Weltflüchtlingstag
Chancen statt Abschiebungen
Istock/Steve Debenport20.06.2022 bj Artikel: Download PDF Drucken Teilen Feedback
Damit soll Menschen, die vor 2017 nach Deutschland kamen und die aktuell ausreisepflichtig sind, die Möglichkeit eröffnet werden, eine Aufenthaltserlaubnis zu erhalten. Sie hätten dann ein Jahr Zeit, zum Beispiel um Lebensunterhaltssicherung und Deutschkenntnisse nachzuweisen, um schließlich ein längerfristiges Aufenthaltsrecht zu erhalten.
„Wir begrüßen diesen wichtigen Schritt zu einer integrationsorientierten Flüchtlingspolitik, für die sich die Kirchen seit vielen Jahren einsetzen. Angesichts des demographischen Wandels und des mittlerweile in vielen Branchen dramatischen Fachkräftemangels muss es einer zukunftsfähigen Migrations- und Flüchtlingspolitik vor allem darum gehen, Aufenthaltschancen zu eröffnen“, sagt der Kirchenpräsident der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau, Volker Jung.
Neuer Geist in der Flüchtlingspolitik: Für alle Geflüchteten notwendig
Die Bischöfin der Evangelischen Kirche von Kurhessen-Waldeck, Beate Hofmann, erklärt: „Wie es gehen könnte, erleben wir gerade bei den ukrainischen Geflüchteten, die privat wohnen dürfen und sofort Zugang zu Integrationsangeboten, Sozialleistungen sowie Bildungs- und Arbeitsmöglichkeiten bekommen haben. Dass das weithin akzeptiert und zügig umgesetzt wird, zeigt, wie viel sinnvoller es für die gesamte Gesellschaft ist, Geflüchteten rasch Integrationsmöglichkeiten zu bieten, statt sie auszugrenzen. Diesen neuen Geist in der Flüchtlingspolitik wünschen wir uns für alle Geflüchteten.“
Die Leitenden Geistlichen weisen darauf hin, dass das Chancen-Aufenthaltsrecht für möglichst viele Betroffene praktisch erreichbar sein muss. Sie kritisieren zudem, dass im jetzigen Gesetzentwurf Menschen sogar dann ausgeschlossen werden sollen, wenn nicht sie selbst, sondern Familienangehörige auch nur geringfügige Straftaten begangen haben. „Es kann nicht sein, dass einer ganzen Familie die Chance auf ein Aufenthaltsrecht verwehrt wird, wenn nur ein Familienmitglied ohne Fahrschein unterwegs gewesen ist“, sagten Hofmann und Jung. Es sei wichtig, dass mit dem neuen Gesetz das System jahrelanger Kettenduldungen endlich verlassen wird.
Dringend: Vorgriffsregelung in Hessen
Die beiden Kirchen unterstützen auch die Ankündigung des neuen Hessischen Ministerpräsidenten Boris Rhein, eine so genannte Vorgriffsregelung zu erlassen, nachdem ein Gesetzentwurf auf Bundesebene vorliegt. Ein Erlass müsse jetzt sicherstellen, dass niemand mehr abgeschoben wird, der in absehbarer Zeit die Voraussetzungen für das Chancen-Aufenthaltsrecht erfüllt. Bis heute werden aus Hessen gut integrierte Menschen abgeschoben, die hier seit Jahren arbeiten und deren Kinder zur Schule gehen. Ohne eine Vorgriffsregelung würden diese Abschiebungen weitergehen, machen die beiden Leitenden Geistlichen deutlich.
Die im Gesetzentwurf vorausgesetzte Beantragung eines Passes aus dem Herkunftsland brauche Zeit. Selbst wenn alle Voraussetzungen vorlägen, benötigten Ausländerbehörden oft Monate, manchmal sogar Jahre bis zur Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis. Wenn die Menschen in dieser Zeit nicht vor einer Abschiebung geschützt sind, droht die bundesgesetzliche Regelung für viele ins Leere zu laufen, warnen Hofmann und Jung.
Anlässlich des Weltflüchtlingstages wünschen sich Bischöfin Hofmann und Kirchenpräsident Jung ein klares Bemühen der Politik, dass es nicht zu zwei Klassen von Geflüchteten komme, denn das lasse Geflüchtete am Rechtsstaat zweifeln.
Hintergrund
Der Weltflüchtlingstag ist ein von den Vereinten Nationen eingerichteter Aktions- und Gedenktag, der seit dem Jahr 2001 am 20. Juni stattfindet.
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