Dekanat Rodgau

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    Getrost oder vertröstet?

    von Pfarrer Sven Sabary, Evangelische Kirchengemeinde Heusenstamm

    Monatsspruch Februar

    „Ich bin überzeugt, dass dieser Zeit Leiden nicht ins Gewicht fallen gegenüber der Herrlichkeit, die an uns offenbart werden soll.“

    1. Brief des Paulus an die Römer, Kapitel 8, Vers 18

    Meine Kinderärztin war noch vom alten Schlag: Manchmal hatten meine Schwester und ich uns gegenseitig mit einer typischen Kinderkrankheit angesteckt. Meine Mutter nahm uns dann beide mit zur besagten Kinderärztin. Diese verkündete uns dann: „Die Kinder sollen sich nicht so anstellen. Wenn sie erst einmal beim Militär sind, dann ist das alles vorbei!“

    Das half mir überhaupt nicht. Meine Schmerzen wurden nicht besser. Ich fühlte mich auch nicht ernst genommen. Und für meine Schwester schien die Sache ohnehin quasi aussichtslos. Denn damals wurden Frauen nicht zum Wehrdienst einberufen.

    Seither bin ich skeptisch gegenüber Vertröstungen. Besonders dann, wenn sie sich auf mehrere Jahre beziehen. Und erst recht, wenn sie sich auf das Jenseits beziehen.

    Ich bin überzeugt, dass dieser Zeit Leiden nicht ins Gewicht fallen gegenüber der Herrlichkeit, die an uns offenbart werden soll.

    Diese Worte schreibt der Apostel Paulus an die Gemeinde in Rom (Römer 8,18). Sie sind der Monatsspruch für den Februar. Sie richten sich auch an uns.

    Ach, denke ich: Wieder werden aktuelle Leiden nicht ernst genommen. Wieder eine Vertröstung. Und es wird noch nicht einmal ein Termin genannt, wann diese Leiden enden und die zugesagte Herrlichkeit offenbart werden soll. Irgendwann? Nach unserem Tod? Oder gar am sprichwörtlichen Sankt-Nimmerleins-Tag?

    Wie viel Schindluder wurde mit Vertröstungen auf eine bessere Zukunft schon getrieben! Und wird es heute noch. Im Christentum, in anderen Religionen und darüber hinaus.

    Nein! Ich protestiere dagegen, Leiden, Krankheiten, Armut, Hunger, Ungerechtigkeiten, Unterdrückung und vieles andere nicht ernst zu nehmen. Kann es wirklich sein, dass ein biblisches Wort Leiden grundsätzlich klein redet? Oder vielleicht sogar als Voraussetzung für irgendeine bessere Zukunft darstellt?

    Ja, Freud und Leid, beides gehört zum Leben. Leider auch das Leid. Aber Jesus hat nicht gesagt: Liebe Leidenden, murrt nicht, denn Leid gehört zum Leben dazu, und eines Tages wird alles besser. Nein, Jesus hat in Wort und Tat klargemacht: Wir können und sollen Leid mindern, indem wir es teilen und mitleiden, also – um es griechisch auszudrücken - sym-pathisch sind. Jesus heilt, tröstet und integriert. Er zeigt, dass und wie wir unsere Welt verändern können. In Jesus ist Gott Mensch geworden, wird seine Herrlichkeit erkennbar und erfahrbar. Und ebenso in allen, die Jesus versuchen nachzufolgen. Wir sind Mitarbeiter am Reich Gottes.

    Wieso schreibt Paulus dann diese Worte?

    Vielleicht als Trost für alle diejenigen, die so viel Leid zu tragen haben, dass sie es sich gar nicht (mehr) vorstellen können, es könnte in diesem Leben doch noch einmal besser werden.

    Vielleicht als Hoffnung für alle. Wir bekennen mit der Auferstehung Jesu: Nach unserem irdischen „Jammertal“ (so Luther im Kleinen Katechismus) wird kein Leid mehr sein, weder Tränen, noch Leid noch Geschrei (Offenbarung 21,4).

    Vielleicht als Lob Gottes, um zu zeigen, wie unvorstellbar groß Gottes Herrlichkeit ist. Und wie wunderbar es ist, dass wir sie nicht nur hier und jetzt ansatzweise erfahren, sondern einst vollkommen erleben werden.

    Vielleicht aber auch ein wenig als Aufruf zur Geduld. Zugegeben: Geduld ist nicht meine Stärke. Doch manchmal hilft sie.

    Als Kind hat mich meine Kinderärztin nicht überzeugt. Aber rückblickend muss ich einräumen: Manchmal hatte sie recht. Übliche Kinderkrankheiten heilten im Laufe der Zeit. Und das, obwohl ich nicht zum Militär ging. Und meine Schwester erst recht nicht.

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