Vollversammlung
Flüchtlinge: Evangelische Jugend stellt Forderungen an kirchliche Ebenen
Sven Strobel/EJHNVollversammlung der Evangelischen Jugend in Hessen und Nassaus e.V. (EJHN)23.03.2016 rh Artikel: Download PDF Drucken Teilen Feedback
Menschen begegnen sich in unserem Land mit Freundlichkeit und Toleranz, die Ängste vor Fremden sind weitest gehend genommen. Diese Vision entwickelten die Mitglieder der Vollversammlung der Evangelischen Jugend in Hessen und Nassau (EJHN) mit Hilfe der Frage: „Wo sehen wir uns in 12 Monaten?“ Um dieses Ziel zu erreichen, hat die EJHN als Ergebnis ihrer Vollversammlung eine Erklärung verabschiedet, in der Forderungen an Kirchengemeinden, Dekanate, die EKHN und EKD enthalten sind. Von der EKHN wünscht sich die evangelische Jugend unter anderem finanzielle und moralische Unterstützung, qualifiziertes Personal, bessere Betreuung der Ehrenamtlichen und pädagogische Betreuung für geflüchtete Menschen. Zudem hält sie es für sinnvoll, dass gute Projekte vorgestellt und gesammelt werden (weitere Forderungen: siehe Kasten). Die evangelische Jugend möchte allerdings auch selbst einen Beitrag leisten, da sie zu einem „Sprachrohr für geflüchtete Menschen“ werden wolle. Ihr Mitglieder möchten Verständnis für die Situation von geflüchteten Menschen wecken, Position beziehen und Flüchtlinge bei ihrer Integration begleiten. Allerdings fordert die Jugend von der EKHN, dass es „keine Abschöpfungen im Bereich der Kinder- und Jugendarbeit zugunsten anderer Projekte" geben dürfe.
Neuer Vorstand gewählt
Am vergangenen Wochenende hatte die 27.Vollversammlung der Evangelischen Jugend in Hessen und Nassaus e.V. (EJHN) in Hohensolms bei Wetzlar vom 6. - 8. November 2015 stattgefunden. Neben der Flüchtlingsfrage stand auch die Wahl eines neuen Vorstands im Mittelpunkt. Als Vorsitzender wurde Noah Kretzschel (Dekanat Rüsselsheim) wieder gewählt, weitere Mitglieder des Vorstandes sind:
Marie Krüger (Dekanat Runkel), Frederick Kuhlmann (Dekanat Weilburg), Alisa Ewald (Dekanat Wetterau), Maja Mareika Wink (Dekanat Vogelsberg), Jasmin Gronau (Dekanat Worms-Wonnegau), Fabian Bönisch (Dekanat Odenwald), Julius Körner (Dekanat Darmstadt-Land), Patrick Sandherr (Dekanat Dreieich) und Dirk Weikum (Dekanat Offenbach)-
Im Rahmen eines Gottesdienstes am Sonntagvormittag wurde der bisherige Vorstand verabschiedet. Seinen Dank äußerte der Präses der Synode der EKHN, Dr. Ulrich Oelschläger. Er schätze diese Arbeit außerordentlich und wisse um die Herausforderungen an die Kräfte von Ehrenamtlichen in einem Vorstand. Der Dialog mit der Jugend sei nicht immer bequem, aber führe immer zu guten zukunftsweisenden Entscheidungen
Situation von Flüchtlingen bestimmte die Vollversammlung
Vor allem widmeten sich die knapp über 100 Delegierten und 50 Gäste der Frage, wie der Beitrag von Kirche auf den unterschiedlichsten Ebenen zur Bewältigung der aktuellen und kommenden Herausforderungen aussehen könne. In Workshops klärten sie juristischen und formalen Fragen, in Planspielen wurden verschiedene Szenarien simuliert, in Diskussionen wurden Lösungen von konkreten Problemen vor Ort beleuchtet. Aus den Ergebnissen entstand eine gemeinsame Erklärung, die am Sonntag einstimmig angenommen wurde.
Forderungen an Kirchengemeinden
In dem gemeinsamen Forderungspapier wurden auch Kirchengemeinden berücksichtigt. Die evangelische Jugend wünscht sich beispielsweise, dass die Gemeinden zusätzliche Räumlichkeiten für geflüchtete Menschen zur Verfügung stellen, Ängste von Gemeindemitgliedern in den Gottesdiensten thematisieren, Seelsorge- und Beratung für Geflüchtete zur Verfügung stellen sowie den Austausch mit anderen Religionen fördern. Ein weitere von insgesamt 15 Punkten umfasst das Entwickeln eines Kommunikations-Netzwerkes bei Anwohnerinnen und Anwohnern.
Unterstützung von Dekanaten und EKD erwünscht
Aber auch Dekanate sieht die evangelische Jugend in der Verantwortung: Sie sollen das Ankommen der geflüchteten Menschen mit anderen Akteuren organisieren, Veranstaltungen gegen „Rechts“ organisieren sowie finanzielle und personelle Mittel für die Arbeit mit geflüchteten Menschen bereit stellen. Insgesamt hat die EJHN hier 11 Forderungen formuliert.
Von der EKD fordert die hessen-nassauische Jugend, Waffenexporte anzuprangern, politischen Einfluss zu nehmen, Wohnraum zu stellen und internationalen Austausch.
Forderungen an die EKHN
Die bisherigen und geplanten Anstrengungen der EKHN im Bereich der Arbeit mit geflüchteten Menschen begrüßt die evangelische Jugend. Besonders die Aufstockung der finanziellen und personellen Mittel sei ein wichtiger Schritt und deutliches Zeichen der Verantwortung gewesen. Allerdings richtet sie neun Forderungen an die Gesamtkirche:
Finanzielle und moralische Unterstützung
Wir fordern von der Evangelischen Kirche in Hessen Nassau (EKHN), dass sie sich weiterhin mit angemessenen finanziellen wie personellen Ressourcen dem Thema Flüchtlingsarbeit annimmt und alles in ihrer Macht stehende tut, das Thema auch in Zukunft mit hoher Priorität zu behandeln. Dabei ist es unerlässlich, dass sich die EKHN auch mit moralischer Unterstützung an ihre Ehren- wie Hauptamtlichen wendet und diesen in ihrer täglichen Arbeit beisteht.
Qualifiziertes Personal
Wir fordern die EKHN dazu auf mehr spezialisiertes Personal für die Flüchtlingsarbeit einzusetzen wie Dolmetscher*innen, Seelsorger*innen und internationale Lehrer*innen. Nur durch hoch spezialisiertes Personal kann gewährleistet werden, dass die gegenwärtigen Strukturen auch weiterhin funktionieren und die geflüchteten Menschen optimal betreut und geschult werden.
Bessere Betreuungen der Ehrenamtlichen
Ehrenamtliche sind ein unverzichtbarer Teil der Arbeit mit geflüchteten Menschen geworden. Sie brauchen eine optimale Betreuung und auch eine optimale Schulung. Wir fordern die EKHN daher dazu auf, das bestehende Schulungsangebot zu erweitern und mit zusätzlichen finanziellen Investitionen zu versehen.
Öffentliche Veranstaltungen und klare öffentliche Positionierung
Die EKHN wird aufgefordert, sich mit öffentlichen Informationsveranstaltungen an die Bevölkerung zu wenden um bestehenden Vorbehalten und Ängsten entgegenzuwirken. Wir begrüßen die klare und eindeutige Positionierung der EKHN in der Öffentlichkeit zu dem Thema Flucht und wünschen uns weitere deutliche Zeichen.
Finanzielle Unterstützung der Dekanate
Die EKHN wird aufgefordert, für eine ausreichende finanzielle Ausstattung der Dekanate Sorge zu tragen. Die Dekanate sind, wie die Forderung nach einer engen Koordination die in diesem Papier bereits angeklungen ist, zentrale Anlaufstellen für Beratungen und Probleme aller Art. Sie vertreten die Landeskirche in der Fläche und müssen aus diesem Grund unbedingt mit angemessenen Finanzmitteln ausgestattet werden.
Keine Abschöpfungen in der Kinder- und Jugendarbeit
Neue Herausforderungen bedingen immer eine Anpassung bestehender Systeme an die aktuelle Situation. Die Kinder- und Jugendarbeit weiß, dass immer neue Aufgaben auf sie warten und die Verantwortung stetig steigen wird. Wir fordern aber auch, dass keine Abschöpfungen im Bereich der Kinder- und Jugendarbeit zugunsten anderer Projekte erfolgen darf, da gerade an diese Stelle derzeit die größten Aufgaben zu bewältigen sind.
Gute Beispiel und Projekte sammeln und präsentieren
Wir fordern die EKHN auf, eine Anlaufstelle für „best-practice Beispiele“ im Gebiet der EKHN im Bereich der Arbeit mit geflüchteten Menschen zu errichten, die gute Arbeit mit Modellcharakter sammelt und allen Beteiligten öffentlich zugänglich macht. Dadurch kann gewährleistet werden, dass ein optimaler Wissenstransfer stattfindet und gelungene Beispiele guter Arbeit mit geflüchteten Menschen einen würdigen Rahmen bekommen.
Zusätzliche pädagogische Betreuung für geflüchtete Menschen einrichten
Die Zahl der pädagogischen Betreuungsangebote auf dem Gebiet der EKHN ist nach wie vor noch unzureichend. Wir fordern daher die EKHN auf, zusätzliche pädagogische Betreuungsstellen zu schaffen um eine optimale Betreuungsdichte zu gewährleisten.
Zuschüsse für kreative Angebote schaffen
Kreative Angebote im Bereich der Arbeit mit geflüchteten
Menschen werden immer noch nachrangig bezuschusst. Kreative Angebote bilden eine abwechslungsreiche Alternative zu anderen Angeboten und sollten daher intensiver angeboten werden. Wir fordern die EKHN daher auf, zusätzliche finanzielle Mittel zur Verfügung zu stellen um dieses Defizit zu beheben.
vollständige Erklärung
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