Langer Winter ist hart für Obdachlose
Mann in Rüsselsheim erfroren
Tobias Weiler05.04.2013 evb Artikel: Download PDF Drucken Teilen Feedback
Tobias WeilerStraßenmusiker in FrankfurtWinter 2013. Nahe bei einer Notunterkunft für Wohnungslose in Rüsselsheim wird ein Toter in seinem Schlafsack gefunden. Der 38-Jährige war obdachlos und ist erfroren. Nach Angaben der Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungslosenhilfe e.V. (BAG W), dem bundesweiten Dachverband der Wohnungslosenhilfe in Deutschland, ist im Winter 2012 / 2013 in Hessen und Nassau mindestens ein Wohnungsloser erfroren.
Mindestens 279 Obdachlose sind erfroren
Nach Kenntnis der BAG Wohnungslosenhilfe sind seit 1991 mindestens 279 Wohnungslose unter Kälteeinwirkung verstorben. Sie erfroren im Freien, unter Brücken, auf Parkbänken, in Hauseingängen, in Abrisshäusern, in scheinbar sicheren Gartenlauben und sonstigen Unterständen.Wenn ein Obdachloser die Hilfsangebote der Stadt im Winter nicht nutzt, bewegt er sich meist die ganze Nacht über, um nicht zu erfrieren. Obdachlose vom Frankfurter Hauptbahnhof berichten aber, dass sie nachts auf die Isolierung ihrer Schlafsäcke vertrauen. Manchmal zu Unrecht, wie der 38-jährige Wohnungslose in Rüsselsheim.
Wohnungslose in Frankfurt werden immer zahlreicher
Besonders betroffen sind die rund 22.000 Wohnungslosen, die ganz ohne Unterkunft auf der Straße leben. Allein in Frankfurt haben nach Angaben der Diakonie rund 2350 Menschen keinen festen Wohnsitz.
Allerdings ist die Stadt Frankfurt gut auf diese Situation vorbereitet. So fährt ein Kältebus nachts durch die Stadt und sucht Hilfsbedürftige auf. Außerdem ist die B-Ebene der U-Bahnstation Hauptwache geöffnet. Zusätzlich stehen die Kirchen und Diakonieeinrichtungen mit ihren Angeboten bereit.
Angebote von Kirche und Diakonie helfen Obdachlosen
Im Tagestreff von WESER5 zum Beispiel, einem Diakoniezentrum im Frankfurter Bahnhofsviertel, erhalten Obdachlose ein Frühstück, sie können sich duschen und erholen. „Mittlerweile trifft es Menschen aus der Mitte der Gesellschaft, “ bemerkt Leiterin Renate Lutz.
So berichtet sie von einem promovierten Naturwissenschaftler mit drei Kindern, der wegen hoher Anforderungen am Arbeitsplatz zu trinken begann. Aufgrund der Probleme, die die Sucht verursachte, zog seine Frau mit den Kindern aus – worauf hin die Abwärtsspirale sich noch schneller drehte. Er ließ sich nur noch unregelmäßig am Arbeitsplatz blicken, verlor den Job und landete schließlich auf der Straße.
Viele Obdachlose hätten jedoch meist einen schweren Start ins Leben gehabt. Manche seien ehemalige Heimkinder oder kämen aus zerrütteten Familien, zudem fehlte oft der Schul- und/oder Berufsabschluss.
Passanten sollen aufmerksam sein und Hilfe rufen
„Ich bitte die Bevölkerung in kalten Wochen besonders aufmerksam zu sein, wenn sie einen Menschen sehen, der Hilfe braucht. Einfach die Telefonnummer 110 wählen und um Unterstützung bitten“, so das Anliegen von Lutz. Sie erklärt, dass manche der obdachlosen Menschen in Frankfurt am Main auch bei frostigen Temperaturen unterwegs seien. Die Straßensozialarbeiter von WESER5 suchen sie dann auf und versuchen sie davon zu überzeugen, eine Übernachtungsstätte aufzusuchen. Bewirkt auch das beste Argument nichts, verteilen sie Schlafsäcke.
Wohnungslose in Deutschland
48.000 Menschen sind ohne festen Wohnsitz, das heißt sie übernachten im öffentlichen Raum, im Freien, in Notunterkünften, in Hospitalen oder bei Bekannten.
22.000 Menschen leben und übernachten ganz ohne Unterkunft auf der Straße.
Wohnungslose in Frankfurt
Gut 2.350 Menschen sind Anfang 2013 in Frankfurt wohnsitzlos.
Zum Vergleich: 2008 waren es 1.800 Wohnsitzlose.
Die Zahl der Obdachlosen steigt kontinuierlich
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