Erwin denkt mit gemischten Gefühlen an den letzten Sonntag im Kirchenjahr: Totensonntag. Er weiß noch nicht, ob er diesem Tag gewachsen ist. Im Frühjahr ist seine Frau Elfriede gestorben. Manchmal, wenn er allein zuhause ist, verliert er sich in Erinnerungen. Schöne und schwere Zeiten haben sie erlebt. Glückliche Momente sind immer noch lebendig. Manchmal fühlt er sich in solchen Augenblicken eng mit ihr verbunden. Und dann wird er unvermittelt mit dem Schmerz konfrontiert, den ihr Tod bei ihm ausgelöst hat. Sie ist nicht mehr da. Sie können sich nichts mehr sagen. Er fühlt sich amputiert, unvollständig. Nicht alle können ihn verstehen, wenn er sich zurückzieht, allein sein will. Trotzdem ist es ihm wichtig, dass Elfriede nicht einfach vergessen wird.
Am Totensonntag denken wir an die Menschen, die im letzten Jahr gestorben sind. Wir nennen ihre Namen und mit ihren Namen erinnern wir uns, spüren den Beziehungen und Geschichten nach und vertrauen darauf, dass Gott den Weg durch die Trauer mitgeht.
Ingeborg tröstet der Gedanke an den letzten Sonntag im Kirchenjahr: Ewigkeitssonntag. Für sie bleibt an diesem Tag die Hoffnung im Mittelpunkt. Ewigkeit, das heißt für sie, dass es ein Leben jenseits des Todes gibt. Sei vertraut darauf, dass niemand verloren geht, sondern bei Gott geborgen bleibt. Sicher, sie würde gerne mehr wissen, wie sie sich das vorstellen kann. Trotzdem, der Gedanke, dass die Menschen, die verstorben sind und von denen wir uns verabschiedet haben bei Gott Frieden und Erlösung finden, tut ihr gut.
Für mich gehören beide Seiten zum letzten Sonntag im Kirchenjahr: Totensonntag und Ewigkeitssonntag. Der Schmerz über den Verlust eines lieben Menschen begleitet uns in unserer Trauer. Im Laufe der Zeit verwandelt sich der Schmerz in Dankbarkeit und Liebe für geschenkte gemeinsame Zeit. Die Konfrontation mit der eigenen begrenzten Lebenszeit wird uns vor Augen geführt. Sterben gehört zum Leben. In der hospizlichen Arbeit wird deutlich, dass jeder Tag seinen Wert, seine guten Seiten hat. Wir gewinnen an Lebensqualität, wenn wir das Sterben ins Leben hineinnehmen. Wo die Grenzen der eigenen Möglichkeiten und des eigenen Lebens spürbar werden, schenkt uns der Glaube an Jesus Christus einen weiten Horizont. So, wie das Sterben zum Leben gehört, gehört die Auferstehungshoffnung zu unserem Glauben.
Pfarrer Klaus Lehrbach
Evangelische Krankenhausseelsorge Langen