Abschied aus Seligenstadt & Mainhausen
„Verbundenheit im Glauben ist ein Riesen-Wert“
kfDie Mainfähre braucht Thomas Reitz nicht auf seinem Weg zu neuen Aufgaben. Der künftige Einsatzbereich des 36-Jährigen in Frankfurt liegt "dribbdebach", also wie Seligenstadt und Mainhausen am südlichen Mainufer. Mitten in Sachsenhausen übernimmt er eine Pfarrstelle in der Evangelisch-Reformierten Dreikönigsgemeinde.25.04.2024 kf Artikel: Download PDF Drucken Teilen Feedback
Die Kisten in Zellhausen sind gepackt, die neue Dienstwohnung mitten in Sachsenhausen ist in Augenschein genommen, der Küchenbauer war schon zum Aufmaß da: Pfarrer Thomas Reitz steht in den Startlöchern für seine nächste berufliche Station, diesmal in der Großstadt – genauer: in der Evangelisch-Reformierten Dreikönigsgemeinde Frankfurt-Sachsenhausen. „Mit langen Gemeindenamen kenne ich mich ja schon aus“, schmunzelt der Geistliche.
Mit im Gepäck auf der Reise mainabwärts sind nicht nur Möbel, Bücher und jede Menge Liebgewonnenes, sondern auch viele gute Erfahrungen aus den ersten Amtsjahren als Pfarrer in der Evangelischen Kirchengemeinde Seligenstadt und Mainhausen: „Ich hatte das Glück, in einer Gemeinde zu arbeiten, die in fast allen Bereichen außergewöhnlich gut aufgestellt und geleitet ist“, blickt er zurück. Mit Leonie Krauß-Buck und Alexandru Lita „war ich hier mit einem Pfarrteam beschenkt, das in seiner Unterschiedlichkeit immer wertvoll war und von dem ich viel lernen und mitnehmen konnte“. Und mit Norbert Schweitzer habe die Gemeinde einen Kirchenvorstandsvorsitzenden, dessen Engagement und Sachverstand seinesgleichen suche.
Fest macht Thomas Reitz dies auch an manchen Kleinigkeiten, die aber im Gesamtbild zeigten, welchen Anspruch die rührige Kirchengemeinde an sich selbst und ihre Arbeit habe: zum Beispiel, dass Spender*innen schon lange selbstverständlich ein Dankeschön für ihre Zuwendung bekommen, dass Neuzugezogene von ihrer Kirchengemeinde angeschrieben und willkommen geheißen werden – oder dass ein Kurssystem Konfirmandinnen und Konfirmanden eigene Entscheidungen zugesteht, wie sie Kirche, Gott und Glauben entdecken wollen.
„Nehmen ernst und leben vor, was wir glauben und predigen“
Auch Arbeit und Umgang miteinander im Kreis der Haupt- und Ehrenamtlichen „zeigen, dass wir das ernst nehmen und vorleben wollen, was wir glauben und predigen und so auch eine einladende Gemeinde sind und bleiben können“. „Passive Mission“ nennt Thomas Reitz das und meint damit, als Gemeinde nicht mit großen Worten und vielen Erwartungen auf Menschen zuzugehen, sondern einfach einladend und niedrigschwellig.
Das und vieles mehr hat Reitz, der sich in den vergangenen Jahren auch kirchenpolitisch als Mitglied der Dekanats- und der Landessynode der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau engagierte, in den vergangenen fünf Jahren gleichermaßen beeindruckt und geprägt. Und mit dieser Erfahrung im Gepäck stellt er sich auch für die Zukunft eine Kirche vor, die gegenüber Mitgliedern und Interessierten, Kommunen und Kooperationspartnern als ernstzunehmende und zugewandte Akteurin in Erscheinung tritt.
„Menschen haben immer noch Fragen nach dem Sinn ihres Lebens“
Dass das heute nicht mehr selbstverständlich ist, ist aus Sicht des 36-Jährigen nur ein Teil der Wahrheit: „Natürlich entspricht unser Konzept ‚Volkskirche‘ nicht unbedingt dem Trend der Hyperindividualisierung, mit dem unsere Gesellschaft in ihre kleinsten Teile zerfasert.“ Gleichzeitig weiß Thomas Reitz aus Alltagsbegegnungen ebenso wie aus Gesprächen mit Menschen, die vor existenziellen Fragen stehen, „dass viele noch Gespür für’s Überweltliche und Fragen nach Sinn und Bedeutung ihres Lebens haben“.
Und nicht zuletzt: „Brauchen wir nicht auch heute noch etwas, was die Gesellschaft zusammenhält?“ Gemeinsame Feiertage, eine geistliche Haltung, die niemanden ausschließt: Für den Theologen sind das Antworten auf gesellschaftliche Fragen, mit denen Kirche auch und gerade heute ihre Relevanz für jede Einzelne und alle zusammen unter Beweis stellen kann. „Menschen unterschiedlicher Haltungen im Gebet miteinander zu verbinden – das ist in einer Zeit, in der viel von einer Spaltung der Gesellschaft die Rede ist, doch ein Riesen-Wert!“
Kitas sind und bleiben wichtig für die Kirchengemeinde
Dankbar ist Thomas Reitz auch für die Möglichkeit, sich tiefer in das Arbeitsfeld „evangelische Kitas“ einarbeiten zu können. „Keine Ahnung, aber weites Feld“, beschreibt er kurz und knapp seinen Kenntnisstand vor der Zeit am Main. Mit der Übernahme der Kita-Trägerschaft durch das Dekanat vor einigen Jahren und die dadurch entstandene Entlastung von vielen Verwaltungsaufgaben „haben wir als Pfarrerinnen und Pfarrer jetzt viel mehr Zeit für echte Begegnung“. Und die ist ihm sehr wertvoll – in mehrerlei Richtungen: „Es ist toll, wenn Kinder schon von klein auf etwas mit Kirche, Pfarrerin oder Pfarrer anfangen können und uns in der Grundschule dann wiedererkennen. Und es ist wichtig, dass unsere Kitas ein echter und fester Teil der Gemeinde sind und bleiben.“ Schließlich seien die evangelischen Kindertagesstätten „ein hochprofessionelles Feld, in dem wir einen hohen Qualitätsstandard bieten und damit auch die Bedeutung kirchlicher Angebote für die religiöse Bildung deutlich machen“.
„Teamplayer mit eigenen Akzenten“
Fehlen wird der scheidende Seelsorger nicht nur in Gemeinde und Kitas, sondern auch in der Region: „Wir werden Pfarrer Thomas Reitz in unserem Dekanat sehr vermissen,“ als höchst engagierter Seelsorger habe er viele segensreiche Spuren hinterlassen, so der Dekan des Evangelischen Dekanats Dreieich-Rodgau, Steffen Held. „Er ist ein echter Teamplayer, der zugleich ganz eigene Akzente gesetzt hat. Seine herzliche und offene Art hat ihm viele Türen geöffnet und die Herzen der Menschen gewinnen lassen.“
In seinem Frankfurter Pfarramt wird Thomas Reitz wieder im Teampfarramt arbeiten und auch eine von drei evangelischen Kindertagesstätten geistlich und religionspädagogisch begleiten. Manches Liebgewonnene hat indes keinen Platz in den Umzugskartons: etwa die Lieblings-Eisdiele in der an entsprechenden Angeboten nicht eben armen Einhardstadt, die Joggingrunde in Zellhausen oder das Kollegium der Konrad-Adenauer-Grundschule. Was aber in Herz und Seele des Pfarrers Raum gefunden hat und den Wechsel nach Frankfurt überdauern wird, sind fünf Jahre, geprägt von viel gegenseitiger Wertschätzung, die ein Stück den Main aufwärts ihren Ursprung hat.
Wie geht’s weiter?
Nach dem Weggang von Pfarrer Thomas Reitz wird die Vakanzvertretung Pfarrer Alexandru Lita übernehmen und gemeinsam mit seiner Pfarrkollegin Leonie Krauß-Buck für die Gemeinde da sein, teilt Dekan Steffen Held mit. „Das Evangelische Dekanat Dreieich-Rodgau ist gemeinsam mit der Landeskirche und dem Kirchenvorstand in engen Gesprächen, um die Stelle möglichst schnell wieder zu besetzen.“
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