Dekanat Rodgau

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    Kirchentag 2015

    Kirchentags-Präsident: Wirtschaft mit ethischen Standards vereinbaren

    KirchentagKirchentagspräsident Prof. Dr. Dr. BarnerKirchentagspräsident Prof. Dr. Dr. Barner

    „Der Kirchentag soll ein Fest des Glaubens sein“, erklärt Kirchentags-Präsident Prof. Dr. Andreas Barner. Er ist Vorsitzender der Unternehmensleitung bei Boehringer Ingelheim und Präsident des Stifterverbandes für die deutsche Wissenschaft. Der studierte Mathematiker und Mediziner ist auch Mitglied der EKHN. Über das Verhältnis der Wirtschaft zu ethischen Maßstäben sprach er mit Johannes Lösch.

    Mit schnellen Schritten betritt der Kirchentagspräsident den Raum. Ein leichter, schneller Händedruck. „Barner reicht“, sagt Herr Professor Dr. Dr. h.c. Andreas Barner mit einem Lächeln. Er setzt sich auf das schwarze Ledersofa. „Kaffee?“ Es ist kurz nach halb zehn Uhr. Bis zur offiziellen Eröffnung des Stuttgarter Kirchentages sind es noch ein paar Stunden. Der Sakko hängt noch im Schrank. Andreas Barner trägt über seinem weißen Hemd den roten Kirchentagsschal und das Schlüsselband mit seinem Teilnehmerausweis.

    Freude auf Atmosphäre der Begegnung

    „Mein erster Kirchentag war der in Bremen, in 2009“, erzählt er. Damals war der heute in Ingelheim lebende Barner gerade neu ins Kirchentags-Präsidium gewählt worden. Jetzt, bei seinem vierten Kirchentag, freut er sich besonders darauf, „zu erleben, wie erst einmal eine ganz besondere Atmosphäre entsteht“, dass Menschen freundlich zueinander sind, miteinander sprechen, diskutieren. Sein badisch-allemannischem Zungenschlag erinnert an seinen Geburtsort Freiburg, nur 30 km von Joachim Löws Geburtsort Schönau im Schwarzwald entfernt. Zum Studium verließ Andreas Barner seine Heimat, heute wohnt er in Rheinhessen und ist Mitglied der EKHN.

    „Ehrbarer Kaufmann“ als Orientierung

    Im Präsidium des Deutschen Evangelischen Kirchentages sitzen bekannte Politiker wie Frank-Walter Steinmeier, Katrin Göring-Eckardt oder Thomas de Maizière. Ansonsten Juristen, Professorinnen, Journalisten, Friedensforscher. Und Andreas Barner. Er ist der Vorsitzende der Unternehmensleitung des Pharmakonzerns Boehringer Ingelheim. Kritiker prangern das Unternehmen für Tierversuche und für den Verkauf von umstrittenen Arzneimitteln in Schwellenländern an. Ein Wirtschaftsvertreter als Repräsentant der Evangelischen Kirche? „Das ist ja eher ungewöhnlich“, gibt er mit einem Augenzwinkern zu, „Menschen aus der Wirtschaft halten ja zu Organisationen wie dem Kirchentag gewöhnlich eine Distanz.“ Anders als andere will er sich der Kritik aber stellen – selbst wenn sie seiner Meinung nach oft auf Unwissen beruht. Schließlich habe doch der Umgang mit AIDS gezeigt, wie gut die Pharmaindustrie für die Menschen arbeite, wenn sie sich selbst einen Kodex verschreibe. „Der ehrbare Kaufmann, ein Begriff vom Kirchentag in Hamburg, zeigt ja, dass es geht. Man kann Wirtschaft und hohe ethische Standards miteinander vereinbaren.“

    Von der Endlichkeit her denken: Was ist wirklich wichtig im Leben?

    Wenn Andreas Barner spricht, folgen keine Selbstkorrekturen, keine überflüssigen Einschübe. Sätze wie gedruckt. „Die Idee für das Kirchentagsmotto (‚damit wir klug werden’) ist, den Textzusammenhang in der Bibel zu betrachten. In der Lutherbibel steht ‚Lehre uns zu bedenken, dass wir sterben müssen, auf dass wir klug werden.’ Wir sollen drüber nachdenken: „Was ist wirklich wichtig im Leben? Was ist unsere richtige Haltung im Leben und im Leben des Mitmenschen? Das ist ein lebenslanges Lernen. Aber gerade der Gedanke der „Endlichkeit“ ist ein gutes Thema um darüber nachzudenken, wie wir zum Beispiel der nächsten Generation eine vernünftige Erde übergeben.“

    Vorstellung über den EINEN Gott

    Wo lernt Andreas Barner noch dazu? „Eine ganz interessante Erfahrung war eine, die ich auf einer Reise nach Mexiko bekommen habe. Das war in der katholischen Kirche. Die Jungfrau Maria wurde da von einer riesigen Besuchermenge verehrt. Ich bin rausgegangen und habe mich gefragt: ‚Wo ist denn unser Monotheismus geblieben?’ Kurz danach habe ich eine Bibelarbeit von Kardinal Lehmann zum Thema „die törichten Jungfrauen“ gelesen. Dass hier Gott in der Gestalt Jesu Christi erscheint, war das Gegenstück zu meiner Erfahrung in Mexiko. Mit einer sehr bewussten, meines Erachtens sehr eleganten Umbeschreibung des einen Gottes. Wir lernen da natürlich gern auch von unseren katholischen Geschwistern.

    Kirchentag: Dinge in Bewegung bringen

    Flucht, Vertreibung, der Islamische Staat und nachhaltiges Wirtschaften: Andreas Barner sagt, der Stuttgarter Kirchentag sei trotzdem nicht politischer als andere Kirchentage zuvor. „Der Kirchentag soll ein Fest des Glaubens sein, gerade hier in Württemberg. Wegen des Pietismus, wegen der tiefen Verankerung des Glaubens in der Gesellschaft.“ Er setzt die Kaffeetasse an den Mund, dann wieder ab, um Kofi Annan zu zitieren, der am Samstag über eine „aus den Fugen geratene Welt“ sprechen wird. „Der Kirchentag kann mit Resolutionen und klaren politischen Aussagen viel besser Dinge in Bewegung bringen als die Amtskirche. Gerade wegen seiner basisdemokratischen Ansätze.“

    Wertschätzung für ökumenische Zusammenarbeit

    Was er an der „Amtskirche“ schätzt, sind jedoch die Bischöfe und Kirchenpräsidenten, die sich für die Ökumene einsetzen: „Ich denke, dass wir da auf dem Gebiet der EKHN eine wunderbare Situation haben. Mit einem Kirchenpräsidenten Jung, der sich stark für Ökumene einsetzt, und mit Kardinal Lehmann. Zwei reflektierte Vertreter, die nicht pauschal urteilen – das ist schon eine ideale Situation.“
    Andreas Barner trägt seinen goldenen Ehering an der linken Hand. Seine Frau und Tochter sind katholisch. Auch sie kommen im Laufe des Mittwochs noch zum Kirchentag, so wie tausende andere Besucherinnen und Besucher, zumindest „wenn die Deutsche Bahn zuverlässig ist.“

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