Argumente gegen rechte Parolen und Vorurteile
Mit Rechtspopulisten weiter reden
HartmannÜbung beim KV-Tag: Die eigene Beunruhigung aussprechen05.02.2019 mhart Artikel: Download PDF Drucken Teilen Feedback
Von Th. Wißner
„Die Pfarrer in Treis, Alten-Buseck und Allendorf/Lda. entziehen einer Lektorin die Gottesdienste, weil sie zur AfD wechselt!“ Diese Schlagzeile zitierte Matthias Blöser vor Kirchenvorständen im Dekanat Gießen. Gemeinsam mit dem Referenten vom Projekt „Demokratie stärken“ des Zentrums Gesellschaftliche Verantwortung der EKHN überlegten die Kirchenvorstände Strategien gegen Rechtspopulisten..
Wie können Christen argumentieren?
Unter dem Motto „Argumente gegen rechte Parolen und Vorurteile“ finden, ging es um Fragen wie: Wie sollen Kirchenvorsteher Vorwürfen wie „Für Flüchtlinge ist Geld da, aber niemand kümmert sich um unsere Obdachlosen“ oder „Als Frau kann man sich nicht mehr auf die Straße trauen“ entgegnen? Wie können Christen in der Diskussion mit AfD-Anhängern argumentieren und für Respekt und Stärkung der Demokratie eintreten?
„Über eigene Beunruhigungen nachdenken”
„Es ist gut, sich Gedanken über die eigenen Beunruhigungen und die eigenen Positionen zu machen. Diese Gedanken und Strategien können helfen, tatsächlich ins Gespräch zu kommen, ohne die Fronten weiter zu verhärten“, betonte der Dekan Andreas Specht. „Dieses Thema ist uns nicht spontan eingefallen, sondern hat eine Vorgeschichte und einen konkreten Hintergrund, der sich aus unserer politischen und gesellschaftlichen Diskussion ergibt“, stellte Präses Gerhard Schulze-Velmede klar.
Auch Kirche betroffen
Schulze-Velmede erinnerte daran, dass sich die Synode entschlossen hatte, an der im September 2019 stattgefundenen Veranstaltung „Solidarität ist unsere Alternative, keine AfD in den Landtag“ zu beteiligen. Seit damals habe sich die Situation in der Welt „keinen Deut“ verbessert. Auch kirchliche Kreise ereile das Thema. „Es ist ja nicht nur der konkrete Fall aus unserem Nachbardekanat, in dem es um die Vereinbarkeit der Funktion in der AfD mit der Mitgliedschaft im Kirchenvorstand geht. Sondern wir stehen als Christen, als kirchliche Mitarbeiter vor der Herausforderung, wie wir auf populistische Äußerungen reagieren und uns dazu verhalten“, so Schulze-Velmede.
Populisten beanspruchen „Willen des Volkes“ zu vertreten
Wie Blöser betonte, gehe es darum, Ziele von Rechtspopulismus und Rechtsextremismus zu erkennen. Populistisch agierende Parteien, Gruppen und Personen kennzeichne die Vorstellung, als Einzige den „wahren Willen des Volkes“ erkannt zu haben und deshalb auch alleine berechtigt zu sein, für „das Volk“ insgesamt sprechen zu können. Dieser Alleinvertretungsanspruch werde manchmal ausdrücklich erhoben. Manchmal stehe er auch verdeckt hinter Argumentationen, mit denen radikales Handeln legitimiert werden soll. Damit gehe einher, anderen die Rechtmäßigkeit ihres Handelns abzusprechen.
Verbale Angriffe auf die Menschenwürde
„So verschließen sich diese Gruppen jeder (selbst-)kritischen Auseinandersetzung. Mit ihren oft radikalen und zugespitzten Äußerungen sollen Gefühle angesprochen und Ängste geschürt werden. Ein sachliches Ringen um Inhalte und Lösungen steht dahinter zurück“, führte Blöser aus. Werde die populistische Strategie mit rechtsextremen politischen Inhalten verbunden, lasse sich von Rechtspopulismus sprechen. Wesentliche Elemente seien Ausländer- und Islamfeindlichkeit sowie Homophobie. Zudem werde das Thema Geschlechtergerechtigkeit als Ideologie verächtlich gemacht. Es kommen verbale Angriffe auf die Menschenwürde hinzu, indem ethnische Gruppen negativ dargestellt werden, so Blöser.
Vertrauen in demokratische Institutionen wird untergraben
Immer wieder gehe es darum, das Vertrauen in staatliche Institutionen und in die Presse zu untergraben. Dieses Vorgehen sei derzeit vor allem bei Parteien und Organisationen am rechten Rand des politischen Spektrums zu beobachten. Ihr Ziel sei, eine grundlegende politische Wende weg von Pluralismus und Liberalismus hin zu völkischem Denken, der Rückkehr zu einem patriarchalen Ehe- und Familienbild sowie autoritärem staatlichen Handeln zu bewirken. „Letztlich soll der freiheitlich-liberale Rechtsstaat mit formatdemokratischen Mitteln abgeschafft werden“, so der Blöser.
Kirchenvorstände sollen das Gespräch suchen
Besonders Kirchenvorstände als Leitungsorgan der Gemeinde sollten mit jenen Menschen das kritische Gespräch suchen, die sich im Raum der Kirche abwertend und ausgrenzend verhalten, so Blöser weiter. In solchen Gesprächen wäre es gut, nach der Motivation zu fragen und nach einer gemeinsamen christlichen Perspektive zu suchen. Zwei Aspekte sollten dabei berücksichtigt werden: Um tolerant zu sein, lässt man sich manchmal dazu verleiten, menschenfeindliche Äußerungen nicht deutlich genug zurückzuweisen. So kann sich ein vermeintliches Einvernehmen einschleichen, wo eigentlich Widerspruch notwendig ist. Andererseits könne Abgrenzung ohne echtes Bemühen um ein konstruktives Gespräch dazu führen, Menschen noch weiter in rechtsextreme oder rechtspopulistische Positionen zu treiben und sich entsprechenden Gruppierungen anzuschließen.
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