Friedensbildung
Krieg und Frieden im Unterricht
Erika von BassewitzWolfgang Buff (Beauftragter für Friedensbildung am Zentrum Ökumene der EKHN) und Jenny Becker (En Paz) diskutieren den Friedensvertrag von Ixland23.07.2014 evb Artikel: Download PDF Drucken Teilen Feedback
„Was ist Frieden?“, fragt Anna Will die gut zwei Dutzend Teenager, die vor ihr auf den Stühlen kauern. „Frieden ist, wo Menschenrechte eingehalten werden“, sagt ein Junge. Ein anderer bemerkt: „Frieden ist, wo es keine Ungerechtigkeiten gibt“, worauf ein Dritter antwortet: „Aber es gibt immer und überall Ungerechtigkeiten und Diskriminierung!“ Über mangelnde Beteiligung können sich Anna Will und ihre Kollegin Jenny Becker von der Stiftung „En-Paz“ nicht beklagen. Mit rund 50 Oberstufenschülern haben sie gerade zwei Planspiele zur Friedensbildung durchlebt. Dabei nehmen die Schüler in Kleingruppen die Rollen verschiedener gesellschaftlicher Gruppen in einem fiktiven Staat an und verteidigen deren Interessen in Verhandlungen mit den anderen Gruppen. „Man lernt, dass es nicht so einfach ist “, erklärt die 17-jährige Selin. „Man lästert immer über die Regierung, aber so einfach haben die es auch nicht.“
Schüler sollen lernen, wie wichtig neutrale Vermittler sind
Genau darum geht es dem EKHN-Friedensbeauftragten Wolfgang Buff, der Jenny Becker und ihr Team nach Hessen-Nassau geholt hat: „Die Jugendlichen sollen in die Rolle hinein fühlen. Dann merken sie, wie sie in ihren Denkschemata ihrer Position gefangen sind und wie sich Fronten verhärten, so dass die Diskussionen gar nicht mehr objektiv geführt werden.“ Dadurch würden sie auch lernen, wie wichtig neutrale Vermittler und Verhandlungen auf neutralem Boden seien.
Junge Menschen sollen sich mit Krieg auseinandersetzen
Der Beauftragte für Friedensbildung vom Zentrum Ökumene der EKHN findet es wichtig, dass sich junge Menschen mit dem Thema Krieg – und Frieden – bewusst auseinandersetzen. „Das war der positive Effekt der Wehrpflicht: Die jungen Menschen mussten sich mit ihrem persönlichen Verhältnis zu Gewalt auseinandersetzen und die Gewissensfrage diskutieren.“ Die Mütter und Freundinnen waren nach seinen Angaben meist besser informiert als die Wehrpflichtigen selbst.
Hinzu komme die zunehmende Präsenz der Bundeswehr an Schulen, deren Referenten Vorträge in Schulklassen halten und Fragen beantworten. Organisationen wie En-Paz, deren Name auf Spanisch „In Frieden“ bedeutet, wollten ein Gegengewicht zur Bundeswehr an Schulen bilden. „Es gibt offenbar einen Mangel an Demokratie- und Politikwissen bei den Schülern“, erklärt die Friedens- und Konflikttrainerin Becker. Lehrerinnen und Lehrer der Fächer Politik, Religion, Ethik, Geographie und Geschichte laden Becker und ihre Kollegen seit 2011 bundesweit ein, um die Planspiele durchzuführen.
Die Planspiele sind kostenlos
In dieser und der kommenden Woche hat sie 15 Termine an Schulen in Hessen und Nassau. Ein Spiel dauert in der Regel zwei bis drei Zeitstunden. „Oft können die Lehrer auch an ihre regulären Unterrichtsinhalte anknüpfen,“ betont Becker. Manche Spiele wie „Der letzte Diktator“ eigneten sich eher für Neuntklässler, andere, wie „Krieg in Ixland - wem gehört Bergistan“ oder „Energie für Frieden“ seien für Oberstufenschüler spannender. Bei den Spielen orientiert sie sich immer an realen Konfliktsituationen, wie es sie etwa in Weißrussland, Afghanistan oder im Kosovo gegeben hat. Jedes Jahr kommt ein neues Spiel hinzu. Derzeit arbeitet sie mit Planspiel-Experten an einem Spiel, dass die Finanzmärkte verständlich machen soll.
„Normalerweise kauft man Lizenzen für Planspiele, aber wir wollen, dass sie frei verfügbar sind“, betont Becker. Solange ein Nutzer „En-Paz“ als Urheber nenne und die Spiele zur Friedensbildung und nicht etwa für rechtsextremistische Zwecke einsetze, dürfe jeder sie herunterladen und verwenden.
Das Zentrum Ökumene will darüber hinaus ab September 2014 Lehrer und andere Multiplikatoren kostenlos darin schulen, wie sie die Planspiele richtig verwenden und mögliche Fallstricke vermeiden. Ab Herbst 2014 können Interessierte zudem die Ausstellung „Frieden geht anders!“ vom Zentrum Ökumene ausleihen. Darin wird an neun realen Konflikten aufgezeigt, wie mit gewaltfreien Methoden Kriege und kriegerische Auseinandersetzungen verhindert oder beendet werden konnten.
Diese Seite:Download PDFTeilenDrucken