Dekanat Rodgau

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    Da muss doch was bleiben...

    ANgeDACHT für Juni 2022 von Pfarrerin Sabine Beyer, Evangelische Emmausgemeinde Jügesheim

    »Liebe ist stark wie der Tod.« 

    Aus dem Monatsspruch Juni: Das Hohelied, Kapitel 8, Vers 6

    Seit drei Monaten herrscht Krieg in Europa, er bringt Tod und Verderben. Viele Frauen und Kinder sind geflohen, trotzdem wurde gemeldeter Wohnraum nicht belegt, umgewidmete Turnhallen wieder dem Sportbetrieb zurückgegeben. Denn viele Menschen sind in der Ukraine geblieben. Die Liebe zum Vaterland war anscheinend größer als die Angst, daheim im russischen Bombenhagel zu sterben. 

    Liebe ist stark wie der Tod, heißt es im Monatsspruch Juni. Meine erste Intuition ist: Nein, Liebe ist stärker als der Tod, sie muss stärker sein. Sonst gibt es keine Hoffnung!

    Szenenwechsel auf den Friedhof: Eine Trauergesellschaft steht am offenen Grab, als die Urne herabgelassen wird in die Erde; die Mutter einer Freundin wird beerdigt. Intensiv, ja aufopfernd hatte meine Freundin ihre Mutter begleitet und gepflegt, um in dieser letzten Phase der heimtückischen Krankheit da zu sein für den Menschen, mit dem sie am längsten verbunden gewesen, die ihr als einziges Familienmitglied geblieben war. Aus Liebe zur Mutter, als Dank für Mutterliebe, Liebe des Kindes zur Mutter.

    Als ich nach den letzten Segensworten am Grab an der Reihe bin mit Kondolieren, möchte ich was Tröstliches sagen: „Liebe ist stärker als der Tod“, sage ich im Umarmen. Unsere Blicke treffen sich. „Ja, auf jeden Fall, danke Dir!“ antwortet meine Freundin gefasst und lächelnd. Später merke ich, dass ich den Bibelvers aus dem Hohelied der Liebe intuitiv verfälscht habe. Liebe ist stark wie der Tod, heißt es eigentlich. Nicht stärker. Ich spüre Widerspruch in mir hochkommen. 

    Da muss doch was bleiben, was den irdischen Tod überdauert, denke ich, was vielleicht in der Zeit der dunkelsten Trauer durch den Schmerz dominiert wird, sich dann aber wie der Keimling den Weg durch die Erde zum Licht bahnt. Ich bin mir sicher: Die Trauer wird sich verwandeln, ganz langsam und bewusst, in dankbare Erinnerung an die gemeinsame Zeit, vielleicht sogar mit dem guten Gewissen, noch alles Menschenmögliche getan zu haben.

    Die gesamte Beziehungsgeschichte prägt sich „wie ein Siegel“ auf’s Herz. Mit dem Bild der Verstorbenen im Herzen weiterleben. Und darauf vertrauen, dass es nicht meine persönliche Erinnerung allein ist, in der die geliebte Verstorbene weiterlebt. Denn auch ich werde sterben. Ich möchte leben im Vertrauen darauf, dass Gottes Liebe stärker ist als der Tod, dass der irdische Tod nicht die letzte Wirklichkeit ist, bloß diejenige, die wir sehen.

    Denn abstrakter als die mit Asche gefüllte Urne können die Relikte menschlicher Existenz kaum sein. Wo ist dieser Mensch geblieben? Die Persönlichkeit, der Charakter, die Identität, alles, was sie prägte und ausmachte, alles nur Konstrukte unserer Gehirne? Was wird eines Tages aus mir, wenn ich mir selbst abhandenkommen sollte? Von einer ganz großen Hoffnung spricht ein Gedicht Dietrichs Bonhoeffers mit dem Titel „Wer bin ich?“ Es schließt mit den Worten: 

    „Wer bin ich? Einsames Fragen treibt mit mir Spott.
    Wer ich auch bin, Du kennst mich, Dein bin ich, o Gott!“
    (aus: Dietrich Bonhoeffer. Widerstand und Ergebung)

    Den irdischen Tod absolut zu setzen bedeutet totale Beziehungslosigkeit. Das kann und will ich mir nicht vorstellen. Sondern vielmehr glauben, dass bei Gott alles möglich ist, dass ER seine geliebten Geschöpfe begleitet im Leben und erst recht im Sterben und darüber hinaus. Gottes Liebe überragt alles, und nichts kann uns von ihr trennen (Römer 8,38), wenn wir darauf vertrauen. Liebe ist stärker als der Tod. Denn sie hört niemals auf.

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