Bildung
„Leistungsdruck nimmt bereits im Grundschulalter zu“
alvarez/istockphoto.com27.01.2016 sto Artikel: Download PDF Drucken Teilen Feedback
Die Halbjahreszeugnisse stehen bevor und eine aktuelle Studie der Bertelsmann-Stiftung zeigt: In Deutschland erhalten 1,2 Millionen Schüler Nachhilfe. Nicht alle von ihnen haben schlechte Noten. Mit dem Wechsel von Grund- zu weiterführenden Schulen steige der Nachhilfebedarf, heißt es. „Nachhilfe darf kein Ersatz für fehlende individuelle Förderung sein. Gerade die weiterführenden Schulen müssen sich noch besser auf die Vielfalt ihrer Schüler einstellen“, sagt Jörg Dräger, Vorstandsmitglied der Bertelsmann Stiftung.
Auszeit nach dem Abitur
Dem stimmt auch die Schulleiterin des Laubach-Kollegs, Ellen Reuther, zu. Schulisches Lernen dürfe nicht in der Nachhilfe nachgeholt werden. Ihre Erfahrung am Oberstufengymnasium der EKHN zeige, dass ab etwa der zehnten Klasse der Druck der Eltern auf die Schüler nachlasse, aber Methoden wie das Zentralabitur die Schüler weiter unter Druck setze. Ein Zeichen dafür sei, dass gut ein Drittel der Schüler nach dem Abitur eine Auszeit nehmen.
Ganztagsschüler nehmen seltener Nachhilfe
Die Ergebnisse der Studie seien nicht überraschend, sagt Uwe Martini. Der Direktor des Religionspädagogischen Institut von EKHN und EKKW erklärt, dass der Leistungsdruck bereits bei Kindern im Grundschulalter zunehme. „Mache Kinder haben den Terminplan eines Erwachsenen und keine Zeit mehr, einfach Kind zu sein“, sagt Martini. Auch die Umstellung an hessischen Gymnasien von G9 auf G8 habe aus dem „System Schule“ heraus dazu geführt, dass zusätzliche Lernangebote eher angenommen werden. Positiv wertet der Bildungsfachmann das Ergebnis der Studie, dass Ganztagsschüler seltener Nachhilfe in Anspruch nehmen.
Jeder siebte Schüler erhält Nachhilfe-Unterricht
Der Ausbau von Ganztagsschulen müsse weiter vorangetrieben werden, fordert Dräger von der Bertelsmann-Stiftung. „Bildungschancen dürfen nicht von privat finanzierter Nachhilfe abhängen. Ganztagsschulen bieten einen guten Rahmen für zusätzliche und individuelle Förderung.“ Bundesweit nimmt laut Studie etwa jeder siebte Schüler im Alter zwischen sechs und 16 Jahren Nachhilfeunterricht. Aus den Ergebnissen lasse sich schließen, dass eher schulische Angebote als privater Nachhilfeunterricht von den Schülern genutzt werden. Dennoch dürfe die Bildungschancen der Kinder und Jugendlichen nicht vom Geld der Eltern abhängen.
Hintergrund
In der Studie „Nachhilfeunterricht in Deutschland: Ausmaß – Wirkung – Kosten“ der Bertelsmann-Stiftung haben Professor Klaus Klemm und Nicole Hollenbach-Biele für die Bertelsmann Stiftung aktuelle Forschungsbefunde zur Nutzung von Nachhilfe ausgewertet. Ergänzt wird diese Analyse durch die Ergebnisse einer repräsentativen Elternumfrage, in deren Rahmen Infratest dimap insgesamt rund 4.300 Eltern aus ganz Deutschland zur Nutzung von Nachhilfe befragte.
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