Zusammenfassung Frühjahrssynode
Weniger Armut, mehr Politik, große Reformation und klare Kommunikation
10.05.2014 vr Artikel: Download PDF Drucken Teilen Feedback
Frankfurt a.M., 10. Mai 2014. Die Frühjahrssynode der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau (EKHN) ist am Samstag mit Maßnahmen gegen Armut, einem Appell für ein deutliches politisches Engagement und einer Verstärkung der Planungen für das Reformationsjubiläum 2017 zu Ende gegangen. Die 152 Delegierten der 1,7 Millionen Mitglieder zählenden Kirche bestätigten in Frankfurt auch die Arbeit der Öffentlichkeitsarbeit, die sich für weitere drei Jahre regelmäßig per Brief an alle Evangelischen im Kirchengebiet wenden wird.
Selbstverpflichtung gegen Armut und Projekt „DRIN“ für weniger Ausgrenzung
Die Synodalinnen und Synodalen haben sich bei ihrer Tagung in Frankfurt dazu verpflichtet, sich noch deutlicher als bisher gegen Armut und Ausgrenzung einzusetzen. In einer mit großer Mehrheit verabschiedeten Erklärung heißt es, dass die EKHN stärker „gegen unfreiwillige materielle Armut und soziale Ausgrenzung eintreten“ sowie für die „Bekämpfung ihrer Ursachen werben“ solle. Mit der Selbstverpflichtung sollen auch die Gemeinden für die Problematik sensibler gemacht werden. Dazu hat die Synode einem drei Millionen Euro umfassenden Projekt gegen Armut und gesellschaftliche Ausgrenzung grünes Licht gegeben. Unter dem Titel „DRIN – Dabeisein – Räume entdecken – Initiativwerden – Nachbarschaft leben“ sollen künftig besondere Hilfsprojekte in der gesamten Landeskirche gestartet werden. Kirchengemeinden, Dekanate und regionale Diakonische Werke können dabei gemeinsam mit anderen Einrichtungen und Akteuren vor Ort Angebote entwickeln, um wachsender Armut und zunehmender Ausgrenzung von Menschen konkrete Ideen entgegenzusetzen. Dazu gehört beispielsweise der Aufbau von Beratungszentren oder Begegnungsmöglichkeiten in Gemeinderäumen.
Kirchenpräsident Volker Jung für eine gesellschaftspolitisch engagierte Kirche
Der Kirchenpräsident der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau, Dr. Volker Jung, hat sich in seinem Bericht zur Lage in Kirche und Gesellschaft auf der Synodaltagung für eine gesellschaftspolitisch engagierte Kirche ausgesprochen. Es sei eine wichtige Aufgabe, sich „öffentlich zu Wort zu melden und einen Beitrag zur Entscheidungsfindung in unserer pluralen Gesellschaft zu leisten“, sagte er in seinem Bericht mit dem Titel „Gebt dem Kaiser, was des Kaisers ist, und Gott, was Gottes ist“. Gleichzeitig sei „prophetische Wachsamkeit“ gefragt, um auf mögliche Fehlentwicklungen hinzuweisen. Nach Jungs Worten ist es wichtig, dass die evangelische Kirche bei ihren öffentlichen Äußerungen „nicht parteipolitisch argumentiert, sondern an der Sache orientiert bleibt, in einem theologischen Begründungshorizont steht und über das politische Tagesgeschäft hinausweist“. Das Christsein sei „immer politisch, weil uns als Menschheit diese Welt anvertraut ist und wir dazu bestimmt sind, in Gemeinschaft miteinander aus der Kraft des Friedens Gottes und auf seinen Frieden hin zu leben“, sagte Jung weiter. Er warnte zugleich davor, „das Politische religiös zu überhöhen oder das Religiöse zu politisieren“. Jung rief auch dazu auf, sich an den Europawahlen zu beteiligen. In der Flüchtlingspolitik forderte er von der EU ein Umdenken. Um Schleuserbanden das Handwerk zu legen, seien verbesserte legale Einreisemöglichkeiten nötig. Außerdem müssten die bisherigen europäischen Regelungen überdacht werden, nach denen alleine das Erst-Aufnahmeland für die Hilfesuchenden zuständig ist. Für viele Menschen bedeute dies, dass sie nach ihrer Flucht in Europa eine anschließende Odyssee erlebten.
Planung für Reformationsjubiläum 2017 wird stärker vorangetrieben
Die Synode hat auch beschlossen, die Planungen für das Reformationsjubiläum 2017 verstärkt voranzutreiben. Bereits im Herbst will sie abschließend darüber entscheiden, ob eine Projektgruppe zur Vorbereitung des 500-Jahr-Jubiläums der Reformation aufgebaut wird und rund 3,5 Millionen Euro für die Unterstützung von Veranstaltungen bereitgestellt werden. Bis dahin soll ein detailliertes Konzept vorgelegt werden, das Projekte wie etwa ein „Lutherweg“ durch Hessen gemeinsam mit der Landesregierung und der benachbarten Evangelischen Kirche von Kurhessen-Waldeck umfasst. Geplant ist daneben eine Ausstellung im Frankfurter Bibelhaus-Erlebnismuseum zu „Luthers Meisterwerken“, die bereits im kommenden Jahr eröffnet werden soll. Darüber hinaus sollen vor allem regionale Projekte zur Reformation sowie die Präsenz der EKHN bei den zentralen Jubiläumswochen in Wittenberg unterstützt werden. Zuvor hatte die Luther-Botschafterin der Evangelischen Kirche in Deutschland, Margot Käßmann, in ihrem Gastbeitrag davor gewarnt, bei den bevorstehenden Feiern zum 500-Jahr-Jubiläum der Reformation 2017 einen „Kult um Luther“ zu betreiben. Die Reformation dürfe nicht auf die Person des einflussreichen Theologen beschränkt bleiben. Nach Ansicht der früheren Hannoverschen Bischöfin und EKD-Ratsvorsitzenden komme es bei dem Jubiläum vor allem darauf an, eine ökumenische Perspektive stark zu machen. Es solle als „welt-offenes, internationales Ereignis mit ökumenischer Dimension betrachtet werden“.
Öffentlichkeitsarbeit mit Impuls-Briefen an jedes Mitglied wird fortgesetzt
Die Evangelische Kirche in Hessen und Nassau wird auch in Zukunft ihre 1,7 Millionen Mitglieder regelmäßig mit einem Brief anschreiben, der zu religiösen Gesprächen anregen soll. Die Synode der EKHN hat bei ihrem Zusammentreffen in Frankfurt entschieden, die sogenannte Impulspost für weitere drei Jahre fortzuführen. Zuletzt wurden Anfang Mai Themenbriefe unter dem Motto „Zum Glück gibt’s den Segen“ an alle Kirchenmitglieder verschickt. Dabei hatte sich mehr als die Hälfte der rund 1200 Kirchengemeinden selbst an der Initiative beteiligt und dazu beispielsweise Banner mit dem Aktionsmotiv an Kirchtürmen befestigt. Die Kosten für die jährlich zwei Briefe an die 1,7 Millionen Kirchenmitglieder belaufen sich auf etwa 0,9 Millionen Euro. Das sind pro Brief und Kirchenmitglied 26 Cent. Die Gemeinden werden mit Material im Umfang von 400.000 Euro unterstützt.
Propstei Süd-Nassau soll schnell wiederbesetzt werden
Die Synode hat dafür plädiert, das Propstamt in Süd-Nassau mit Sitz in Wiesbaden schnell wiederzubesetzen. Die Stelle soll bereits im Juni ausgeschrieben werden. Der bisherige Amtsinhaber Dr. Sigurd Rink wechselt im Sommer als neuer Militärbischof der Evangelischen Kirche in Deutschland nach Berlin. Gleichzeitig verlangte das mit einem Parlament vergleichbare Gremium von der Kirchenleitung die Vorlage eines neuen Konzeptes zur Gestaltung der Propsteibereiche bis zur kommenden Synodaltagung. Darin soll die Zahl der Gebiete verringert werden. Bisher besteht die rund EKHN aus den sechs Propsteien Süd-Nassau, Nord-Nassau, Rhein-Main, Rheinhessen, Starkenburg und Oberhessen. Bereits bei der Neuordnung der urspünglich 47 Dekanate im vergangenen Jahr hatte es Forderungen zur baldigen Neustrukturierung der Propsteien gegeben.
Neue Gesichter in Spitzenämter gewählt
Als neuer Personalchef der EKHN wurde Jens Böhm (51) gewählt. Er leitete zuvor das Referat Personalförderung und Hochschulwesen. Der bisherige Personaldezernent Dr. Walter Bechinger, der für rund 21.500 Mitarbeitende der Landeskirche zuständig ist, geht Ende August in den Ruhestand. Zugleich wurde Christine Noschka (59) neue stellvertretende Leiterin der Kirchenverwaltung der EKHN. Die Theologin wird die Aufgabe zusätzlich zur Leitung des Dezernats 1 übernehmen, an dessen Spitze sie auch weiterhin steht. Neuer Vizepräsident des Kirchlichen Verfassungs- und Verwaltungsgerichts (KVVG) der EKHN ist Dieter Schecker (58). Der Vorsitzende Richter am Verwaltungsgericht in Darmstadt war bereits seit 1999 Mitglied des kirchlichen Gerichts, an dem Juristen ehrenamtlich tätig sind.
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