Synode fordert in einer Resolution zum Flughafen auf, eigenes Mobilitätsverhalten zu überdenken und sieht Recht auf ungestörte Religionsausübung berührt
„Lärmbelastung ist unerträglich und gesundheitsgefährdend geworden“
26.04.2012 krebs Artikel: Download PDF Drucken Teilen Feedback
Darin stellt sie fest: „dass die Lärmbelastung der unter den Flugbahnen des Frankfurter Flughafens lebenden Menschen unerträglich und in nicht zu verantwortendem Maße gesundheitsgefährdend geworden ist“. Erstmals argumentiert die Synode dabei mit dem Recht auf ungestörte Religionsausübung nach Paragraf 4 Absatz 2 des Grundgesetzes. In der Resolution heißt es. dass sich „zahlreiche Kirchengemeinden in ihrem grundgesetzlich geschützten Recht auf ungestörte Religionsausübung aufgrund der Lärmbelastung eingeschränkt sehen“. Außerdem werde die grundgesetzlich geschützte Sonn- und Feiertagsruhe „in nicht hinnehmbarer Weise durch Fluglärm gestört“. Die Synode, die den Ausbau des Flughafens seit 1989 bereits mehrfach diskutiert und mit kritischen Stellungnahmen begleitet hat, bittet die Kirchenleitung, dies entweder selbst zum Gegenstand einer Klage zu machen oder „alles zu tun, damit einzelne Kirchengemeinden oder Gemeindeverbände den Klageweg gegen die Beeinträchtigung ihrer Grundrechte beschreiten können“. Die Synode fordert Schadstoffmessstationen in den betroffenen Gebieten einzurichten und spricht sich dagegen aus, das Nachflugverbot im beschleunigten Planverfahren umzusetzen. Dazu solle es eine Anhörung geben, bei der auch betroffene Gemeinden ihre Belastung darlegen können
Von den für die Luftfahrt in der Region Rhein-Main Verantwortlichen fordert die Synode eine deutliche Ausweitung des aktiven Lärmschutzes, insbesondere die Abschaffung des großräumigen Tiefflugsystems und die Einführung von Lärm minimierenden An- und Abflugverfahren sowie einen „mitweltverträglichen Flughafen mit eingeschränktem Flugverkehr als Teil eines zu entwickelnden gesamtdeutschen, sozial- und umweltverträglichen, nachhaltigen Luftfahrt- und Mobilitätskonzepts“.
Die Kirchensynode appelliert im Sinne des Apostel Paulus („Wenn ein Glied leidet, leiden alle Glieder mit.“ 1Kor.12) um die Solidarität aller Gemeinden in der Landeskirche, ganz besonders der Gemeinden, die nicht unter Fluglärm leiden“. Die Mitglieder der EKHN werden gebeten, „ihr eigenes Mobilitätsverhalten zu überdenken“.
Recht auf ungestörte Religionsausübung wird geprüft
Kirchenpräsident Dr. Volker Jung wies darauf hin, dass die Kirchenleitung bereits kirchenrechtlich überprüfen lasse, ob das Recht auf ungestörte Religionsausübung durch den Fluglärm berührt sein könnte. Das Gutachten des Kirchenrechtlichen Instituts der Evangelischen Kirche in Deutschland werde im Herbst vorliegen. Die Belastung durch Fluglärm hatte Jung auch in seinem Bericht zur Lage angesprochen. Er forderte die Situation der Betroffenen zu verbessern. Dazu zählten ein Nachtflugverbot in der Zeit von 22 bis 6 Uhr. Maßnahmen zur Reduzierung des Fluglärms aus dem Anti-Lärm-Pakt müssten konsequent und schneller umgesetzt werden. Dazu zählten Lärm mindernde An- und Abflugverfahren, Schalldämmung von Häusern und Wohnungen und besondere Maßnahmen für Krankenhäuser, Altenheime, Schulen, Kindertagesstätten. Dringend erforderlich sei es, am Tag Lärmobergrenzen und höhere Überflughöhen festzulegen.
Über Wirtschaftswachstum neu nachdenken
Jung forderte auch, im Zusammenhang mit dem Flughafen den eigenen Lebensstil und insbesondere das eigene Mobilitätsverhalten zu überdenken. Es sei „hochproblematisch, auf permanente Expansion zu setzen“. Das zeige der Ausbau des Flughafens, dessen Folgen erst am Anfang stünden. „Es ist um der Menschen und dieser Welt willen nötig, Grenzen zu erkennen und anzuerkennen.“ sagte Jung.
Resolution im Wortlaut zum Thema „Lärmbelastung durch Flugverkehr“
Die Kirchensynode der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau (EKHN) stellt fest, dass die Lärmbelastung der unter den Flugbahnen des Frankfurter Flughafens lebenden Menschen unerträglich und in nicht zu verantwortendem Maße gesundheitsgefährdend geworden ist.
Die Kirchensynode stellt fest, dass sich zahlreiche Kirchengemeinden der EKHN in ihrem grundgesetzlich geschützten Recht auf ungestörte Religionsausübung aufgrund der Lärmbelastung eingeschränkt sehen. Ebenfalls sehen sie die grundgesetzlich geschützte Sonn- und Feiertagsruhe in nicht hinnehmbarer Weise durch Fluglärm gestört. Verweisend auf zahlreiche Stellungnahmen und Beschlüsse der Kirchensynode und der Kirchenleitung seit Beginn der Mediation (1998) und insbesondere gemäß ihren Beschlüssen vom April 2008 und Mai 2011 bittet die Kirchensynode die Kirchenleitung, bei der hessischen Landesregierung darauf zu dringen, dass die Umsetzung des Nachtflugverbots nicht im beschleunigten Planverfahren erfolgt. Vielmehr soll eine Anhörung erfolgen, bei der auch die
betroffenen Gemeinden darlegen können, dass und wie sie in besonderer Weise durch Fluglärm belastet sind. Weiterhin wird die Kirchenleitung gebeten, alles zu tun, damit einzelne Kirchengemeinden oder Gemeindeverbände der EKHN den Klageweg gegen die Beeinträchtigung ihrer Grundrechte beschreiten können. Dazu gehören u.a. ausreichende juristische und finanzielle Hilfen und die umfassende theologische Beantwortung der Frage, welche Handlungen im Rahmen des kirchlichen Bezugssystems religiöser Natur sind und wie und in welchem Ausmaß sie durch den Fluglärm gestört werden. Die Kirchensynode bittet die Kirchenleitung zu prüfen, ob die Gesamtkirche selbst Klage gegen die Verursacher bzw. Verantwortlichen des vom Betrieb des Frankfurter Flughafens ausgehenden Lärms erheben kann, und erbittet zu ihrer nächsten Tagung im November 2012 einen entsprechenden Bericht.
Zwecks Reduzierung der Lärmbelastung fordert die Kirchensynode von allen für die Luftfahrt in der Region Rhein-Main Verantwortlichen eine deutliche Ausweitung des aktiven Lärmschutzes, insbesondere:
- die Abschaffung des großräumigen Tiefflugsystems und die Einführung von Lärm
minimierenden An- und Abflugverfahren
- einen mitweltverträglichen Flughafen mit eingeschränktem Flugverkehr als Teil eines zuentwickelnden gesamtdeutschen, sozial- und umweltverträglichen, nachhaltigen Luftfahrt- und Mobilitätskonzepts.
Zwecks Reduzierung der Schadstoffbelastung fordert die Kirchensynode Schadstoffmessstationen in den betroffenen Gebieten einzurichten.
Die Kirchensynode bittet die Kirchenleitung, die Haltung der Kirchensynode der Fraport AG und ihren größten inländischen Anteilseignern (Land Hessen, Stadt Frankfurt am Main, Deutsche Lufthansa AG) sowie den Landesregierungen von Hessen und Rheinland-Pfalz und der Deutschen Flugsicherung GmbH (und deren Eigentümerin, der Bundesrepublik Deutschland) umgehend zu übermitteln.
Die Kirchensynode bittet alle Mitglieder der EKHN um eine der Weisung des Apostels Paulus entsprechende Haltung: „Wenn ein Glied leidet, leiden alle Glieder mit“ (1. Kor. 12). Gefragt ist Solidarität aller Gemeinden in der ganzen Region, ja in der ganzen Landeskirche, ganz besonders der Gemeinden, die nicht unter Fluglärm leiden. Ebenso bittet die Kirchensynode die Mitglieder der EKHN, ihr eigenes Mobilitätsverhalten zu überdenken.
Verantwortlich: gez. Pfarrer Stephan Krebs, Pressesprecher
Diese Seite:Download PDFTeilenDrucken