Lebenslust mit Tiefgang
Kulturschock auf dem Jugendkirchentag
Jugendkirchentag go(o)d daysDie Siegerband des Contests zum Kirchentag „Normal ist anders“ reißt das Publikum mit20.06.2014 red Artikel: Download PDF Drucken Teilen Feedback
Für alle, die gerne zappen und sich nicht entscheiden können, war die Kulturnacht auf dem Jugendkirchentag am Donnerstag genau das Richtige. Niemand konnte etwas verpassen: egal ob Auftritt der Siegerband des Contests zum Kirchentag „Normal ist anders“, muntere Gruppenspiele unter dem Festzelt, einem sportlichen Tanz-Flashmob oder dem Poetry-Slam unter einem Kirchendach. Denn an vier Orten wurde das Programm gleich dreimal hintereinander wiederholt. Eine moderne Wandelprozession für Kirchentagsbesucher, inklusive manch überraschendem Kulturschock.
Harte Beats mit nachdenklichen Texten
Bässe wummern und der Boden bebt im Rhythmus des Schlagzeugs. „Das ist schon cool“, freuen sich Frederike (13), Julie (13) und Felix (12) aus Usingen. Ganz außer Atem sind sie beim Auftritt der Gruppe „Normal ist anders“ in dem Zelt auf dem Karolinenplatz. „Wie die Stimmung machen, ist unglaublich“, sagen sie. Dabei geht es der Band nicht nur um hammerharte Beats, sondern auch um deutsche Texte mit Tiefsinn. „Es gibt mehr“, singen die vier Musiker und meinen dabei, mehr als Konsum, McDonalds und hohen Verdienst. Mehr, das ist für sie die Sehnsucht nach Gott und der Halt im Glauben. Die Sauerländer Band macht Party und gibt gleichzeitig eine Stunde in Religion und Lebensweisheit.
Spiele motivieren zu herzlichem Umgang
Ruhiger geht es im Zelt nebenan zu, in dem an diesem Abend „Spiele für viele“ angeboten werden. Dabei gibt es keinen einzigen Verlierer, sondern nur Gewinner, die reicher an Erfahrungen geworden sind. Die Mitspieler schlüpfen in Rollen, müssen Kobolde einfangen oder einem Hai spielerisch die Zähne ziehen. Dabei wird geklatscht, gestampft oder hin- und hergerannt. Für Steffen (16) und Daniel (15) war das am Anfang „schon ganz schön komisch“. Aber am Ende hat es doch „viel Spaß gemacht“. Man müsse sich eben einfach mal „drauf einlassen“. Dann ginge das schon. Genau darum geht es auch, sagt die Wiener Spielpädagogin Doris Waltentin, die die Spieler begeistert. Es ginge darum, die „eigene Spielfreude zu entdecken“. Und: „wer einmal miteinander gespielt hat, geht anders miteinander um“. Damit beschreibt sie ein wichtiges Ziel zum Beginn dieses Jugendkirchentags.
Tanz ins Glück
Um ein großes Gemeinschaftserlebnis geht es auch beim Tanz-Flashmob in der Otto-Berndt-Halle. „Links, rechts, vor, zurück, 1,2,3,4,“, geben Sarah und Adrian hier auf der Bühne Ton und Takt an. Und die Teilnehmenden in der Halle folgen. Dutzende junge Besucherinnen und Besucher drehen sich, gehen Schritte vor und zurück. Am Ende steht eine fantastische Choreografie, gibt es glückliche Gesichter, wohin man blickt, trotz Schweißperlen auf der Stirn und manch Blase an der Fußsohle. Wer weniger auf Bewegung und mehr auf Kunst steht, tritt einfach ein paar Schritte zur Seite. Am Rand der Tanzfläche wird unterdessen auf einem riesigen Transparent gemalt, was Farben und Fantasie hergeben.
Poetry-Slam kürt Dichterkönigin
Konzentriert und mucksmäuschen still im Publikum ist es in Darmstadts Stadtkirche. Hier wird „geslammt“, es treten junge Dichterinnen und Dichter im Wettstreit mit Worten bei einem „Poetry-Slam“ gegeneinander an. Die drei Teilnehmer verzaubern das Publikum mit Worten – vor allem wenn es um das Thema Liebe geht. Moderner Minnegesang 2.0.: „Ich bin ein Schiff. Das Meer ist das Leben. Und ich will bei Dir vor Anker gehen“, verzehrt sich Samuel Kramer. Nicole Samulnik versucht sich an Geschichten, die im „Hirn rumspuken und nicht rausgehen“. Doch am Ende nützt alle Inbrunst nichts. Den meisten Applaus bekommt die freche Leah Diba, die sich fragt, „Was, wenn er mich nicht anmacht, sondern nur auslacht?“. Sie ist beim Publikum die Dichterkönigin des Abends.
Einzigartige Stimmung
Geweint hat am Schluss der faszinierenden Kulturnacht leider auch einer: der Himmel. Zum Abschlussgottesdienst neben dem Schloss in der Innenstadt fing es an zu regnen. Trotzdem füllte neben Pfützen ein Kerzenmeer den Platz. Ein besinnlicher Abschluss für die Jugendkulturnacht zwischen hämmerndem Beat, Wettkämpfen ohne Verlierer, Schweißtropfen auf der Stirn und Worten mit viel Tiefsinn.
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