Resolution zur Flüchtlingspolitik
Gegen Glaubensprüfungen durch den Staat und für Integration
Quelle: Sarah KieferDie Frühjahrssynode 2017 in Frankfurt am Main04.05.2017 vr Artikel: Download PDF Drucken Teilen Feedback
Wortlaut der Resolution
Gegen Glaubensprüfungen durch den Staat und für eine Integration, die den Namen verdient
Resolution der Zwölften Kirchensynode der EKHN zur aktuellen Flüchtlingspolitik
bei der 3. Tagung vom 4.–6.5.2017 in Frankfurt am Main
Mit Sorge und Unverständnis nimmt die Synode die Entwicklung der politischen Debatten über Flüchtlinge und das behördliche Handeln im Wahlkampfjahr 2017 wahr. Zunehmend stehen Abschiebung und Rückkehr im Vordergrund. Zudem sind zuletzt auch religiöse Kernfragen wie die Bedeutung der Taufe berührt worden. Wir fordern die politisch Verantwortlichen in der Bundes- und Landespolitik dazu auf, ihr Hauptaugenmerk wieder auf die dringend notwendige Integration neu Ankommender in einer vielfältiger werdenden Gesellschaft zu legen. Dazu sind aus Sicht der Synode vier Aspekte grundlegend.
1. Kirchliches Handeln respektieren: Keine „Glaubensprüfung“ durch staatliche Stellen
Die Synode protestiert aufs Schärfste dagegen, dass bei Asylanträgen die Taufe von Flüchtlingen in evangelischen Kirchengemeinden zunehmend als asyltaktische Entscheidung bewertet wird. Dabei prüft zeitweise das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) durch Befragungen etwa nach der Anzahl der Gottesdienstbesuche die Verbindlichkeit der Entscheidung, zum evangelischen Glauben überzutreten. Die Gemeinden der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau (EKHN) richten sich bei Taufbegehren nach der Handreichung der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) „Zum Umgang mit Taufbegehren von Asylsuchenden“ (2013). An der Entstehung war das BAMF beteiligt. Danach und nach der Lebensordnung der EKHN erfolgen Erwachsenentaufen grundsätzlich nur nach einer ausführlichen Unterweisung.. Eine generelle „Prüfung“ des aus der Taufe hervorgehenden Glaubens ist nach evangelischem Verständnis nicht möglich. Sie verstößt überdies gegen Art. 4 Abs. 1 des Grundgesetztes zur Unverletzlichkeit und Freiheit des Glaubens.
Konkrete Forderung:
· Die Synode fordert das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) auf, die Taufe und ihre kirchliche Verbindlichkeit zu achten und auf fragwürdige „Glaubensprüfungen“ zu verzichten.
2. Recht auf Familie für alle gewährleisten: Familienzusammenführung ermöglichen.
Das in Artikel 6 Grundgesetz verankerte Grundrecht auf Zusammenleben der Familie ist elementar und darf nicht bestimmten Gruppen hier lebender Menschen vorenthalten werden. Derzeit dürfen Flüchtlinge mit dem sogenannten subsidiären Schutz nicht vor März 2018 ihre Familienangehörigen nach Deutschland holen. Betroffen davon sind vor allem Menschen aus Syrien. Diese restriktiven Regelungen führen dazu, dass zurück gebliebene Familienangehörige sich immer öfter, sogar mit kleinen Kindern, auf die lebensgefährlichen Fluchtrouten über das Mittelmeer begeben. Zudem erschweren verhinderte Familienzusammenführungen die Integration.
Konkrete Forderungen:
· Die Synode fordert die Familienzusammenführung sofort auch beim subsidiären Schutz zu ermöglichen.
· Die Synode fordert die zügige Visaerteilung für nachzugsberechtigte Familienangehörige im Ausland.
3. Existierende Gefahren ernst nehmen: Abschiebungen nach Afghanistan beenden.
Die Sicherheitslage in Afghanistan ist prekär und unvorhersehbar und verschlechtert sich ständig dramtisch. Die Menschenrechtslage bleibt besorgniserregend.
Angesichts dieser realen Gefahrenlage sind Abschiebungen nach Afghanistan nicht verantwortbar.
Konkrete Forderungen:
· Die Synode fordert einen sofortigen Erlass eines Abschiebungsstopps für afghanische Flüchtlinge.
· Die Synode fordert die Beendigung aller Maßnahmen, die zur Entmutigung und Verunsicherung afghanischer Asylsuchender führen.
· Die Synode fordert die Öffnung der Integrationsangebote für afghanische Asylsuchende, die ihnen wegen angeblich schlechter Bleibeperspektive bisher verschlossen sind.
4. Recht auf Asyl verteidigen: Verschlechterung der Dublin-Verordnung verhindern.
Die von der Europäischen Kommission vorgelegten Vorschläge zur Änderung der Dublin-Verordnung („Dublin IV“) würden bei einer Umsetzung die Situation für Geflüchtete noch weiter verschärfen. So sollen unter anderem künftig auch unbegleitete minderjährige Flüchtlinge in die Länder abgeschoben werden können, über die sie nach Deutschland gekommen sind.
Konkrete Forderungen:
· Die Synode fordert die Umsetzung der Vorschläge der EU-Kommission („Dublin IV“) zur Änderung der Dublin-Verordnung zu verhindern.
· Die Synode fordert die Möglichkeit für Schwangere und Familien mit Kindern, ihr Asylverfahren in Deutschland durchführen zu können.
· Die Synode fordert die sofortige Aussetzung der Überstellungen von Schutzsuchenden nach Ungarn und Bulgarien, wo systematisch Menschenrechte verletzt werden.
Darmstadt, 4. Mai 2017 Verantwortlich: Pfarrer Volker Rahn, Pressesprecher
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