Bundestagswahl
Warum wählen Deutsche den Protest?
pixabay/stux"Alle Christinnen und Christen sind herausgefordert, als Bürgerinnen und Bürger den Staat selbst mitzugestalten, indem sie wählen oder auch sich zur Wahl stellen." (Kirchenpräsident Dr. Volker Jung)29.09.2017 bs Artikel: Download PDF Drucken Teilen Feedback
ZGVMatthias Blöser, Referent für die Stärkung der Demokratie beim ZGVWas ist ihr Eindruck von dem Ergebnis der Bundestagswahl in Hessen und Rheinland-Pfalz?
Matthias Blöser: Ich denke schon, dass es eine einschneidende Wahl für die Bundesrepublik ist. Geschockt bin ich zwar nicht, weil das starke Ergebnis der AfD ja abzusehen war. Dennoch gibt es mir zu denken, weil offenbar eine rechtpopulistische Partei flächendeckend genug Wähler für sich mobilisieren konnte. Das deutet auf ein gesamtgesellschaftliches Problem hin.
Warum haben so viele Menschen den Protest gewählt?
Matthias Blöser: Da scheiden sich die Geister. Natürlich sind viele Protestwähler dabei. Aber wenn man genau hinschaut ist es eher so, dass die Menschen eben auch Inhalte der AfD gewählt haben. Einer der Gründe könnte eine soziale Verunsicherung sein. Da spielen Zukunftsängste mit hinein. Das hat natürlich auch mit der Sozialpolitik der vergangenen Jahre zu tun - das Thema Hartz4 zum Beispiel. Hier wurde klar das Protestpotenzial der Linken von der AfD absorbiert. Letztendlich hat die AfD aber Stimmen aus allen Parteien gewonnen. Hinzu kommt die Vereinfachung der Probleme: Die Lösung, Flüchtlinge als Sündenböcke zu brandmarken ist einfach, aber auch erschreckend.
Hat die Kirche das Reformationsjubiläum als Chance genutzt, um politisch wirksame Signale zu setzen?
Matthias Blöser: Während des Reformationsjubiläums hat die Kirche einen starken Fokus auf die Ökumene gesetzt. Das ist legitim und ich sehe das nicht als falsch an. Immerhin handelt es sich hier durchaus um das „Bohren dicker Bretter“.
Mit Blick auf die Flüchtlingsthematik hat die Kirche außerdem eine doppelte Verantwortung. Einerseits muss sie klare Kante zeigen, wenn Hetze betrieben wird und das Evangelium ernst nehmen. Andererseits ist aber auch das versöhnende Element wichtig. Das heißt: In Gemeinden muss es eine Gesprächsbereitschaft mit denen geben, die sich von der AfD angesprochen fühlen. Entscheidend ist, dass Kirche sich gegen eine menschenverachtende Einstellung positioniert, aber nicht gegen den Menschen, der sie vertritt.
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