Jahresempfang
Mehr Mut für die Zukunft
29.06.2023 hjb Artikel: Download PDF Drucken Teilen Feedback
Mit der Referentin Dr. Birgit Pfeiffer gab es eine weitere Premiere: Sie wurde 2022 als erste Frau zur Präses der Kirchensynode der EKHN gewählt. Es ist protokollarisch das höchste Amt in der EKHN und wird ehrenamtlich ausgeübt. Im Schlosshof des Theologischen Seminars der EKHN sprach sie über die Herausforderungen von Kirche in der Zukunft. In fünf Punkten machte sie Mut die Zukunft der Kirche mitzugestalten.
"Jetzt ist die Zeit!" In Anlehnung an das Motto des zurückliegenden Kirchentages in Nürnberg wählte Dr. Birgit Pfeiffer den dazugehörenden biblischen Text. "Das Markus-Evangelium verspricht kein leichtes Leben und keinen Ruhm. Aber an keiner Stelle ist es hoffnungslos, weil es mit den (von Jesus eingesetzten) Menschenfischer*innen rechnet. Menschen, die Jesus nachfolgen, haben keinen Status zu verlieren, aber alle Hoffnung zu gewinnen. Entscheidend ist, dass Jesus in seinen Nachfolger*innen weiterwirkt", sagte Präses Pfeiffer.
Präses Dr. Wolfgang Wörner vom Evangelischen Dekanat an der Dill und Karl Müßener, der Leiter des Diakonischen Werkes konnten im Schlosshof Herborn gemeinsam mit Dekan Roland Jaeckle rund 80 Besucher aus Politik, Wirtschaft und Sozialwesen, aus den kirchlichen und diakonischen Einrichtungen sowie aus den Kirchengemeinden begrüßen. Bei herrlichem Sonnenwetter hat der Empfang draußen stattfinden können. Den offiziellen Teil haben Dr. Gernot Schmitt (Saxofon) und Markus Enseroth (Piano) musikalisch umrahmt. Das Serviceteam des Tagungshauses um Koch und Betriebsleiter Stefan Lehnis hat für ausgewählte Speisen und Getränke gesorgt. es war rundum ein schöner Empfang in gelöster Atmosphäre.
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Die Rede von Präses Dr. Birgit Pfeiffer im Wortlaut:
Sehr geehrte Damen und Herren,
liebe Geschwister im Evangelischen Dekanat und in der Diakonie an der Dill!
"Jetzt ist die Zeit!", so lautete das Motto des 38. Deutschen Evangelischen Kirchentages, der vor kurzem in Nürnberg zu Ende gegangen ist. Aus dem Markusevangelium stammt der Vers, der zum Motto wurde, und er passt auch in unsere Zeit.
"Die Zeit ist erfüllt, und das Reich Gottes ist herbeigekommen. Kehrt um und glaubt an die frohe Botschaft." So heißt es im ersten Kapitel im fünfzehnten Vers. Das Markus-Evangelium bezieht sich dabei auf den Herrschaftsantritt des Messias.
So manche junge römische Kaiser sprachen damals vom neuen Reich, von der Versöhnung nach alten Kriegen. Und nicht zuletzt sprachen sie vom Frieden – selbstverständlich von einem römischen Frieden, der nur innerhalb der Grenzen des Imperiums galt und auch dort nur für Privilegierte. Für viele andere war dieser Friede eine blutige Unterdrückung - ob auf Sklavengaleeren oder in eroberten Gebieten.
Auch Versuche der Kontrollen und Auslese vor den Grenzen kannte schon das Römische Reich. Gerade im Vier-Kaiser-Jahr 69 n.Chr. liefen viele "frohe Botschaften" durch das Imperium: die Propaganda für den jeweils neuen Kaiser.
Auch das Markusevangelium spricht von einer frohen Botschaft zum Herrschaftsantritt. Aber es tut dies insgesamt in einer einmaligen und für damalige Bürger*innen Roms erkennbaren Abweichung zum Amtsantritt römischer Kaiser: Dieser Bote kommt aus der Wüste und er hat keinen Aufstand blutig niedergeschlagen - wie der z. B. Vespasian den jüdischen Aufstand in der Provinz Judaea.
Der neue Herrscher, der Messias, fordert nicht Unterwerfung und Treue, sondern Umkehr. Statt mit Brandschatzungen, Steuerauflagen und grausamen Schaustrafen Menschen einzuschüchtern, lädt er alle, die ihm nachfolgen ein, zu "Menschenfischern" zu werden. Wunderheilungen haben auch römische Kaiser immer mal wieder für sich propagandistisch in Anspruch genommen.
Aber im Markusevangelium dienen diese nicht dem eigenen Ruhm oder einer lnthronisationsrede für den, der am Ende doch hingerichtet wird. Hier sind die Wunderheilungen die Hilfe für diejenigen, die der Hilfe am meisten bedürfen. Nicht zuletzt sät das Markusevangelium Hoffnung in den Bildern der "kleinen Leute": vom Säen, vom Wachsen der Saat, vom Licht und vom Senfkorn.
Plötzlich wird nachvollziehbar, wie Änderung geschieht (und dass "die da oben" gelegentlich sehr allein dasitzen).
"Jetzt ist die Zeit" - das ist eine Zeitansage und damit immer zugleich die Aufforderung, etwas zu tun, uns selbst zu verhalten zu der Zeit, in der wir leben. Der zurückliegende Kirchentag hat dies in besonderer Weise die gegenwärtigen politischen Situation thematisiert: er sprach die aktuellen Themen an: die Klimakrise, die vielen Kriege, er blickte auf die Zunahme von Migration, er beschäftigte sich mit den gesellschaftlichen und politischen Umbrüche unserer Zeit, mit der Digitalisierung, mit der Zunahme autoritärer Regierungen und dem selbst in der Bundesrepublik Deutschland schwindenden Verständnis für Demokratische Entscheidungen und die Notwendigkeit von Kompromissen.
Mich hat beeindruckt, wie gemeinsam und in Achtung anderer Meinungen gerungen wurde, um stärkeren Klimaschutz und Energieeinsparungen, und zugleich betont wurde, dass die Lasten dieses Umsteuerns trotzdem alle solidarisch tragen können. Im Politischen Nachtgebet, neben den Bibelarbeiten ist dies eines der besonderen Veranstaltungsformate von Kirchentagen, wurde unmittelbar die Menschenverachtung des gerade beschlossenen so genannten EU-Asylkompromisses thematisiert und seine geplanten Auslese-Lager vor den Grenzen der EU benannt und kritisiert. Es wurde intensiv um die Möglichkeiten eines gerechten Friedens gerungen (denn ein anderer als ein gerechter Frieden wird nicht halten). Und deutlich wurde auch in den Schlusspredigten, dass Gott auf der Seite der Minderheiten steht wie den People of Colour, bei den queeren Menschen, bei den Geflüchteten. Jesus erklärt sich immer solidarisch mit Menschen am Rande.
Jetzt also ist die Zeit: damals im 1. Jahrhundert zur Zeit des Markustextes wie heute. Es ist eine unruhige Zeit, eine Zeit der Veränderungen und Umbrüche, eine Zeit des Zweifelns an bisherigen Gewissheiten. Für die Kirchen in Deutschland gilt das allemal: die Zahl der Mitglieder sinkt und damit sinken die Finanzen. Es fehlen Fachkräfte und Nachwuchs in praktisch allen kirchlichen Berufen, vom Erzieher bis zur Pfarrerin, vom Kirchenmusiker bis zur Gemeindepädagogin.
ln den offenen Gesellschaften Europas scheinen Kirchen derzeit allgemein auf dem Rückzug zu sein - weltweit wächst das Christentum, allerdings oft in autoritären Formen. Was gibt uns also dieses Markus-Evangelium mit auf den Weg?
Ich möchte es in fünf Gegenüberstellungen versuchen.
Jetzt ist die Zeit zu gestalten statt zu verwalten.
Das Markusevangelium spricht deutlich davon, dass es nicht um hierarchische Positionen noch um die Durchsetzung von Machtansprüchen geht. "Wer unter euch groß werden will, soll euer Diener sein" heißt es in (Mk.10,43).
Kaiser im Römischen Reich delegierten ihre Macht auf treue Statthaltende. Unter Vespasian, der selbst nicht aus dem Adel stammte, förderten er und seine Söhne sogar eine Aufstiegsmentalität, die nach den besten Plätzen schielte. Das Markusevangelium dreht diese Situation um: Macht wird nicht delegiert, sondern wer Verantwortung trägt, geht auch den Weg zum Kreuz mit. Während Vespasian auf seinem Triumphzug in Rom sich von seinen beiden Söhnen begleiten lässt, wird Jesus zwischen zwei Räubern gekreuzigt.
Der Amtsantritt Jesu ist von Anfang an verbunden mit einem Statusverzicht. Schon der ankündigende Johannes der Täufer ernährt sich ebenso ärmlich wie klimafreundlich von Heuschrecken und wildem Honig. Es kommt nicht darauf an, eine Position zu halten oder aufzusteigen, sondern den Menschen zu dienen. Das Markusevangelium verspricht kein leichtes Leben und keinen Ruhm. Aber an keiner Stelle ist es hoffnungslos, weil es mit den Menschenfischer*innen rechnet. Menschen, die die Jesus nachfolgen, haben keinen Status zu verlieren, aber alle Hoffnung zu gewinnen. Entscheidend ist, dass Jesus in seinen Nachfolger*innen weiterwirkt. Es geht um die Kommunikation und die Umsetzung der frohen Botschaft: "Geht hin in alle Welt und predigt das Evangelium aller Kreatur ... " (Mk. 16, 15ft.)
Für eine evangelische Kirche in Deutschland kann diese fortlaufende Kommunikation des Evangeliums bedeuten, gewohnte Vorrechte und Privilegien in Frage stellen zu lassen, auch vor Ort. Die deutsche Staat-Kirchen-Kooperation funktioniert gut und war oft ein Segen; aber wir sollten uns nicht daran klammern, wenn Schulen und Friedhöfe weltlicher werden, wenn Pfarrer*innen und andere Funktionsträger*innen seltener eingeladen werden, wenn Kirchensteuer nicht mehr überzeugt.
Umgekehrt sollten wir vor Ort und in der Region noch stärker fragen: Was dient hier den Menschen am besten? Was baut Gemeinschaften und Verständigung auf? Was fördert die Gerechtigkeit, gerade für diejenigen, die an den Rändern stehen? Welche Dämonen können wir austreiben und welche Kranken heilen? Wir werden nicht alle Gebäude kirchlich erhalten können - aber vielleicht manche doch als Gemeinschaftsgebäude für viele.
ln einer Tagung der Evangelischen Akademie Frankfurt wurde die Wichtigkeit solcher Gemeinschaftsräume betont im Sinn einer Allmende, eines Begegnungsraumes, der allen miteinander gehört.
Wir können schon jetzt nicht alle vakanten Stellen wieder besetzen - aber zusammen mit Hauptamtlichen und Ehrenamtlichen deutlich machen, dass unsere Aufgabe immer über die jeweilige Kirchengemeinde und ihre Gruppen hinausreicht: Es geht um das Wohl aller Menschen, die an einem Ort leben, unabhängig vom Glaubensbekenntnis, von der Hautfarbe, vom Einkommen, vom Geschlecht oder von der sexuellen Orientierung.
Es geht auch darum, in und mit unseren Kirchen sichere Räume zu schaffen, in denen wir uns begegnen und uns austauschen können, weil niemand sich mehr zurückziehen oder still sein muss - aus Angst, etwas zu sagen oder zu sein, was den jeweiligen Mehrheiten nicht passt. So wie wir selbst aktive und passive Religionsfreiheit für uns selbst einfordern, so müssen und können wir dies solidarisch auch für andere tun. Es geht auch darum, wachsenden Diskriminierungen noch mutiger entgegenzutreten, weil sie den gesellschaftlichen Zusammenhalt und Frieden bedrohen. Gott ist auf der Seite der Schwachen.
Jetzt ist die Zeit, mutig statt ängstlich zu sein.
Das Markusevangelium zeichnet kein schönes Bild von einem "Jahrhundert der Kirche", noch nicht einmal von einem Wachsen der Christengemeinschaft. ln seiner ersten Fassung endet es sogar am leeren Grab mit "Zittern und Entsetzen" so in Mk. 16,8). Und trotzdem (oder gerade darin) entwirft es in den Bedrohungen der Zeit Hoffnungsbilder.
Es sind Hoffnungsbilder, die - entgegen den Versprechen der römischen Kaiser - gerade auf das "Ich mache alles neu, anders, besser" verzichten: Da werden viele Menschen, es sollen über 5000 gewesen sein, durch wenige Brote und Fische satt; da werden Kranke geheilt, Ängstliche ermutigt. Und beim Abendmahl versammeln sich die Menschen um Jesus zu einem Bund mit seinen Worten "Mein Leib" und "mein Blut". Das sind Ermutigungsbilder für die gewiss nicht riesige römische Gemeinde. Am Ende wird ihnen zugesagt: "Die Zeichen aber, die folgen werden denen, die da glauben, sind diese: ln meinem Namen werden sie Dämonen austreiben, in neuen Zungen reden, Schlangen mit den Händen hochheben, und sie etwas Tödliches trinken, wird's ihnen nicht schaden; Kranken werden sie die Hände auflegen, so wird's gut mit ihnen."
Uns ist so vieles verheißen -wir dürfen hoffnungsfroh das tun, wozu uns Gott sendet. Im Rückblick auf die Pandemie sehe ich da doch an mancher Stelle große Versäumnisse, dass wir nicht mutiger von der Hoffnung gesprochen haben, die uns trägt, und nicht mehr hinausgegangen sind aus unseren Häusern und Kirchen. Die Folgen spüren wir bis heute.
Jetzt ist die Zeit für Vielfalt statt für Uniformität.
Der Mut und die Hoffnungsbilder, welche das Markusevangelium durchziehen, führen zu einer großen Vielfalt: Was Menschen brauchen, wird unterschiedlich sein in der Stadt und auf dem Land, für Geflohene oder für Einheimische, für selbstbewusste Frauen oder für suchende Männer, für Menschen verschiedener Hautfarben oder Menschen sehr unterschiedlichen Einkommens. Was Kirche kann und tun muss, ist verstärkt mit anderen zusammenzuarbeiten und sich vernetzen. Wir müssen besonders als Kirche aus unserer eigenen Komfortzone hinausgehen und zusammen mit der Diakonie Unterstützungsnetzwerke aufbauen, damit niemand mehr an den Rand gedrängt wird - und damit auch bei Abnehmen der Kerngemeinden eine Gemeinschaft bleibt, in der wir uns kennen und schätzen, seien wir nun Mitglieder oder Nicht-Mitglieder der Kirche. Wir werden diese Netzwerke noch viel stärker brauchen, je kleiner wir werden.
Zu diesen Netzwerken gehört die Zusammenarbeit mit allen, die sich für das Überleben von Gottes Schöpfung einsetzen: Die Klimakrise ist zu bedrohlich, als dass wir auf engagierte Menschen verzichten könnten. Ebenso gehört dazu der Dialog mit allen regional aktiven Religionen und Weltanschauungen - er ist zentral für den gesellschaftlichen Frieden und lässt uns voneinander lernen, auch in Bezug auf unseren eigenen Glauben.
Gelegentlich sollten wir genauer hinhören und auch widersprechen, wenn Religionen andere ausgrenzen und diskriminieren. Zumeist ist die Gefahr, dass wir zu wenig voneinander wissen und uns damit gegeneinander ausspielen lassen, weit höher als die Gefahr von falscher Vereinnahmung.
Zu diesen Netzwerken gehört nicht zuletzt - und weit über die Diakonie hinaus - die aktive Anwaltschaft für alle gesellschaftlich an den Rand Geschobenen. Auf dem Kirchentag wurde uns Kirchen deutlich gesagt, dass die Zukurzgekommenen keine Nächstenliebe von oben herab brauchen: Sie wollen keine Objekte von Diakonie- oder Seelsorge werden, sondern sie möchten dazugehören und mit uns leben und wirken in unseren Gemeinschaften. Nicht Kirche für andere sollen wir sein, sondern Kirche mit anderen. Niemand darf zurückbleiben, das ist eine wichtige Aufgabe der Kirchen.
Ein Perspektivwechsel steht dabei an: Nur weil wir weniger werden und weniger Stellen besetzen, wird kein Netz ausgedünnt oder gar löchrig, ganz im Gegenteil: Die Netzwerke mit anderen werden gerade umso intensiver geknüpft, wenn wir nicht mehr so auf uns selbstbezogen handeln, glauben und beten. Kirche nah bei den Menschen kann nie mehr nur auf Mitglieder bezogen sein.
Jetzt ist die Zeit für Dialog statt Besserwisserei.
ln den zurückliegenden Jahren, vor allem im zweiten Jahrzehnt dieses Jahrhunderts gab es nicht wenige Menschen, die meinten genau zu wissen, was Kirche alles anders machen müsste. Darunter waren auch viele kluge Gedanken - aber wir haben auch gesehen, dass kein Vorschlag und keine Idee für alle passt. Keine und keiner hat perfekte Lösungen - und diejenigen Ideen, welche in Darmstadt vielleicht gut sind, passen in Herborn gar nicht, und diejenigen für Herborn vielleicht nicht in Hirzenhain.
Wir brauchen Vielfalt und Experimentierfreude auch in der Gestaltung von kirchlichen Gemeinschaften und kirchlichem Leben. So hat die Synode jetzt auch bewusst die Förderung von Erprobungsräumen beschlossen.
Wir brauchen, auch das haben wir gelernt, sowohl die Orientierung hin zu unseren Mitgliedern als auch die zum Gemeinwesen. Und das kann vor Ort ganz unterschiedlich aussehen und gelebt werden. Ohne Ausrichtung an den Mitgliedern fehlt das Erlebnis von offener Gemeinschaft, und ohne Ausrichtung zum Gemeinwesen werden wir zu einer auf uns selbst bezogenen In-Group und machen uns gesellschaftlich überflüssig oder, um es mit einem Schlagwort aus der Zeit der Pandemie zu benennen, verlieren die Systemrelevanz.
Es geht jetzt darum, neu die Rolle von Kirche in der Gesellschaft zu bestimmen und auch nach außen zu vermitteln. Diese Rolle von Kirche wird in einer pluralistischen Gesellschaft vermutlich lokal unterschiedlich aussehen und unterschiedlich wahrgenommen werden.
Deshalb wird den Regionen, also auch dem Dekanat an der Dill, mehr Gestaltungsraum zugetraut und auch zugemutet.
Für die Klärung dessen, was jetzt gerade wo dran ist, brauchen wir gemeinsame Zeit. Es ist ein guter Weg, dazu auch um uns herum die Menschen zu fragen, was sie von Kirche erwarten. Das zeigt auch unsere Wertschätzung und Solidarität gegenüber denen, die sich um uns herum engagieren z.B. für Klimaschutz, für Integration, für Frieden und Gerechtigkeit. Und das bindet uns als Kirche zugleich neu in unsere Gesellschaft ein: Wir lernen Schritt für Schritt, immer weniger über andere und mehr mit anderen zu reden. Die Diakonie ist nach meinem Eindruck uns da schon ein gutes Stück voraus.
Jetzt ist die Zeit für Gottoffenheit statt Perspektivlosigkeit.
Jetzt ist die Zeit - die uns herausfordert, die nicht einfach ist und die in vielerlei Hinsicht auch bedrohlich erscheint vom Klimawandel angefangen bis zum Kirchenschrumpfen. Auch das ist im Markusevangelium genauso: Im 13. Kapitel spricht Jesus über die Endzeit und ihre Bedrohungen, darüber dass zuvor "das Evangelium gepredigt werden muss unter allen Völkern" (Mk.13,10) und dass es auch um ein Ausharren geht: wachsam und aktiv zu sein (Vers 33).
Dies sollte uns zuversichtlich machen, denn die Kirche ist Gottes Projekt und die Probleme seiner Kirche sind Gottes Probleme, so formuliert es Günter Themas in seinem Buch "Im Weltabenteuer Gottes leben", Gott traut uns in all unserer Schwachheit diese Aufgaben zu und beteiligt uns an ihnen, damit wir sehen, wie Neues wächst, damit wir Hoffnung haben über den Augenschein hinaus, damit wir auf Gott vertrauen, damit wir Gottes Menschenliebe weitergeben können.
Es gibt nichts Größeres als beteiligt zu sein an dem Projekt Gottes und frisch loszulaufen, geradewegs auf das Reich Gottes zu, auf den Himmel, der uns gemeinsam verheißen ist.
So heißt es in dem Lied von Kurt Marti, das wir im Gesangbuch unter der Nummer 153 finden:
"Der Himmel, der ist, ist nicht der Himmel, der kommt...
Der Himmel, der kommt, das ist die Welt ohne Leid, wo Gewalttat und Elend besiegt sind.
Der Himmel, der kommt, grüßt schon die Erde, die ist, wenn die Liebe das
Leben verändert." (Kurt Marti, EG 153, 1.3+5)
Jetzt ist die Zeit - und alle Zeit ist Gottes Zeit.
Dr. Birgit Pfeiffer, Präses der EKHN-Kirchensynode
Jahresempfang des Evangelischen Dekanates
und des Diakonischen Werkes an der Dill
am Freitag, 23. Juni 2023 in Herborn
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