Gelebte Nächstenliebe
Frankfurter Gemeinde nimmt spontan Flüchtlinge auf
Charlotte MattesUntergekommen in Frankfurt: Flüchtling Akanji aus Nigeria05.11.2013 red Artikel: Download PDF Drucken Teilen Feedback
Charlotte MattesUntergekommen in Frankfurt: Flüchtling Oliver aus NigeriaMit Wischmopp und rotem Eimer ausgestattet machen die jungen Männer am Morgen ihren Schlafplatz sauber. Seit Sonntag haben die Afrikaner endlich Obdach in Deutschland. Die Frankfurter Gemeinde Cantate Domino hat sie bei sich in ihren Räumen aufgenommen. Keine Hektik, kein Stress - die Männer wirken entspannt. Sie lesen in ihren Schlafsäcken oder frühstücken an der großen Tafel vor dem Altar.
Wohlfahrtsverbände und Flüchtlingsorganisationen wollen Flüchtlinge nicht
Im Sonntagsgottesdienst ruft der afrikanisch-stämmige Ola Oluokun die Gemeindemitglieder auf, den Flüchtlingen an der Untermainbrücke zu helfen. In Italien und Spanien hatten die Männer Asyl beantragt. Mit einer dreimonatigen Aufenthaltsgenehmigung für Europa und je 500 Euro Bargeld wurden die Afrikaner sich selbst überlassen. Gemeinsam mit zwei Freunden brachte Oluokun das Anliegen bei verschiedenen Wohlfahrtsverbänden und Flüchtlingsorganisationen vor. Bis Sonntag - ohne Erfolg.
Wochenlanges Leben unter der Brücke
Teilweise haben die Männer schon mehrere Wochen unter der Untermainbrücke gelebt. Notgedrungen bilden sie eine Gemeinschaft. Die meisten waren sich vorher fremd. Zum Überleben sammeln die Männer Pfandflaschen. „Bis zu 13 Euro kann ich durch das Sammeln verdienen“, erzählt Oliver aus Nigeria. Der 42-Jährige ist Christ und sehr froh endlich nicht mehr in der Kälte schlafen zu müssen: „Wenn du draußen bist in der Kälte, beeinflusst das dein Denken. Ich kann jetzt wieder richtig denken, wir schlafen gut, wir sind hier sehr, sehr glücklich.“
Gemeinden bieten sofort ihre Hilfe an
Pfarrerin Sabine Fröhlich ist sehr berührt: „Ich habe das Gefühl, dass wir das Richtige zur richtigen Zeit tun und das fühlt sich gut an.“ Die Hilfe war überwältigend: Einige Gemeindemitglieder fuhren mit ihren Autos zur Untermainbrücke, um die obdachlosen Flüchtlinge abzuholen. „Wir brauchen Eure Hilfe und zwar jetzt!“ So lautete der Aufruf an die Kirchenvorstände. Auch über Facebook wurden Freiwillige gesucht. Die Pröpstin Gabriele Scherle findet es „symbolisch, wenn Flüchtlinge in einer Kirche Unterstützung und Obdach bekommen."
Helga Burger ist begeistert von der großen Hilfe und wie schnell die Schlafplätze vollständig ausgestattet waren. Burger ist Mitglied im Kirchenvorstand und für die Lebensmittelausgabe in der Gemeinde zuständig. „Ich habe von zu Hause Handtücher und Seife und meine eingemachten Tomaten aus dem Garten mitgebracht.“
Wie geht es weiter?
Wie lange die Flüchtlinge noch bleiben können und wie es genau weiter geht, ist noch unklar. Aber Fröhlich betont: „Wir wollen nicht, dass jemand bei Kälte und Nässe wieder unter der Brücke landet – das können wir mit unserem christlichen Gewissen nicht vereinbaren.“ Bis klar ist, wo die Männer unterkommen können, bietet die Gemeinde ihnen Obdach.
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