Erschüttert, erschreckt, erstaunt, ermutigt
ANgeDACHT für März 2024 von Leonie Krauß-Buck, Pfarerin in Hainburg und Seligenstadt/Mainhausen
„Entsetzt euch nicht! Ihr sucht Jesus von Nazareth, den Gekreuzigten. Er ist auferstanden, er ist nicht hier.“
(Markus-Evangelium, Kapitel 16, Vers 6)
Ein Mensch kann schlimmste Bedingungen und schreckliche Katastrophen überleben. Aber wenn Dinge anders kommen als erwartet, können sich für ihn unüberwindbare Abgründe auftun.
Die Irritation mag manchmal so erheblich sein, dass sie handlungsunfähig macht. Mancher braucht lange, um wieder in einen Zustand zu kommen, in dem er sich halbwegs sicher fühlen und Strategien für die Zukunft entwickeln kann.
Kaum vorzustellen deshalb, wie es denen ergangen sein mag, die dem Wanderprediger Jesus von Nazareth gefolgt waren und von denen auch der Evangelist Markus erzählt.
Sie hatten ihr, bis dahin recht überschaubares und bürgerliches, Leben für die Idee aufgegeben, dass der Mann aus Nazareth der langersehnte Messias ist. Mit ihm sollte das Reich Gottes vollendet werden.
So hatten sie ihre Familien und ihre Arbeit aufgegeben, ihre bisher sicheren Gemeinschaften, in denen sie geborgen waren, in Frage gestellt, und waren, wie sie meinten, in eine hoffnungsvolle Zukunft aufgebrochen.
Diese Zukunft malten sie sich in den hellsten Farben aus: Gott würde über alles und deutlich spürbar herrschen. Das Böse würde zurückgedrängt oder gänzlich vernichtet. Friede und Gerechtigkeit küssten sich, so wie es die Propheten beschrieben. Alles würde neu werden.
Aber dann standen sie schon nach wenigen Monaten völlig fassungslos unter dem Kreuz, an dem ihr Hoffnungsträger jämmerlich zugrunde gegangen war.
Jesus von Nazareth hatte sich ein paar Tage vorher widerstandslos gefangen nehmen lassen. Und auch der erwartete große Aufstand der ihm folgenden Menge war ausgeblieben.
Die Frauen taten nun das, was ihnen aus ihrer Tradition vertraut war, was ihnen Halt gab. Sie planten, dem Geschundenen im Felsengrab nach dem Sabbat die letzte Ehre zu erweisen.
Und da stehen sie also jetzt am Grab. Der Evangelist Markus nimmt uns mitten hinein in ihr Erschrecken und Erstaunen. Ein Jüngling in weißem Gewand ruft ihnen zu, dass sie sich nicht entsetzen sollen, und dass der Gekreuzigte nicht mehr da ist. Er sei auferstanden.
Schon wieder alles anders als erwartet. Die komplette Überforderung.
Aber die Frauen überwinden relativ schnell den ersten Schrecken. Sie brauchen nicht lange, um zu verstehen, dass sie dem Unerwarteten nicht gänzlich hilflos ausgeliefert sind. „Alle Dinge sind möglich, dem der da glaubt“, heißt es an anderer Stelle im Evangelium. Und so beginnt für die Frauen mit der Erschütterung am Grab eine neue Zeit. Dass Jesus auferstanden ist, bestätigt ihre alten Hoffnungen und stellt sie gleichzeitig in ein völlig neues Licht.
Gottes Handeln bleibt unerklärlich und vor allem unkalkulierbar. Manches Mal ermutigt es zum Leben. Andere Male wiederum macht es fassungslos und fordert unseren Widerspruch heraus.
Wir müssen uns aber nicht entsetzen. Am Ende wird alles neu. Wahrscheinlich anders als erwartet, aber vielleicht muss das so sein.
Ihnen in diesem Sinn eine gesegnete Passionszeit und dann ein frohes Auferstehungsfest!
Ihre
Leonie Krauß-Buck
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