Dekanat Rodgau

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    Sonntagsschutz in Rheinland-Pfalz

    Kirchen und Gewerkschaften gegen Mainzer Marktgesetz

    Robert Babiak/pixelio.deMarkt: Kirchen und Gewerkschaften kritisieren Sonntagsöffnungen in Rheinland-Pfalz.

    In einem Brief an die Abgeordneten des rheinland-pfälzischen Landtages protestieren Kirchen und Gewerkschaften gemeinam gegen den neuen Gesetzesentwurf für Märkte und Messen.

    Mainz/Darmstadt, 27. Mai 2013. Die evangelischen Kirchen und Gewerkschaften in Rheinland-Pfalz haben gemeinsam gegen das neue Marktrecht in Rheinland-Pfalz protestiert. In einem Brief an die Abgeordneten des Mainzer Landtages appellierten sie, sich stärker für den Schutz des Sonntags einzusetzen. Der Entwurf für das neue „Landesgesetz über Messen, Ausstellungen und Märkte“ entspräche nicht der gesetzlich vorgeschriebenen Sonntagsruhe und berücksichtige den Schutz der Arbeitnehmer zu wenig.

    Sonntagsschutz ist aufgeweicht

    Die vorgesehenen Ausnahmen für Floh- und Spezialmärkte würden den Sonntagsschutz „in unerträglicher Weise“ aufweichen, heißt es in dem Schreiben an die Parlamentarier, das von dem DGB-Landesvorsitzenden in Rheinland-Pfalz, Dietmar Muscheid, dem Präses der Evangelischen Kirche im Rheinland, Manfred Rekowski, sowie den Kirchenpräsidenten der Evangelischen Kirche der Pfalz, Christian Schad, und der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau, Volker Jung, unterzeichnet ist. Nach Ansicht von Kirchen und Gewerkschaften sind vier verkaufsoffene Sonntage im Jahr auch für Märkte ausreichend. Das neue Gesetz soll voraussichtlich bis zur Sommerpause verabschiedet werden.

    Gegen "Durchökonomisierung" des Lebens

    Mit ihrer gemeinsamen Initiative wollen Gewerkschaften und evangelische Kirche auch der „Durchökonomisierung unserer Kultur“ im Interesse der Menschen Grenzen setzten. Sie kritisierten den Entwurf auch, weil in ihm der Begriff Spezialmärkte nicht klar definiert sei und Veranstaltern einen zu großen Interpretationsspielraum lasse. Dies könne den örtlichen Einzelhandel bedrohen. Zudem sei die Genehmigung von Märkten auf Ebene der Kommunen problematisch. Bei 161 Verbands- und 14 Einzelkommunen in Rheinland-Pfalz könne die Ausnahme von der Sonntagsöffnung so überregional betrachtet zum Regelfall werden.

    Verantwortliche vor Ort stärker einbeziehen

    Gewerkschaften und Kirchen regen an, dass vor Erlass einer Rechtsverordnung, die einen Marktsonntag regional festlegt, zumindest auch die maßgeblichen kirchlichen Stellen, die zuständigen Gewerkschaften, Arbeitgeber- und Wirtschaftsverbände, die jeweilige Industrie- und Handelskammer sowie die Handwerkskammer gehört werden. Eine solche Bestimmung würde dann auch der Regelung des Ladenöffnungsgesetzes entsprechen, das dem vorliegenden Gesetzentwurf in Teilen als Vorlage gedient hat.

      

    - Dokumentation: -  
    Der Text des Briefes zum Landesgesetz an die Abgeordneten im Wortlaut

    (Anrede),
    bei der Spitzenbegegnung von Evangelischen Kirchen und Gewerkschaften in Rheinland-Pfalz am 17. April 2013 haben wir uns mit dem Entwurf des Landesgesetzes über Messen, Ausstellungen und Märkte (LMAMG) beschäftigt und beschlossen, Ihnen, den Abgeordneten des rheinland-pfälzischen Landtages, in dieser Sache unsere Einschätzung zu übermitteln.

    Gemeinsam lehnen wir eine weitere Aufweichung des Sonntagsschutzes ab. Das hohe Verfassungsgut des Sonntagsschutzes erinnert die ganze Gesellschaft daran, dass Leben mehr ist als Konsum und Erwerbsarbeit. Die christliche Tradition des arbeitsfreien Sonntags hat das religiöse, soziale und kulturelle Leben unserer Gesellschaft nachhaltig geprägt. Deshalb bestimmt das Grundgesetz für die Arbeit an Sonn- und Feiertagen ein Regel-Ausnahme-Verhältnis. Dieser grundgesetzlich vermittelte Schutz der Arbeitsruhe an Sonn- und Feiertagen wird durch die rheinland-pfälzische Landesverfassung noch verstärkt. Denn darin werden der religiöse Gehalt der Arbeitsruhe und das Prinzip der Arbeitsruhe als solches noch stärker betont als im Grundgesetz oder in anderen Landesverfassungen. Damit werden der Durchökonomisierung unserer Kultur deutlich Grenzen gesetzt im Interesse der Menschen.

    Vier verkaufsoffene Sonntage müssen genug sein! Mit einer Begrenzung der Marktgenehmigung auf die in Rheinland-Pfalz möglichen verkaufsoffenen Sonntage könnte das Ziel erreicht werden, dem auch nach Auffassung des Gesetzgebers „erkennbaren Wildwuchs von sonntäglichen Veranstaltungen Einhalt zu gebieten“. Eine zusätzliche Öffnung für Flohmärkte und sogenannte „privilegierte Spezialmärkte“ dagegen weicht den Sonntagsschutz in unerträglicher Weise auf, denn: Eine Genehmigungsfähigkeit für solche Märkte auf der Ebene von Einzelkommunen durchbricht bei 161 Verbandsgemeinden mit im Schnitt 14 Einzelkommunen nicht nur das verfassungsmäßig gebotene Regel-Ausnahme-Verhältnis, sondern stellt es geradewegs auf den Kopf.

    Dazu kommt, dass sogenannte „privilegierte Spezialmärkte“ im Gesetzentwurf nicht klar definiert sind. Das führt nicht nur dazu, dass Phantasie und Erfindungsreichtum im Blick auf genehmigungsfähige privilegierte Spezialmärkte angeregt werden, sondern möglicherweise auch dazu, dass Güter des täglichen Bedarfs zum Verkauf kommen, die damit in Konkurrenz zum örtlichen Einzelhandel geraten, der an diesem Marktsonntag nicht öffnen darf – oder sich am privilegierten Spezialmarkt beteiligen muss.

    Ein Gesetz zur Regelung von Märkten hat auch den Schutz der Arbeitnehmer hinreichend zu berücksichtigen und zu wahren. Mit Blick auf die physische und psychische Gesundheit von Beschäftigten spielen dabei der Schutz vor überlangen Arbeitszeiten und der Schutz vor unnötiger Sonn- und Feiertagsarbeit eine wichtige Rolle. Gewerbliche Marktbetreiber und -ausrichter werden zwangsläufig Mitarbeitende in Beschäftigungsverhältnissen einstellen. Hier ist jedoch das Arbeitszeitgesetz zu beachten, das im vorliegenden Gesetzentwurf gänzlich unerwähnt bleibt. Dies sieht eine Beschäftigung für gewerbliche Zwecke zur Befriedigung des allgemeinen Konsums an Sonntagen nicht vor.

    Wir vertreten die Auffassung, dass die gewerbliche Durchführung eines Flohmarktes an Sonn- und Feiertagen als ein im Wesentlichen typischer werktäglicher Lebensvorgang, welcher der Sicherung des Lebensunterhalts des Veranstalters dient, in erheblichem Umfang dem Wesen dieser Tage widerspricht und daher verboten ist. Für andere Marktveranstaltungen gilt dies entsprechend. Ein bloß wirtschaftliches Umsatzinteresse der Verkaufsstelleninhaber und ein alltägliches Erwerbsinteresse („Shopping-Interesse“) potenzieller Käufer genügen nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts grundsätzlich nicht, um Ausnahmen von dem verfassungsunmittelbar verankerten Schutz der Arbeitsruhe und der Möglichkeit zu seelischer Erhebung an Sonn- und Feiertagen zu rechtfertigen.

    Zur Modifikation des vorliegenden Gesetzentwurfes regen wir an, dass vor Erlass einer Rechtsverordnung, die einen Marktsonntag festlegt, zumindest auch jeweils die zuständigen kirchlichen Stellen sowie die zuständigen Gewerkschaften, Arbeitgeber- und Wirtschaftsverbände und die jeweilige Industrie- und Handelskammer sowie die Handwerkskammer gehört werden. Eine solche Bestimmung würde dann auch der Regelung des Ladenöffnungsgesetzes entsprechen, das dem vorliegenden Gesetzentwurf in Teilen als Vorlage gedient hat.

    Schließlich sollte auf jeden Fall über die in § 21 Abs. 3 LMAMG vorgesehene Überprüfung der Auswirkungen des Gesetzes und die hier vorgesehene Berichtspflicht der Landesregierung gegenüber dem Landtag eine nicht nur einmalige, sondern regelmäßige, kriteriengeleitete Evaluation der Auswirkungen des Gesetzes vorgesehen werden.

    (Grußformel / ENDE)

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