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    Urteil zum Kirchenasyl

    „Kirchenvorstände und Flüchtlinge werden kriminalisiert“

    sasar/istockphoto.com

    Das Urteil des Oberlandesgerichts München zum Kirchenasyl ruft Kritik in der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau hervor. Der Leiter der Abteilung Flucht, Interkulturelle Arbeit und Migration, Andreas Lipsch, sagt: „Wichtiger als Flüchtlinge und Kirchenvorstände zu kriminalisieren, wäre es, Kirchenasyle zu vermeiden.“

    Das Kirchenasyl bietet nach Auffassung des Oberlandesgerichts München keinen rechtlichen Schutz vor einer Abschiebung. Im konkreten Fall ging es um einen Nigerianer, der im Kirchenasyl auf einen Aufenthaltsstatus in Deutschland hoffte und daraufhin wegen illegalen Aufenthalts angeklagt wurde. Am Ende stand zwar ein Freispruch - aber auch ein Urteil mit Strahlwirkung: Das Kirchenasyl schütze  grundsätzlich nicht vor einer Abschiebung und verbiete dem Staat auch kein Handeln, so der Vorsitzende Richter.

    Urteil mache Kirchenasyl justitziabel

    Mit diesem Urteil mache das Gericht aus einer Vereinbarung der Kirchen mit dem BAMF, die nicht mal ordentlich schriftlich festgehalten ist, ein justiziables Verfahren, kritisiert Lipsch. „Darin sehen wir ein großes Problem. Kirchengemeinden, die Kirchenasyl gewähren, tun dies, weil sie in einem Einzelfall aus guten Gründen fürchten, dass einer Person durch die Abschiebung Gefahr für Leib und Leben oder eine schwerwiegende Menschenrechtsverletzung droht.“

    Kirchengemeinden könnten sich strafbar machen

    Es sei gut, wenn das BAMF solche Fälle mit Hilfe von Dossiers noch einmal prüfe. Allerdings zeige die Erfahrung, dass die Behörde mittlerweile deutlich weniger Fälle positiv bescheide als noch zu Beginn der Vereinbarung. „Insofern kann es sein, dass eine Gemeinde ein Kirchenasyl trotz eines vom BAMF abgelehnten Dossiers aufrecht erhält. Dass solche Kirchengemeinden sich nach Auffassung des Gerichts ab dann doch strafbar machen sollen, leuchtet uns nicht ein.“ Aber jetzt warte man erstmal die ausführliche Urteilsbegründung ab.

    Kirchen gewährten nicht leichtfertig Kirchenasyl

    Lipsch ergänzt: „Nach unserer Auffassung liegt niemals eine Strafbarkeit vor, wenn Behörden eine Abschiebung nicht vollziehen. Das können sie selbstverständlich auch bei einem Kirchenasyl zu jeder Zeit, weil das Kirchenasyl eben kein eigenes Rechtsinstitut ist.“ Dass die Behörden dies in der Regel nicht tun, hätte mit der Erfahrung zu tun, dass Kirchengemeinden nicht leichtfertig Kirchenasyl gewährten und gute Gründe dafür hätten.

    Die Dublin-Verordnung sei das eigentliche Problem

    „Wichtiger als Flüchtlinge und Kirchenvorstände zu kriminalisieren, wäre es, Kirchenasyle zu vermeiden.“ Das sei das erste Anliegen der Kirchen, si Lipsch. Das eigentliche Problem sei nicht das Kirchenasyl sondern die sogenannte Dublin-Verordnung, die Schutzsuchende in andere europäische Länder zurückzwänge, in denen Ihnen Obdachlosigkeit, Misshandlungen, Menschenrechtsverletzungen und immer öfter auch Kettenabschiebungen in Länder wie Afghanistan, Iran und Irak drohten. „Wenn es diese unsägliche und in der Praxis regelmäßig nicht funktionierende Verordnung nicht mehr gäbe, wäre die große Mehrheit der Kirchenasyle hinfällig“, erklärt Lipsch.

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