EKD-Ratsvorsitzender
Nikolaus Schneider kündigt Rückzug an
EKDNikolaus Schneider, Vorsitzender des Rates der EKD30.06.2014 red Artikel: Download PDF Drucken Teilen Feedback
Seit 2010 ist Nikolaus Schneider oberster Repräsentant von 23,4 Millionen evangelischen Christen in Deutschland. Seine Entscheidung begründete er gegenüber dem Rat der EKD: „Die Begleitung meiner an Krebs erkrankten Frau macht diesen Schritt unerlässlich. Unserem gemeinsamen Weg will ich alle Zeit widmen. Dieser Wunsch ist mit meinen EKD-Ämtern nicht zu vereinbaren.“ Anne und Nikolaus Schneider sind seit 1970 verheiratet.
Persönliche Erklärung zum Rückzug aus dem Amt des Ratsvorsitzenden der EKD zum 10. November 2014:
Bei meiner Frau wurde letzten Mittwoch eine Krebserkrankung diagnostiziert, die am Donnerstag durch Laborergebnisse bestätigt wurde. Anne leidet an Brustkrebs. Auch das Lymphsystem ist befallen. Noch in dieser Woche werden die Therapien beginnen. Mit Chemo, OP, Bestrahlungen. Außerdem wird abgeklärt, ob weitere Organe befallen sind. Meine Frau fühlt sich medizinisch in besten Händen.
Wie auch immer das ausgeht: wir haben ein schweres Jahr vor uns. Während der nun beginnenden intensiven Therapien will ich für Anne da sein. Und so viel Zeit wie möglich mit ihr und unserer Familie verbringen. Dieser Wunsch ist mit meinen EKD-Ämtern nicht zu vereinbaren.
Mit dem Rat habe ich daher in unserer Sitzung am Samstag vereinbart, dass ich als Ratsvorsitzender bis zur Synode Anfang November das Notwendige und uns Mögliche an Terminen und Aufgaben wahrnehme. Auf der Synode Anfang November werde ich meinen Bericht geben und danach als Ratsvorsitzender und Mitglied des Rates zurücktreten.
Mir ist es wichtig, einen geordneten Wechsel im Amt des Ratsvorsitzenden zu ermöglichen. Dies liegt mir auch besonders angesichts der großen Themen, die vor uns liegen, sehr am Herzen. Ich nenne nur das Reformationsjubiläum 2017 oder die Weiterentwicklung der Zusammenarbeit innerhalb der Gemeinschaft der evangelischen Kirchen in Deutschland.
Ich danke meinem Stellvertreter, Landesbischof Jochen Bohl, dass er mich gemeinsam mit den übrigen Ratsmitgliedern in den kommenden Wochen und Monaten unterstützen und auch Termine in meiner Vertretung wahrnehmen wird. Wir prüfen derzeit, welche Termine weiter möglich und mit dem Therapie-Plan von Anne vereinbar sind. Dies werden wir von Woche zu Woche entscheiden.
Anne und ich sind seit über vierzig Jahren verheiratet. Wir haben gemeinsam Höhen und Tiefen erlebt. Auch in dieser schwierigen Situation wissen wir uns gestärkt durch unsere gegenseitige Liebe, unterstützt und begleitet von unserer Familie und unseren Freunden und geborgen in Gottes Liebe, die uns auch in den dunkelsten Zeiten unseres Lebens nicht verlässt.
Die Losung von Freitag, dem 27. Juni 2014, hat uns ermutigt: „Von Gott werde dir geholfen, und von dem Allmächtigen seist du gesegnet.“ (1. Mose 49,25)
Wir sind uns gewiss, dass Gottes Segen nicht mit Gesundheit und äußerem Wohlergehen zu verrechnen ist. Sein Segen begleitet uns auch im „finsteren Tal“, was immer geschieht. Ich bitte Sie alle, an uns zu denken und für uns zu beten.
Hilde Domin bringt zum Ausdruck, wie wir unsere Situation sehen und uns fühlen:
„Bitte
Wir werden eingetaucht
und mit dem Wasser der Sintflut gewaschen,
wir werden durchnässt
bis auf die Herzhaut.
Der Wunsch nach der Landschaft
diesseits der Tränengrenze
taugt nicht,
der Wunsch, den Blütenfrühling zu halten,
der Wunsch verschont zu bleiben,
taugt nicht.
Es taugt die Bitte,
dass bei Sonnenaufgang die Taube
den Zweig vom Ölbaum bringe.
Dass die Frucht so bunt wie die Blüte sei,
dass noch die Blätter der Rose am Boden
eine leuchtende Krone bilden.
Und dass wir aus der Flut,
dass wir aus der Löwengrube und dem feurigen Ofen
immer versehrter und immer heiler
stets von neuem
zu uns selbst
entlassen werden.“
Rechte: Hilde Domin „Sämtliche Gedichte“, S. Fischer Verlag, Frankfurt am Main, 2009
Diese Seite:Download PDFTeilenDrucken