Notfallseelsorge
Der Neue: Christian Reifert
Becker-von Wolff03.03.2022 hjb Artikel: Download PDF Drucken Teilen Feedback
Becker-von WolffIn seiner Vorstellungsrede am Mittwoch, 23. Februar 2022 im Jahres-Gottesdienst der Notfallseelsorge Lahn-Dill im Dom zu Wetzlar sagte der neue Leiter der Notfallseelsorge Lahn-Dill-Kreis Christian Reifert:
Hallo, ich heiße Christian Reifert und komme von der Notfallseelsorge. Ich bin für Sie da, höre Ihnen zu, komme gerne mit Ihnen ins Gespräch. Ich habe Zeit für Sie…
So stelle ich mich zumeist vor, wenn ich als Notfallseelsorger unterwegs im Einsatz bin. Ich freue mich die Leitung und Koordination im Lahn-Dill-Kreis ab dem 01. März in der Nachfolge von Pfarrer Eberhard Hoppe zu übernehmen. Dem ich herzlich aus der Perspektive des Nachfolgers danke für die gute Vorbereitung des Stabwechsels und die bis dahin in den letzten Jahren geleistete Arbeit.
Eine neue Herausforderung in einer neuen Region mit einem Thema, dass ich schon seit 26 Jahren ehrenamtlich und hauptberuflich betreibe. Ehrenamtlich bin ich schon seit 43 Jahren in der Freiwilligen Feuerwehr, bei den Maltesern (18 Jahre) und im THW (11 Jahre). Notfallseelsorge gehört zu den herausforderndsten Arbeitsfeldern unserer Kirche, ohne die anderen Felder kirchlichen Handelns weniger zu schätzen.
Notfallseelsorge ist seelsorgerisches und diakonisches Handeln in akuten und einschneidenden Krisen und Ereignissen des menschlichen Erlebens. In meinem Fokus sind die betroffenen Menschen, deren Angehörige und Freunde, die Ersthelfer*innen und Zeug*innen bei belastenden Ereignissen. Ihnen Begleitung und Hilfe anzubieten, ist mein Ziel.
Des Weiteren nehme ich ebenso die Retter*innen der Gefahrenabwehr in den Blick, die mit vielfältigen Eindrücken aus den Einsätzen, die ihr Ehren- bzw. Hauptamt mit sich bringt, heimkehren und zu einem hohen Prozentsatz damit persönlich klarkommen. Da wo die eigenen Ressourcen an Grenzen geraten und nicht mehr ausreichen, möchte ebenfalls Gesprächspartner sein, der hilfreiche Strukturen der Verarbeitung anbieten möchte.
Dieser Hintergrund treibt mich an und ich freue mich ein großes, motiviertes Team von Notfallseelsorger*innen übernehmen zu dürfen und mit ihnen auf dem Weg zu sein.
Ich freue mich auf die Kontakte und die Zusammenarbeit mit den anderen Organisationen der täglichen Gefahrenabwehr, egal ob nichtpolizeilich oder polizeilich. Ich bin gespannt auf die Arbeit Hand in Hand im Katastrophenschutz mit den Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben.
Den Mitarbeitenden der Notfallseelsorge, den Einsatzkräften der Feuerwehren, des Rettungsdienstes, der Polizei, dem THW und den anderen Hilfsorganisationen im Katastrophenschutz sage ich…
Hallo, ich bin Notfallseelsorger Christian Reifert von der Psychosozialen Notfallversorgung im Lahn-Dill-Kreis. Ich bin für euch da, höre euch gerne zu, komme mit euch ins Gespräch. Ich nehme mir Zeit für euch…
Auf gute Zusammenarbeit – seid allzeit Gottes Nähe anbefohlen!
Interview:
Zur Staffelübergabe Fragen an Eberhard Hoppe und Christian Reifert
Welcher Einsatz ist Ihnen eindrücklich in Erinnerung geblieben?
Eberhard Hoppe: Für mich war in all diesen Jahren immer deutlich: Jeder Einsatz ist in diesem Moment für die Betroffenen ein "Weltuntergang". Menschen zu begleiten, die im Moment den Boden unter den Füßen verloren haben, ist mir ein besonderes Anliegen geworden. Jedem Einzelnen zu zeigen, "Du wirst gehalten. Gott ist unser Fels" und zu spüren, dass dies den Boden unter den Füßen wieder herstellte, das beeindruckte mich immer wieder.
Was werden Sie vermissen?
Eberhard Hoppe: Die Notfallseelsorge habe ich sehr gerne koordiniert, ich habe gerne Ausbildungskurse gehalten und Einsätze absolviert. Vermissen werde ich besonders das Team, die gute Zusammenarbeit und die Weiterentwicklung der Notfallseelsorge. Ich bin aber zuversichtlich, dass ich als ehrenamtlicher Mitarbeiter vielleicht doch noch den einen oder anderen Kontakt und Einsatz mitmachen werde.
Christian Reifert, wofür sind Sie Ihrem Vorgänger Eberhard Hoppe dankbar?
Christian Reifert: Eberhard Hoppe hat mit großem Engagement die Notfallseelsorge im Dillkreis gut weiterentwickelt. Er hat die Mitarbeitenden in der NFS in intensiven Schulungen auf ihre Einsatztätigkeit vorbereitet und damit die NFS zu einem Aushängeschild der kirchlichen Arbeit im Landkreis etabliert. Seit Jahren arbeiten wir landkreisübergreifend im Einsatzgeschehen zusammen. Dabei habe ich ihn als verlässlichen und konstruktiven Partner erlebt, die sich in der praktischen Arbeit in den Kriseneinsätzen für den Menschen bewährt hat. Mit Eberhard Hoppe im Boot der Notfallseelsorge hatte es in manchen Stürmen einen erprobten Steuermann dabei. Ich habe in solchen Fällen überaus gerne mit ihm zusammengearbeitet. Ich freue mich besonders ihm in seiner Arbeit nachzufolgen, sie fortzuführen und weiterzuentwickeln, damit sie zu allen Zeiten zukunftsfähig bleibt.
Herr Reifert, was bringen Sie an Erfahrungen mit?
Christian Reifert: Im Bereich der Notfallseelsorge bin ich seit nunmehr 26 Jahren tätig, davon 22 Jahre lang in der Leitung auf Landkreisebene in Marburg-Biedenkopf. Seit 12 Jahren habe ich eine dienstliche Beauftragung des Ev. Dekanats Biedenkopf-Gladenbach zuerst in Teilzeit und nun schon geraume Zeit mit einer halben Stelle. Zudem habe ich eine fachliche Ausbildung in der Begleitung von Einsatzkräften nach belastenden und schwierigen Einsätzen. Ehrenamtlich wirke ich in der Freiwilligen Feuerwehr auch als Führungskraft mit. Ich bin seit 18 Jahren bei den Maltesern als Einsatzsanitäter und Dozent für psychosoziale Notfallversorgung (PSNV) und seit 10 Jahren beim THW Länderverbund Hessen, Rheinland-Pfalz, Saarland als psychosoziale Fachkraft aktiv. Unterm Strich verfüge ich über jahrzehntelange Erfahrung als Einsatzkraft in der täglichen Gefahrenabwehr und des Katastrophenschutzes, in den Bereichen der Betroffenenbegleitung, der Begleitung von Einsatzkräften der verschiedenen Hilfsorganisationen und der Leitung größerer Einsatzlagen.
Eberhard Hoppe, worin sehen Sie bei der Notfallseelsorge den größten Schatz?
Eberhard Hoppe: Die Notfallseelsorge ist ein starkes repräsentatives Standbein der Kirchen in der Bevölkerung. Wir gehen zu den Menschen und das in Situationen, wo es brenzlig ist. Wir lassen Betroffene nicht allein. Und das ist gerade der Auftrag Gottes, dazu sein, wo man gebraucht wird, die Aufgaben zu übernehmen, die Gott einem vor die Füße legt.
Eberhard Hoppe, welche Herausforderungen sehen Sie für die NFS in Zukunft?
Eberhard Hoppe: Innerkirchlich wird es schwieriger, Personen zu finden, die den Dienst tun wollen. Auch die Stellung der NFS in unseren Kirchen ist im Umbruch und wir dürfen gespannt sein, wie im Rahmen der Sparmaßnahmen von Geld und Personal die NFS besetzt werden wird. Gleichzeitig erleben wir in der Gesellschaft, dass von der NFS immer mehr gefordert und erwartet wird. Die Einsatzkräfte greifen immer häufiger auf die NFS zurück und die Betroffenen erfahren in der NFS eine adäquate Hilfestellung in Notsituationen.
Christian Reifert, wie stellen Sie sich die künftige Organisation der regionalen NFS vor?
Christian Reifert: Meiner Ansicht nach sind die regionalen NFS-Systeme bezogen auf die Erfordernisse in ihren jeweiligen Landkreisen gut und angemessen aufgestellt. Inhaltlich und strukturell läuft es im Dillkreis so weiter, wie es aktuell ist. Ich möchte die Mitarbeitenden und die Strukturen der Arbeit kennen lernen. Ich möchte zu Beginn mit den Kooperationspartnern der NFS ins Gespräch und in den Austausch kommen, wie sich manches weiterentwickeln kann. Das soll in enger Abstimmung mit den ehrenamtlichen Menschen passieren, die hier seit Jahren aktiv sind und zum Teil in der Leitung mitarbeiten. Das Starkregenereignis in Rheinland-Pfalz und in NRW hat auch der Notfallseelsorge eine Menge Hausaufgaben mitgegeben. Das Haupttätigkeitsfeld „die Begleitung durch die Notfallseelsorge im häuslichen Bereich“ sehe ich inhaltlich gut aufgestellt.
Herr Reifert, wird es eine engere Verzahnung mit der NFS Biedenkopf-Gladenbach geben?
Christian Reifert: Da die Notfallseelsorge landkreisbezogen organisiert ist und zum Teil unterschiedliche Trägerstrukturen vorliegen, muss man schauen, wo Verzahnung unter dem Aspekt der Synergien und Sinnhaftigkeit angesagt erscheint. Am ehesten sehe ich hier Möglichkeiten im Bereich der Aus- und Weiterbildung, da hier festgelegte Qualitätsstandards zur Anwendung kommen. Natürlich sollte es in größeren Lagen gegenseitige Unterstützung bei den Einsätzen geben. Das wäre sehr wünschenswert. Davon profitieren schließlich alle.
Eberhard Hoppe, was werden Sie im Ruhestand machen?
Eberhard Hoppe: So eigenartig es klingt: Solange Gott mir die Gesundheit schenkt und meine Teams es mit mir aushalten: Es geht weiter! Eben jetzt im Ehrenamt. Ich habe das Privileg, dass ich meinen Beruf als Hobby empfinde. Und das möchte ich gerne auch weiterhin einbringen. Meine Frau Annette arbeitet auch schon lange in der Notfallseelsorge Lahn-Dill mit.
Die Fragen stellten Uta Barnikol-Lübeck und Holger Jörn Becker-von Wolff.
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