Dekanat Rodgau

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    Lichtkirche und Notfallseelsorge auf der IAA

    „Mit Bratwurst geht niemand in die Kirche“

    EKHNLichtkirche auf der IAA 2013

    Im Messegetümmel der IAA in Frankfurt wirkt die Lichtkirche wie eine kleine Oase. „So ganz still ist es hier nicht, ich höre noch was von draußen, aber es ist ein gutes Gefühl, in der Lichtkirche zu sein“, erzählt eine Besucherin. Notfallseelsorger berichten vor Ort, wie sie Menschen helfen.

    EKHNTeam der Lichtkirche mit Kirchenpräsident Jung (3.v.r.) und einem Oldtimer für den guten Zweck.

    In den Hallen der Internationalen Automobilausstellung in Frankfurt drängten sich am ersten Publikumswochenende rund 300000 Menschen, um aerodynamische Sportwagen, kompakte SUVs oder High-Tech-Elektrofahrzeuge aus nächster Nähe zu sehen und die im Scheinwerferlicht glänzenden Kreationen der Designer-Schmieden mit Kamera oder Smartphone festzuhalten. Aber auch draußen vor der Tür kommen abseits der fein polierten Karossen immer mehr Menschen ins Staunen. Auf dem Areal zwischen Halle 9 und 10 halten viele IAA-Besucher für einen Moment inne und schauen erstaunt zu einem rund acht Meter hohen ungewöhnlichen Bauwerk mit auffälligem Spitzdach auf.

    Irritationen auslösen

    "Unsere Lichtkirche löst bei den Menschen auf den ersten Blick Irritationen aus, aber positive", sagt Pfarrer Andreas Mann von der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau (EKHN). Die Landeskirche in Darmstadt geht nach ihrer erfolgreichen Premiere bei der IAA vor zwei Jahren erneut auf die Menschen zu und hat bis zum 22. September bei der "automobilsten Show der Welt" ihre mobile Lichtkirche aus Holz, Stahl und Acrylglas platziert. "Wir möchten den Messebesuchern der IAA einen Ort der Besinnung, des Gesprächs und des Gebets geben", sagt Dr. Volker Jung. Der Kirchenpräsident der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau wünscht sich, dass die Menschen ihr Verhältnis zum Auto kritisch hinterfragen und mehr Sensibilität für den Umweltschutz entwickeln. Die Ressourcen der Schöpfung sollten verantwortlich genutzt werden, meint auch Peer-Detlev Schladebusch, Pastor der Evangelisch-Lutherischen Landeskirche Hannover, der mit dem bundesweiten Interessenverband "Christen in der Automobilindustrie" bei einer Andacht in der Lichtkirche zu Gast war.

    Oase im Getümmel

    Im Messegetümmel wirkt die Lichtkirche wie eine kleine Oase. "So ganz still ist es hier nicht, ich höre noch was von draußen, aber es ist ein gutes Gefühl, in der Lichtkirche zu sein." Bettina Plath sitzt auf einem roten Hocker vor dem hölzernen Altar des hellen Gotteshauses. Sie lauscht den Harfenklängen, die einen Kontrapunkt zu den wummernden Bässen der rockigen Songs am Rennauto-Simulator in der Nachbarschaft setzen. Ihre beiden Töchter Pauline (5) und Josephine (8) turnen auf den kleinen Sitzgelegenheiten herum. Neben ihr steht Michael Günter mit einer Tasche in der Hand und lässt seinen Blick durch die 14 Meter lange Lichtkirche mit den beleuchteten fast durchsichtigen Außenwänden schweifen. "Wir sind hier her gekommen, um den Kindern mal für einen Moment eine Auszeit in diesem Trubel zu schenken", sagt die Frau aus Mörfelden-Walldorf, die den Moment selbst genießt. "Diese Kirche ist schon was Besonderes", meint Michael Günter und erzählt, dass er schon als Kind auf der IAA gewesen sei. Die Familie suche bei ihrem Besuch kein neues Auto, vielmehr möchte er den Töchtern gern zeigen, wie die Welt aussehe. Das Spektakel der IAA gehöre dazu. Und jetzt auch die Lichtkirche.

    Lichtkirche ist auffällig

    Wenn die Besucher der IAA sich dem bei zwei Architekturwettbewerben preisgekrönten Bauwerk nähern, gehen sie zunächst über den vier Meter langen stufenlosen Holzbodensteg und bleiben dann für einen Moment wie vor einer imaginären Schwelle am Eingang des Gotteshauses stehen. "Die Leute merken schon, dass sich um einen Kirchenraum handelt. Mit einer Bratwurst in der Hand geht da niemand rein", so die Erfahrung von Stephan M. Geller vom Bistum Limburg. Der 54-Jährige arbeitet wie sein Kollege Andreas Mann in der ökumenischen Notfallseelsorge. Rund 600 Fachleute des Bistums Limburg und der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau helfen seit 25 Jahren Menschen in akuten Notsituationen und betreuen Angehörige bei schweren Unfällen mit Todesfolge. In der Lichtkirche berichten die Männer und Frauen, dass sie pro Jahr zu rund 1700 Einsätzen gerufen werden und sie erzählen von ihrer ehrenamtlichen Arbeit, die Geschichten mitten aus dem Leben schreibt.

    Erfolgsmodell Notfallseelsorge

    Der Erfolg der Notfallseelsorge bringt nach Darstellung von Stephan M. Geller auch ein Problem mit sich. "Wir werden immer häufiger alarmiert." Mehr Einsätze bedeuteten mehr Personal, doch das sei knapp. Da die in Not geratenen Menschen von der Polizei oder den Rettungskräften gefragt werden, ob sie mit einem Seelsorger sprechen möchten, "sind wir auch immer willkommen", sagt Dr. Margrit Juraszyk. Sie arbeitet seit einigen Jahren im Team der Notfallseelsorger. Die 73-jährige Zahnärztin hat die Erfahrung gemacht, dass die Menschen für die Unterstützung immer dankbar seien. Daraus schöpfe sie die Kraft für die anstrengenden Einsätze.

    Energie auftanken

    Um Energie aufladen geht es auch auf der IAA. Nicht nur bei den neuen Elektrofahrzeugen wie i3 & Co. Die Lichtkirche präsentiert sich im Trubel der Messe als eine Art Rastplatz mit imaginärer Tankstelle. "Die Menschen sind eingeladen, bei uns innezuhalten", sagt der Wiesbadener Notfallseelsorger Andreas Mann. Die Besucher des spirituellen Erlebnisraumes können zwischen Altar und Glockenturm bei Gesprächen, Gebeten oder Gesang zur Besinnung kommen. Die EKHN sieht sich nach Darstellung von Pfarrer Wolfgang H. Weinrich., Projektleiter der Lichtkirche, thematisch in vielerlei Hinsicht mit der IAA verbunden. Die Kirche begleite die Menschen wie ein Navigationsgerät auf ihrem Weg und sie gebe Antworten auf die Frage nach Standort und Ziel. Der Glaube könne helfen, wenn es auf der Strecke Hindernisse gebe, man in einem Stau festsitze oder gar von der Straße abgekommen sei, so Weinrich.

    Autobahnkirchen als Vorbild

    Mehr als eine Million Menschen pro Jahr nehmen auf ihrer Fahrt auch mal den Gang raus und gehen vom Wagen direkt in ein Gotteshaus. Die deutschlandweit 40 Autobahnkirchen entlang der mehrspurigen Asphaltpisten zählen immer mehr Besucher, die für einen Moment das Tempo drosseln und auf ihrer Reise einen Rückzug in der Stille suchen. In der Lichtkirche erfahren die Gäste der IAA von der Akademie Bruderhilfe-Pax-Familienfürsorge mehr über die Angebote der Autobahnkirchen und darüber, was die Menschen in das dort ausliegende "Anliegenbuch" schreiben.

    Mercedes für den guten Zweck

    Die Themen Kirche und Mobilität begegnen sich auch in einem neben der Lichtkirche platzierten Mercedes Ponton 180 Db, Baujahr 1960. Das einst marode Fahrzeug wurde in einem generationsübergreifenden Projekt des Dekanats Gießen restauriert und soll jetzt bei einer Versteigerung laut Wertgutachten mindestens 11000 Euro bringen. Das Geld will die EKHN für die Partnerkirche in Nordindien spenden.

    Mehr Informationen: www.lichtkirche.de

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