Tag der Deutschen Einheit
ARD-Gottesdienst „Liebe überwindet Grenzen“
R. DeschnerKaiserdom St. Bartholomäus - ein feierlicher Ort für den zentralen Gottesdienst zum Fest der Deutschen Einheit03.10.2015 vr Artikel: Download PDF Drucken Teilen Feedback
Volker Rahn / ARDEKHN-Kirchenpräsident Dr. Volker Jung und Weihbischof Manfred Grothe im Frankfurter KaiserdomFrankfurt a.M., Limburg, Darmstadt, 3. Oktober 2015. Mit einem in der ARD übertragenen ökumenischen Gottesdienst im Dom St. Bartholomäus in Frankfurt am Main sind am Samstagmorgen (3. Oktober) die Feierlichkeiten zum 25. Jahrestag der Deutschen Einheit eröffnet worden. Der Apostolische Administrator des Bistums Limburg, Weihbischof Manfred Grothe, begrüßte im Kaiserdom zahlreiche Gäste aus Politik und Gesellschaft, darunter Bundespräsident Joachim Gauck und Bundeskanzlerin Angela Merkel. „Die Vielfalt bestimmt unser Land, wir sind dankbar für sie. Genauso ist uns die Einheit unseres Landes ein großes, kostbares Geschenk und Gut“, sagte Grothe. Diese Vielfalt spiegelte sich auch im Gottesdienst wider. Die Predigt hielt der Kirchenpräsident der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau, Dr. Volker Jung. Metropolit Augoustinos von Deutschland wirkte für die Orthodoxe Kirche mit. Geistliche aus dem Judentum, dem Islam, der Sikh-Religion und weitere Beteiligte waren ebenfalls an dem Gottesdienst unter dem Titel „Liebe überwindet Grenzen“ beteiligt.
In seiner Predigt hob der Kirchenpräsident der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau, Dr. Volker Jung (Darmstadt), hervor, dass 25 Jahre Deutsche Einheit viel Grund zur Dankbarkeit böten. Gleichzeitig gehe es darum, den Feiertag nicht national zu überhöhen, sondern die gegenwärtigen Herausforderungen in Europa und in der Welt in den Blick zu nehmen. Das Jubiläum unter dem Motto „Grenzen überwinden“ sei ein guter Anlass dafür, danach zu fragen, was Menschen im Leben wirklich trägt. Nach Jung ist aus christlicher Sicht dafür die Liebe eine wesentliche Basis. Die Liebe zu Gott, die Liebe zum Nächsten und die Liebe zu sich selbst würden in der Bibel eine zentrale Rolle spielen. Sie sei ein „Kompass für das Leben“.
Mit Blick auf die aktuellen Herausforderungen erklärte der Kirchenpräsident, dass die Liebe auch die Kraft besitzen könne, Barrieren zu überwinden. Jung: „Diese Liebe macht keinen Halt vor Grenzen zwischen Ländern, Kulturen und Religionen. Wer liebt, sieht im anderen Menschen nicht den Fremden, sondern die Schwester, den Bruder – auf Liebe angewiesen wie ich selbst“. Jung hoffe, dass Gott allen die Kraft schenke, „das Zusammenleben in Deutschland so zu gestalten, dass Menschen das leben können, worauf es ankommt – nämlich füreinander da zu sein und zu einem guten und friedlichen Miteinander in Europa und in dieser Welt beizutragen“.
Jung ging im Gottesdienst auch auf die Gefahr des religiösen Fanatismus ein. Seiner Ansicht nach kann es keine Gottesliebe geben, die das Leben von Menschen verachtet. „Alle irren, die meinen, man könne mit Gottesliebe die Vernichtung von Menschen begründen“, sagte Jung. „Wenn du spürst, wie sehr du Liebe brauchst, dann spürst du auch, was andere Menschen brauchen. Und dann spürst du auch, was Gott will und was Gott dir schenkt“, so Jung. Deshalb dürfe auch niemand „aus Not verhungern, verdursten oder ertrinken“.
Brücken zwischen den Religionen und Konfessionen sollten ebenfalls in dem Festgottesdienst geschlagen werden. So überbrachte die Frankfurter Rabbinerin Dr. Elisa Klapheck für das Judentum Friedensgrüße und erinnerte an die tragische Geschichte ihrer Religion in Deutschland. Sie sei froh, dass „Juden heute nicht mehr auf gepackten Koffern sitzen“ und berichtete von einer regelrechten „Wiedergeburt jüdischen Lebens in Deutschland“. Selcuk Dogruer, Imam und Landesbeauftragter für interreligiöse Zusammenarbeit bei der DITIB in Hessen sprach sich gegen den Missbrauch von Religion zur Rechtfertigung von Gewalt und Diskriminierung aus. Muslime setzten sich „für die Freiheit und Vielfalt in unserer Gesellschaft“ ein. Khushwant Singh von der Sikh-Religion forderte dazu auf, „gemeinsam die Einheit unter den Menschen zu stärken“ sowie „die Abgrenzung im Namen von Staaten oder Glaubensvorstellungen“ zu überwinden.
Drei Mitwirkende berichteten zudem aus ihrem Leben, wie dort die Liebe Grenzen überwunden hat. Der Schauspieler Samuel Koch, der durch sein Unglück in der Sendung „Wetten Dass?“ bekannt wurde, setzte das Handicap seines Lebens in Vergleich zu dem Leid der Menschen die gegenwärtig vor Terror und Krieg fliehen. Berthold Dücker, Mitbegründer der Gedenkstätte „Point Alpha“ erzählte von seiner Flucht aus dem Osten als 16-jähriger, bei der er den Grenzzaun eigenhändig durchtrennte. Die junge Deutsch-Eritreerin Betelihem Fisshaye berichtete von der Aufnahme ihrer Familie und versprach nun selbst dazu beizutragen, „dass in Deutschland auch andere offene Türen finden“. Biblische Texte zum Liebesgebot las zudem die unter anderem aus der Fernsehserie „Heimat“ bekannte Schauspielerin Anke Sevenich.
Verantwortlich für die Musik im Frankfurter Kaiserdom war Dommusikdirektor Andreas Boltz. Die Klänge sollten dazu beitragen, den Gottesdienst besonders feierlich zu gestalten. Dazu sang der Knaben- und Mädchenchor am Frankfurter Dom (Frankfurter Domsingschule) mit 50 Mädchen und Jungen ebenso wie das „Vocalensemble am Kaiserdom“. Es spielten an den Instrumenten: die Bläser des „Ensemble Contrapunctus“ unter der Leitung von Uwe Krause, das Barockorchester „Neumeyer Consort“ sowie an den Domorgeln Felix Ponizy und Bjanka Ehry. Rund 120 Musikerinnen und Musiker waren damit insgesamt an dem Festgottesdienst beteiligt.
Eigens für die Veranstaltung wurden umfangreiche Neukompositionen und Arrangements bei den Komponisten Matthias Drude (Dresden) und Paul Engel (Wiesbaden) in Auftrag gegeben, darunter eine „Fantasie für Blechbläser, Schlagzeug und Orgel”. Am Ende des Gottesdienstes zum 25. Jahrestag der Deutschen Einheit erklang aber wieder Traditionelles mit dem festlichen „Nun danket alle Gott“ des evangelischen Lieddichters Martin Rinckart (1586-1649).
Themen-Special zum Tag der Deutschen Einheit
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Nach Informationen des Hessischen Rundfunks sahen über 430.000 Zuschauerinnen und Zuschauer im Bundesgebiet die Feier im Fernsehen. Allein in Hessen schauten 70.000 Menschen zuhause zu. Damit sahen in dem Bundesland mehr den Gottesdienst als die Tagesschau-Sendungen unmittelbar davor und danach.
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