck auf den Weg am CSD.
Gößling und Ketterl werden neben dem Truck herlaufen, das passt für sie zum Stil der Projektgemeinde. An dem Stand christlicher Initiativen aus Rhein-Main werden alle vertreten sein. Beratung, Austausch, Debatte, ein Quiz, und „erstmals auch Segen“ wird es dort am Rande der Zeil geben. „Ich freue mich jedes Jahr darauf, am Stand Leute zu treffen“, sagt Pfarrerin Anne Kampf.
Gottesdienste zum CSD 2023 in Frankfurt
Freitag, 14. Juli, 19 Uhr, Ökumenischer Eröffnungsgottesdienst zum CSD der christlichen LGBTIQA+-Gruppen aus Rhein-Main in der katholischen Sankt Leonhardskirche, Am Leonhardstor 25, Nähe Eiserner Steg
Samstag, 15. Juli, 18 Uhr, CSD-Gottesdienst der Projektgemeinde Frankfurt in der Gethsemanekirche, Eckenheimer Landstraße 90, Nordend (mit anschließendem Buffet und Tombola)
Sonntag, 16. Juli, 10 Uhr, Friedenskirche, Frankenallee 150, F-Gallus, Gottesdienst zum CSD mit der stellvertretenden EKHN-Kirchenpräsidentin Ulrike Scherf
Sonntag, 16. Juli, 16 Uhr, Ökumenischer CSD-Gottesdienst zum Gedenken für die an AIDS Verstorbenen im katholischen Dom Sankt Bartholomäus.
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