Dekanat Rodgau

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    Glaube

    Was hätte Jesus beim Abendmahl gewollt?

    sedmak/gettyimagesGemälde vom letzten Abendmahl Jesu von Girolamo da Santacroce

    Der Begriff Abendmahl birgt jede Menge Zündstoff – wenn davor das Wort gemeinsam steht. Warum? Und was hat es mit dem Abendmahl eigentlich auf sich?

    Von Andrea Seeger (Evangelische Sonntags-Zeitung)

    Mai 2018: Deutscher Katholikentag in Münster. Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier und seine Frau Elke Büdenbender nehmen an einem der Gottesdienste teil. Höhepunkt eines katholischen Gottesdienstes ist die Feier der Eucharistie. Als es so weit ist, bleibt der Bundespräsident in seiner Bank sitzen. Nur seine Frau geht nach vorne zur Kommunion. Er ist bekennender evangelischer Christ, sie bekennende katholische Christin. Das Beispiel beschreibt der Journalist Hans Leyendecker in dem Buch „Ein Kelch für zwei“. Der frühere Katholik ist heute evangelisch und fungierte in diesem Jahr als Präsident des Deutschen Evangelischen Kirchentages in Dortmund.

    Keine Einheit beim Abendmahl – ein innerkatholisches Problem?

    Bundespräsident Steinmeier appellierte in seinem Grußwort beim Katholikentag, Wege zu suchen, die es erlauben, gemeinsam an Abendmahl und Kommunion teilzunehmen. Leyendecker indes hat nur wenig Hoffnung, dass Christen beim dritten ökumenischen Kirchentag in Frankfurt 2021 in eucharistischer Gemeinschaft feiern werden. Gut findet er das nicht. Beide Kirchen riefen nach der Einheit der Völker. Im Abendmahl, in der Eucharistie aber gebe es sie nicht. Er halte das für ein innerkatholisches Problem, für eine Frage von Macht und Rechthaberei.

    Auch bei Protestanten unterschiedliche Auslegungen

    Die Sache mit dem gemeinsamen Abendmahl gestaltet sich tatsächlich schwierig. Die aus der Reformation hervorgegangenen Kirchen einigten sich auch erst 1973 auf ein gemeinsames Abendmahlsverständnis. „Wir bekennen die Gegenwart des auferstandenen Herrn unter uns mit Brot und Wein“, heißt es. Wie diese Gegenwart aussieht, ist Glaubenssache.

    Christus‘ Allgegenwart beim Abendmahl 

    Von katholischer Seite aus betrachtet ist es komplizierter. Hier steht der Priester in der direkten Nachfolge der Apostel. Durch seine Weihe ist er im Moment der Heiligen Messe Stellvertreter Christi auf Erden. Durch die Wandlungsworte des Priesters werden nach römischer Lehre Wein und Brot zu Christi Fleisch und Blut. Deshalb bewahren Katholiken zum Beispiel geweihte Hostien in einem besonderen Behälter auf, einem Tabernakel. Wenn auch alle Christen glauben, dass Christus beim Abendmahl gegenwärtig ist, liegen die Glaubensvorstellungen über das Wie bei Katholiken, Lutheranern und Reformierten auseinander.

    Pluralität im Neuen Testament

    Der Neutestamentler Ansgar Wucherpfennig, Jesuit und Rektor der Hochschule St. Georgen in Frankfurt, fragt, wie Jesus sich Eucharistie vorgestellt hat. Im Neuen Testament gebe es eine große Pluralität. Bis ins zweite Jahrhundert sei keine einheitliche Form bezeugt. „Aus dem Neuen Testament lässt sich nicht erschließen, dass Jesus Christus die Eucharistie in Form einer einheitlichen Feier gewollt hätte“, bilanziert der Katholik Wucherpfennig.

    Er sieht Jesus als Gastgeber. Seine Mahlpraxis sei breit und unliturgisch, gleiche eher einem sommerlichen Picknick. Er werfe niemanden hinaus (Johannes 6,37), reiche jedem Einzelnen das Brot. Beim Evangelisten Markus teilen Jünger das Brot aus, eine Vorwegnahme des Geschehens, weil Jesus es bald nicht mehr wird tun können. Jesus nahm das Mahl ein mit Armen und Sündern. Er habe nicht nur den Hunger des Leibes und den Durst der Seele stillen, sondern auch Versöhnung schenken wollen.

    Gottesdienst keine geschlossene Gesellschaft

    Als die christlichen Gemeinschaften größer wurden, waren die gemeinsamen Herrenmahle nicht mehr möglich, schreibt Anselm Schubert, evangelischer Theologe und Professor für Neuere Kirchengeschichte an der Universität Erlangen-Nürnberg, in seiner kulinarischen Geschichte des Abendmahls. Die Christen gliederten die reinen Sättigungsmahle aus, daneben entwickelte sich ein eucharistisches Kultmahl, das ein Priester leitete. Diese Trennung war ein langer, schwieriger Prozess, der sich über Jahrhunderte hinzog.

    Die unterschiedlichen Verständnisse sollten immer wieder befragt werden nach Jesu Ursprungsintentionen, empfiehlt Ansgar Wucherpfennig. „Gottesdienstgemeinschaften müssen den Blick für den Anderen und so für die Armen offen halten, sonst werden sie zur geschlossenen Gesellschaft, und die hat Jesus bestimmt nicht gewollt“, appelliert der Neutestamentler an alle Christinnen und Christen.

    Profilierte katholische und evangelische Theologinnen und Theologen arbeiten zusammen in einem ökumenischen Arbeitskreis. Vor einigen Wochen haben sie in Frankfurt ein Papier vorgestellt, in dem sie sich für eine wechselseitige Teilnahme am Abendmahl der jeweils anderen Konfession aussprechen. Das soll ein Schritt sein auf dem Weg zu einem gemeinsamen Abendmahl. Jetzt muss die Praxis beweisen, dass es funktioniert.

    Buchtipps
    Jörg Bremer (Hg.): Ein Kelch für zwei – Zur ökumenischen Debatte um die Kommunion bei konfessionsverbindenden Paaren; Matthias Grünewald Verlag 2019, 160 Seiten; 24 Euro.
    Anselm Schubert: Gott essen – eine kulinarische Geschichte des Abendmahls; C. H. Beck-Verlag 2018; 271 Seiten; 24,95 Euro.

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