Dekanat Rodgau

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    Wissen, dass wir frei sind

    von Pfarrerin Leonie Krauß-Buck,
    Evangelische Kirchengemeinde Seligenstadt und Mainhausen

    Ihr seid teuer erkauft, werdet nicht der Menschen Knechte.
    (1. Korinther-Brief, Kapitel 7, Vers 23)

    Ich bin ein Mensch, der gerne Fernsehen schaut.

    So manches Lebensthema ist mir nahegekommen, weil ich kluge Filme oder Serien gesehen habe, die sich einer Sache sachlich korrekt (so hoffe ich) und gleichzeitig emotional angenommen haben.

    Warum ich das hier schreibe? Weil ich die Monatslosung für den Februar nicht lesen kann, ohne die amerikanische Serie „Roots“ im Hinterkopf zu haben, die mir in den Siebzigern als junge Erwachsene eine prägende Erkenntnis verschafft hat, was Sklaverei bedeuten kann.

    Vielleicht haben Sie diese Serie auch noch in Erinnerung. Sie sorgte vor 40 Jahren nicht nur in der deutschen Öffentlichkeit für heftige Diskussionen und wurde vielleicht auch deshalb 2016 noch einmal neu bearbeitet.

    Erzählt wird die Geschichte einer afroamerikanischen Familie, die ihren Anfang im 18. Jahrhundert nimmt, als der junge Kunta Kinte in seinem Dorf in Westafrika von Sklavenhändlern gekidnappt und unter unzumutbaren Umständen mit dem Schiff nach Nordamerika gebracht wird. Dort soll er auf dem Sklavenmarkt guten Gewinn erzielen.

    Die Szenen, die im Laufe dieser Geschichte auf den diversen Sklavenmärkten der Jahrhunderte spielen, haben sich mir besonders tief eingeprägt: Bilder von Menschen, die konsequent unmenschlich behandelt werden, indem sie ausschließlich auf ihre Funktionalität hin bewertet werden. Ihr Gesundheitszustand wird an ihrer äußeren Erscheinung und dem Zustand ihres Gebisses gemessen. Ihre Einsatzfähigkeit wird eingeschätzt, und dementsprechend werden sie preislich taxiert. Ihre zukünftigen Besitzer erwerben mit ihrem Kauf sämtliche Rechte an ihnen.

    Sie können ihren Besitz unter widrigsten Umständen arbeiten lassen, sie können ihre Sklavinnen und Sklaven schmücken und herzen wie ein Kuscheltier und wie diese, dem Ganzen überdrüssig, in die Ecke werfen. Sie können sie vergewaltigen und töten, ganz nach Bedarf und Befindlichkeit, und sie können sie ohne jegliche Rücksichtnahme auf entstandene Bindungen und Beziehungen, jederzeit wieder verkaufen, wenn das Gewinn verspricht.

    Manchmal taucht in dieser verfilmten Geschichte ein aufrecht denkender Mensch auf, der Slavinnen und Sklaven kauft, um sie in die Freiheit zu entlassen und ihnen ihre Menschenwürde wiederzugeben.

    Das schafft Erleichterung. Nicht nur für die Fernsehzuschauerinnen und Fernsehzuschauer, die sich selbstverständlich sofort auf die richtige Seite schlagen würden, - wenn nicht auch gleichzeitig offensichtlich würde, wie blauäugig solches Handeln ist. Denn wie frei kann ein Mensch tatsächlich sein, wenn er in einem System lebt, das die Sklaverei in unterschiedlichsten Formen unterstützt und fördert?
    Mit diesem Hintergrund also lese ich den Vers aus dem Korintherbrief, der über dem Monat Februar stehen soll: „Ihr seid teuer erkauft, werdet nicht der Menschen Knechte.

    Und ich stelle wieder einmal fest - und das noch prägnanter, als ich es vor 40 Jahren empfunden haben mag: Seit Jesus Christus gelebt hat und unter entwürdigenden Umständen gestorben ist, seit Jesus Christus auferstanden ist und damit erfahrbar gemacht hat, was Gott in dieser Welt will - spätestens seit diesem Zeitpunkt sollten wir alle, die wir ihm nachfolgen, für alle Zeiten wissen, dass wir frei sind, teuer erkauft.

    Wir sind niemandem und nichts untertan, außer Gott allein. Deshalb können wir niemandes Knecht sein, und niemand solch sich unterstehen, uns wie Sklaven zu behandeln.

    Gleichzeitig birgt sich in dieser Erkenntnis  aber auch eine oft überfordernde Verantwortung: Jede Freiheit, die ich mir meinerseits auf Kosten anderer und zum Schaden anderer beschaffe, ist Gott feindlich.

    Deshalb muss ich mit all meinen Sinnen und Kräften nicht nur darauf achten, dass ich nicht versklavt werde und niemanden wie einen Knecht , wie eine Magd behandele, sondern dass ich auch in keiner Gesellschaft, in keinen Bezügen, lebe, in denen es wie selbstverständlich Versklavte und Ausgebeutete gibt.

    Ernste Gedanken in einem Fastnachtmonat.

    Aber die Fastnacht hat ja auch darin ihren Ursprung, dass Menschen versucht haben, Auswege aus Einschränkungen, Ungerechtigkeiten und Zumutungen zu finden.

    Fastnacht ist ein Versuch, freier zu sein, niemandem untertan…

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