Dekanat Rodgau

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    Anders, aber gut

    von Kai Fuchs, Referent für Öffentlichkeitsarbeit im Evangelischen Dekanat Rodgau

    Monatsspruch November 2016:
    »Umso fester haben wir das prophetische Wort, und ihr tut gut daran, dass ihr darauf achtet wie auf ein Licht, das da scheint an einem dunklen Ort, bis der Tag anbreche und der Morgenstern aufgehe in euren Herzen.«
    (2. Petrusbrief, Kapitel 1, Vers 19) 

    „Am Ende wird alles gut. Und wenn es nicht gut ist, ist es noch nicht das Ende.“ Das Oscar Wilde zugeschriebene Zitat gehört zu den Sätzen, die im Internet, in den sozialen Netzwerken Karriere gemacht haben – so sehr, dass sie mittlerweile als Postkarte und Wandtattoo erhältlich sind. Oder verewigt in einem Song des Rappers Casper, in dem er den Unfalltod seiner Halbschwester Ariel thematisiert.

    Die beiden kleinen Sätze kommen erst mal völlig ohne Begründung aus. Keinerlei Rechtfertigung für die Hoffnung, dass am Ende alles gut sein wird. Und auch für Oscar Wilde selbst war es am Ende alles andere als gut: Gescheitert an den Moralvorstellungen im viktorianischen England, verstarb er nach Zuchthaus und Zwangsarbeit, gesundheitlich, wirtschaftlich und gesellschaftlich ruiniert, 46-jährig in seinem Pariser Exil. Eigentlich keine guten Voraussetzungen für die Karriere eines Zitats.

    Mehr Mühe, ihre Hoffnung auch zu begründen, haben sich die Schreiber des Zweiten Petrusbriefs gegeben. Sie benennen, auf wen sich ihre Zuversicht gründet, dass mit dem Anbruch eines neuen Tages auch in den Herzen der Morgenstern aufgeht. Sie berufen sich in den vorangestellten Versen auf Jesus Christus, den offenbarten Sohn Gottes, den sie bezeugen, und auf das Wort der Propheten, die ihn angekündigt und den Anbruch von Gottes Reich verheißen haben.

    Für die beiden zitierten Zusprüche, den biblischen wie den Wilde’schen, gilt: Es braucht Hoffnung und Vertrauen, damit sie ihre Wirkung entfalten sollen. Sie sind Docht und Sauerstoff für das Licht, das an dunklen Orten brennen soll.

    Dunkle Orte in unserer Seele kennen wir zur Genüge:
    Trauer um Menschen, die wir nicht vergessen können;
    Verletzungen, die nicht heilen, und
    Enttäuschungen, um deretwillen wir nicht vergeben können;
    Schuld, die uns kein Mensch nehmen kann;
    Erwartungen, die sich nicht erfüllt haben.

    Wir brauchen den November nicht, um zu wissen, dass ein Leben in Glück und Zuversicht ein echter Segen ist. Und doch ist das Kirchenjahr so eingerichtet, dass vor der Hoffnung auf den neu geschenkten Anfang aller Vergebung im Stall von Betlehem das Tal der November-Tränen kommt.

    Das Versprechen, dass alles wieder gut wird, mag in unseren erwachsenen Ohren und lebenserfahrenen Gemütern kindisch klingen.

    Aber einer, der uns sagt, dass vielleicht nicht alles, aber Schritt für Schritt das ein oder andere wieder besser und schöner werden kann als es gerade ist, kann ein Licht an einem dunklen Ort sein.

    Dem Höllenkreis der imaginierten Worst-Case-Szenarien einmal - und dann noch einmal - bewusst die Phantasie eines Happy End entgegenzusetzen, kann ein Licht an einem dunklen Ort sein.

    Ein schöner Moment, der in der Erinnerung überlebt hat, kann ein Licht in einem dunklen Ort sein.

    Kleine Lichter an dunklen Orten machen selbst noch nicht viel besser. Aber ihr Licht mag reichen, um aufschauen und sich neu orientieren zu können. Zu sehen, wie es auch sein könnte.

    Nicht wie früher. Nicht wie erwartet. Nicht perfekt. Sondern, wie Casper es in seinem Song sagt: „Anders, aber gut.“

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