Dekanat Rodgau

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    Reichspogromnacht

    Neu aufgebaut: Synagoge in Darmstadt

    Jüdische Gemeinde DarmstadtSynagoge in DarmstadtInzwischen 25 Jahre alt - die Synagoge in Darmstadt.

    Vor 75 Jahren, am 9. November 1938, zündete ein brauner Mob in ganz Deutschland Synagogen an und zerstörte jüdische Geschäfte. Auch in Darmstadt. 50 Jahre später wurde dort eine neue Synagoge eingeweiht, bezahlt von der Stadt und vielen Spendern.

    [Evangelische Sonntags-Zeitung] „Danken Sie nicht“, rief der damalige Darmstädter Oberbürgermeister Günther Metzger (SPD) bei der Einweihung der Synagoge am 9. November 1988 der jüdischen Gemeinde zu. „Wir haben drei Synagogen zerstört, heute geben wir eine zurück.“

    Der Weg dahin war lang und mühevoll, das Projekt der Bürgerinitiative „Synagoge 88“ auch unter Juden nicht unumstritten. Schließlich stand damals noch in der Satzung der kleinen jüdischen Gemeinde, dass man die Auswanderung aus Deutschland unterstütze. Erst 1986, nach Baubeginn der Synagoge, sei der Passus gestrichen worden, berichtete das Darmstädter Echo vor einigen Jahren. Der Gemeindevorsitzende Moritz Neumann beschrieb den Sinneswandel bei der Einweihung so: „Wer ein Haus baut, will bleiben.“

    Neue Synagoge zum Jahrestag der Pogromnacht

    Die Idee, dass die Stadt zum 50. Jahrestag der Reichspogromnacht eine neue Synagoge errichten solle, stammte von dem SPD-Stadtverordneten Rüdiger Breuer und seiner Frau Sigrid. Der blinde Journalist, der seinerzeit für die Frankfurter Rundschau aus Darmstadt berichtete, „verstand nie, warum das offizielle Darmstadt am 9. November eines jeden Jahres des Judenpogroms gedachte, ohne sich die nahe liegende Frage zu stellen, ob es nicht an der Zeit sei, der jüdischen Gemeinde unserer Stadt eine Synagoge zu bauen und ihnen damit zurückzugeben, was Darmstädter einst zerstört hatten.“ So umreißt Metzgers Nachfolger Peter Benz (SPD) die Motive Breuers.

    Kritische Stimmen wandten auch ein, dass es doch wohl übertreiben sei, für die mit damals nur 130 Mitglieder zählende jüdische Gemeinde einen zehn Millionen Mark (fünf Millionen Euro) teuren Bau zu errichten. „Erst bringen wir sie um, und dann werfen wir ihnen vor, dass sie so wenige sind“, wies Breuer, nach dem heute der Gemeindesaal neben der Synagoge benannt ist, solche Einwände zurück.

    Spender und Stadt sammeln Geld für Neubau

    Nach dem einstimmigen Beschluss der Stadtverordneten für den Bau lud die Stadt fünf jüdische Architekten zu einem Wettbewerb ein, aus dem der Frankfurter Alfred Jacoby als Sieger hervorging. Sein Entwurf sei eine „hervorragend gelungene Kombination aus Tradition und Moderne“, lobte die Allgemeine Jüdische Wochenzeitung. Zuvor war noch ein Grundstückstausch nötig. Weil einem Neubau auf dem Gelände der jüdischen Gemeinde im beschaulichen Paulusviertel das Baurecht entgegenstand, stellte die Stadt im Gegenzug einen Bauplatz in der ebenfalls ruhigen, aber näher zur Innenstadt gelegenen Wilhelm-Glässing-Straße zur Verfügung.

    Breuers Bürgerinitiative trug in einer beispiellosen Kampagne, zu der auch ein Benefiz-Konzert des Geigers Yehudi Menuhin gehörte, rund 300.000 Mark (150.000 Euro) zusammen, die für die künstlerische Ausgestaltung der Synagoge gedacht waren. Zwölf jeweils sechs Meter hohe Buntglasfenster des britischen Glaskünstlers Brian Clarke prägen den Raum und sollen daran erinnern, dass am 9. November 1938 als erstes die Fenster der jüdischen Bauten zerbarsten.

    Steigende Mitgliederzahlen in jüdischer Gemeinde

    Die Mitgliederzahl der jüdischen Gemeinde in Darmstadt hat sich in den 25 Jahren des Bestehens der neuen Synagoge auf gut 650 verfünffacht. Zu Beginn der Nazizeit hatten noch 3.300 Juden in Darmstadt gelebt.

    Wie schwer die Last dieser Geschichte die vom Bombenhagel schwer zerstörte Stadt noch immer drückt, zeigte sich noch einmal vor zehn Jahren. Damals tauchten bei Bauarbeiten für ein neues Klinikgebäude Fundamente der 1938 zerstörten liberalen Synagoge in der Bleichstraße auf.

    Deren Mauerreste waren in der Nachkriegszeit von Planierraupen schamhaft zusammengeschoben worden und überbaut worden. Es bedurfte des Machtworts des damaligen Oberbürgermeisters Peter Benz für einen Baustopp, dass dies kein zweites Mal geschah. Heute sind die Überbleibsel des einstigen Prachtbaus als Mahnmal in das Klinikgebäude integriert. Dass dies den Bau um rund eine Million Euro verteuerte, war es der Stadt wert.

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